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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
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Blick zu, ohne
mit seinem Gehämmere aufzuhören. „Der verflixte Schlüssel dreht sich nicht“,
entgegnete er. „Ich muß versuchen, von hinten reinzukommen.“
    „Warum schlagen Sie denn das Schloß nicht mit
einem Hammer oder sonstwas ein?“
    „Ja, warum eigentlich nicht? Aber ob man das mit
einem Hammer schafft. Wenn ich die Sachen drinlasse, dauert’s nicht lange, und
Geldschrankknacker räumen alles aus.“
    Ein gewaltiger Fliegenschwarm umtanzte ihn und
versuchte vergeblich, sich niederzulassen. Der Mann sah nicht wie ein Dieb aus,
so sagte ich: „Entschuldigen Sie, daß ich Sie bei Ihrer Arbeit gestört habe“,
und ging meiner Wege.
    In den Ruinen des Einkaufszentrums standen viele
rostige Safes herum. In Senda-machi hatten wir keinen Safe — die einzigen
Familien in unserer Nachbarschaft, die so etwas besaßen, waren die Nakaos und
die Miyajis, was ich aber auch nicht wußte, bis ich die Geldschränke in den
Ruinen sah. Miyaji hatte übrigens erst Mitte Juli einen gekauft, als die
feindlichen Flugzeuge immer häufiger über Hiroshima und die zentrale Bergkette
zum Japanischen Meer flogen. Mit einemmal fingen viele Leute an, auf die Dörfer
zu ziehen, und man konnte gebrauchte Klaviere, Harmoniums und Geldschränke für
ein Spottgeld kaufen. Von Ende Juli an wurden die Fliegerangriffe immer
häufiger. Es gab Fliegeralarm in Tokuyama, Iwakuni und Kure, und Seeminen
wurden ins Japanische Meer geworfen, woraufhin den Klavieren und Geldschränken
wahre Fluten von Kommoden, Ziertöpfen und Bambusstangen, von Zwergbäumen,
Schachbrettern, gerahmten Bildern, Waschbrettern, Waschzubern, Tennisschlägern
und Rollbildern folgten — und alles zu Schleuderpreisen.
    Hiroshima war Garnisonstadt, in Kure hatte die
Kriegsmarine ihr Hauptquartier. Kure wurde erstmals am 22. Juni angegriffen, am
21. Juli machte dann ein großer Angriff mit Brandbomben das in der Ebene
gelegene Stadtzentrum dem Erdboden gleich. Am 24. Juli gab es noch einen
Angriff. Bei der Gelegenheit wurden die feindlichen Flugzeuge von den
Flakgeschützen eines japanischen Kriegsschiffes unter Feuer genommen, das
hinter einer Insel vor Anker lag, weil es kein Dieselöl mehr hatte. Es wurde
nicht genügend Kiefernwurzelöl produziert, um den normalen Treibstoff zu ersetzen,
und so befand sich das Schiff in der sonderbaren Lage, daß es zwar noch kämpfen
konnte, aber manövrierunfähig war. Am Tag darauf fielen auch Bomben auf Ujina.
Dann folgte der Angriff auf Hiroshima am 6. August, als die rätselhafte Bombe
abgeworfen wurde, die die Stadt einäscherte.
    Kein Wort, kein Gerücht hatte uns die Existenz
einer solchen Bombe vermuten lassen. Meist kann man die allgemeine Stimmung
einschätzen, wenn man Kinder beobachtet, die auf alles unmittelbarer reagieren
als die Erwachsenen. Die Bombe tötete fast ohne Ausnahme alle Oberschüler, die
Kriegsdienst leisteten, dabei hatten sie jeden Tag bis zum 5. August geholfen,
Häuser einzureißen, um Brandschneisen zu schaffen. Keinem hätte man vom Gesicht
den Wunsch ablesen können, den Dienst zu schwänzen oder sich zu verstecken. Die
Schulmädchen in den freiwilligen Arbeitseinheiten trugen voller Stolz weiße
Bänder um die Stirn und Armbinden, auf denen stand: „Freiwillige
Schülerbrigade“. Wenn sie in die Stahlfabrik und abends zurück in die Unterkunft
marschierten, sangen sie:
     
    „Ich
schwinge den Hammer, du trägst das Gewehr,
    doch
ziehn wir vereint in die Schlacht, in die Schlacht.
    Für
die Heimat zu sterben ist Lohn uns und Ehr
    den
Burschen und Mädeln der Freiwilligen-Wacht.“
     
    Die Mädchen, die im Stahlwerk beschäftigt
wurden, drehten Flakgranaten. Sie arbeiteten in zwei Schichten, und die
Spätschicht drehte bis zehn Uhr abends Granaten. Ich bin sicher, nicht eine
hatte je von dem Grauen geträumt, das ihnen bevorstand.

Vierzehntes Kapitel
     
     
    Heute suchten viel mehr Leute als gestern in den
Trümmern nach Leichen oder verbrannten Überresten. Neben denen, die in
zerschlissenen Fetzen oder halb nackt umhergingen, fiel mir eine große Zahl
Männer auf, die wie Feuerwehrleute gekleidet waren und Armbinden trugen, auf
denen „Sonderbergungstrupp“ stand. Einige hatten Megaphone bei sich oder
Bambustragbahren. Sie kamen aus den Dörfern, um den Opfern zu helfen.
    Im Heeresbekleidungsamt wurde ich genauso
empfangen, wie ich es erwartet hatte.
    „Ja, ich verstehe Sie vollkommen, Herr Shizuma“,
begann Leutnant Sasatake stockend, als er sich mein Gesuch bis zu Ende

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