Schwarzes Echo
Ich bringe Ihnen die erste Spur seit neun Monaten, und Sie wollen über Verbindungsmänner und den ganzen Quatsch reden. Irgendwas stimmte da nicht, aber ich bin nicht drauf gekommen, was. Jetzt weiß ich es.«
»Wovon reden Sie da eigentlich? Egal, ich will es gar nicht wissen.«
Sie wollte aus der Bank rutschen, aber Bosch streckte eine Hand aus und legte sie fest auf ihr Handgelenk. Ihre Haut war warm und feucht vom Spaziergang hierher. Sie blieb sitzen, wandte sich ihm wieder zu und durchbohrte ihn mit ihren braunen Augen, die so böse und feurig waren, daß sie seinen Namen damit in einen Grabstein hätte brennen können.
»Lassen Sie los«, sagte sie, die Stimme sehr beherrscht, aber schneidend genug, daß klar wurde, wie schnell sie die Beherrschung verlieren konnte. Er ließ los.
»Gehen Sie nicht. Bitte.« Sie zögerte einen Moment, und er reagierte schnell und sagte: »Es ist schon in Ordnung. Ich verstehe Ihre Gründe für die ganze Sache, der kühle Empfang vorhin und alles. Ich muß zugeben, daß es eigentlich gute Arbeit war, was Sie da geleistet haben. Ich kann es Ihnen nicht zum Vorwurf machen.«
»Bosch, hören Sie zu, ich weiß nicht, wovon Sie reden. Ich glaube …«
»Ich weiß, daß Sie schon von Meadows wußten, von den Tunneln, von der ganzen Sache. Sie haben seine Militärakten kassiert, Sie haben meine kassiert, wahrscheinlich haben Sie Akten über jede Ratte, die lebendig aus Vietnam rausgekommen ist. Es mußte irgendeinen Zusammenhang zwischen der WestLand-Sache und den Tunneln da drüben geben.«
Sie sah ihn lange an und wollte gerade etwas sagen, als eine Kellnerin mit Block und Bleistift kam.
»Im Augenblick nur einen Kaffee, schwarz, und ein Evian. Danke«, sagte Bosch, bevor Wish oder die Kellnerin zu Wort kamen. Die Kellnerin ging und schrieb auf ihrem Block.
»Ich dachte, Sie wären ein Milch-und-Zucker-Cop«, sagte Wish.
»Nur, wenn Leute raten wollen, was ich bin.«
Darauf schienen ihre Augen etwas sanfter zu werden, wenn auch nur ein bißchen.
»Detective Bosch, sehen Sie mal. Ich weiß nicht, woher Sie wissen, was Sie zu wissen glauben, aber ich werde nicht mit Ihnen über die WestLand-Sache sprechen. Es ist genau so, wie ich es Ihnen im Büro gesagt habe. Ich kann es nicht tun. Tut mir leid. Wirklich.«
Bosch sagte: »Ich schätze, ich sollte es Ihnen übelnehmen, aber ich tu’s nicht. Es war ein logischer Schritt im Zuge der Untersuchung. Ich hätte dasselbe getan. Sie nehmen jeden, auf den die Täterbeschreibung Tunnelratte paßt, und gehen das Beweismaterial durch.«
»Sie stehen nicht unter Verdacht, Bosch, okay? Also vergessen Sie’s.«
»Ich weiß, daß ich nicht unter Verdacht stehe.« Er stieß ein kurzes, gepreßtes Lachen hervor. »Ich war unten in Mexiko und vom Dienst suspendiert, und ich kann es beweisen. Aber das wissen Sie längst. Also, was mich betrifft, gut, ich vergesse es. Aber ich muß wissen, was Sie über Meadows haben. Seine Akte haben Sie schon im September geholt. Sie müssen gegen ihn ermittelt haben. Observation, seine Bekannten, Background. Vielleicht … ich wette, Sie haben ihn sogar einkassiert und mit ihm gesprochen. Ich muß das alles wissen … heute, nicht in drei, vier Wochen, wenn irgendein Verbindungsmann seinen Stempel darunter gesetzt hat.«
Die Kellnerin kam mit dem Kaffee und dem Wasser zurück. Wish nahm ihr Glas an sich, trank aber nicht.
»Detective Bosch, es ist nicht mehr Ihr Fall. Tut mir leid. Sie sollten es nicht von mir erfahren. Aber Sie sind raus. Fahren Sie in Ihr Büro zurück, und Sie werden sehen. Wir haben angerufen, als Sie weg waren.«
Er hielt seine Tasse mit beiden Händen, Ellbogen auf dem Tisch. Vorsichtig stellte er sie auf die U ntertasse, für den Fall, daß seine Hände zitterten.
»Was haben Sie getan?« fragte Bosch.
»Es tut mir leid«, sagte Eleanor Wish. »Nachdem S ie gegangen waren, hat Rourke – der Mann, dem Sie das Bild unter die Nase gehalten haben – er hat die Nummer auf Ihrer Karte angerufen und mit einem gewissen Lieutenant Pounds gesprochen. Er hat ihm von Ihrem Besuch heute erzählt und angedeutet, daß es da wohl einen Interessenkonflikt gäbe, wenn Sie den Tod eines Freundes untersuchen. Er hat noch ein paar andere Sachen gesagt …«
»Was für andere Sachen?«
»Hören Sie, Bosch, ich weiß über Sie Bescheid. Ich gebe zu, daß wir Ihre Akten angefordert haben, daß wir sie überprüft haben. Aber, verdammt, dafür mußten wir nur die Zeitungen von damals lesen.
Weitere Kostenlose Bücher