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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
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wäre, war dort in
die Volksschule gegangen und mußte wieder erfahren, daß man mich nach Shobara j
transportiert hätte, und war mir dann hierher nachgefahren. Als sie mich
schließlich fand, sah mein Gesicht so verändert aus, daß selbst sie mich nicht
erkannte...
     
    Dieser Darstellung lag ein Bericht mit den
Erinnerungen von Frau Iwatake an diese Zeit bei. Offensichtlich hatte sie
jemand über Iwatakes wunderbare Genesung befragt und ihre Antworten
mitstenographiert. Der Bericht konnte nützlich sein, um sich bei Yasukos
Behandlung darauf zu berufen.
     
    Ich wohnte zu jener Zeit auf dem Lande, fern von
Fliegerangriffen (hieß es in dem Bericht), und war in der Hosokawa-Klinik in
Yuda, außerhalb von Fukuyama, tätig. Hiroshi, mein Mann, diente in der
Sanitätsreserve bei der Zweiten Hiroshima-Einheit, und unser Neffe besuchte die
Erste Mittelschule in Hiroshima.
    Dr. Hosokawa in Yuda ist mein älterer Bruder.
    In der Nacht des 7. August gab es einen
Fliegerangriff auf Fukushima. Vom nächsten Morgen an waren die Strecken nach
Fukuen und Igasa, die in Fukuyama zu sammentreffen, unterbrochen; deshalb nahm mich
mein Bruder früh am Morgen des Neunten von Yuda nach Fukuyama auf seinem
Fahrrad mit. Von dort aus ging ich zu Fuß nach Kusado. Von Kusado ging ich nach
Tomonotsu und von dort mit dem Bus nach Matsunaga, wo ich einen Zug bekam und
zur Abenddämmerung Hiroshima erreichte. Es ist eigenartig, daß ich gerade
diesen Weg verfolgte — Kusado, Tomonotsu, Matsunaga, Onomichi und dann nach
Hiroshima — , eine historische Route, die gleiche, die einige von dem besiegten
Taira-Clan gegangen sein sollen und später Ashikaga Takauji, damals in den
alten Tagen, als sie durch das Land flüchteten, um das Japanische Meer zu
erreichen.
    Vor dem Bahnhof von Hiroshima waren Zelte
aufgeschlagen, und ich ging in eins hinein, um den Morgen zu erwarten. Ein
Soldat hielt Wache, und eine Menge Leute, offensichtlich von der Dunkelheit
überrascht, saßen da, weil sie nicht wußten, wo sie sonst die Nacht verbringen
sollten. Mein Bruder hatte versucht, mich in Yuda zurückzuhalten — es sei
sinnlos, sagte er — , aber ich konnte den Gedanken
nicht loswerden, daß mein Mann noch am Leben war. Also füllte ich eine
Medizinflasche mit Sake — mein Mann trinkt gern einen Schluck — und packte sie
in den Rucksack. Dann borgte ich mir von meinem Bruder eine Rotkreuz-Armbinde,
damit ich wie eine Armeeschwester aussah, und ging los. Ohne Armbinde wurden
Frauen nicht nach Hiroshima hineingelassen. Ich trug Baumwollhosen und
Sandalen.
    Ich hatte keine Ahnung, wohin ich mich in
Hiroshima wenden mußte. Ich fragte einen Soldaten nach dem Weg zum Zweiten
Militärlazarett, aber er meinte, es sei Zeitverschwendung dahin zu gehen, da es
dort nur noch Ruinen gebe. Dann fragte ich nach der Ersten Mittelschule von
Hiroshima. Die Schüler seien alle umgekommen, sagte er, übriggeblieben sei
nichts als Asche. Damit schien ziemlich sicher, daß unser Neffe tot war. Ich
legte mich ins Zelt, um zu schlafen. Ein Kind jammerte nach seinen Eltern und
konnte keinen Schlaf finden, sosehr sich die Soldaten auch mit ihm abgaben. Ich
legte mich neben den Jungen und brachte ihn wenigstens zum Einschlafen. Ungefähr
um vier Uhr morgens schlich ich mich hinaus und machte mich auf den Weg zum
Zweiten Militärlazarett, um meinen Mann zu suchen.
    Es war eine ausgebrannte Wüstenei — keine
Kaserne, nichts, nur Zelte. Ein Offizier — ich weiß seinen Namen nicht mehr, aber
er war aus Tokio — sagte mir, daß sic auch nicht so bald etwas Genaues erfahren
würden. Ich sollte nach Hause gehen und abwarten, bis ich von der Armee
Bescheid bekäme. Er besorgte mir Zucker und Tee. Ich fragte noch einmal nach
der Ersten Mittelschule, um sicherzugehen. Ja, sie sei völlig zerstört,
bestätigte er. Er redete mir unablässig zu, wieder nach Hause zu gehen; was
blieb mir übrig, als mich allein weiter umzusehen. Ich machte mich auf den Weg
und ging an einem Fluß stromaufwärts. Am Ufer sah ich ein paar primitive
Schuppen aus Wellblech und Strohmatten, die Menschen darin hatten schwarze
Gesichter, nur die Zähne und Augäpfel waren weiß, und sie waren in Lumpen
gehüllt wie die notleidenden Menschen auf alten Bildrollen. Später kam ich an
einer Gruppe vorbei, die stöhnend auf der Erde lag, deshalb rief ich mit lauter
Stimme: „Hiroshi, bist du hier?“, aber es kam keine Antwort. Ich horchte
angestrengt, aber ich hörte nichts außer dem Stöhnen; es hätten die

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