Schwarzes Gold Roman
Zähnen. Eins der Mädchen
hatte eine Hand ein gutes Stück unter seinen Hosenbund geschoben und suchte
Blickkontakt. »Lass es gut sein, Trotzkopf «, sagte er und schob ihre Hand
fort. Seine hellblauen Augen waren direkt auf Per Ole gerichtet. »Der junge
Lindeman und ich haben viel zu besprechen.«
In dieser Nacht erfuhr Per Ole Lindeman von Brede Grans
Visionen:
»Wir sind verdammt noch mal eine Öl-Nation, und die
Entwicklung geht immer weiter. Wir schaffen es nicht einmal, die Hälfte des
Öls auf den Ekofisk-Feldern zu fördern! Vergiss nicht, dass Öl keine
erneuerbare Ressource ist. Es kann doch nicht angehen, dass wir das halbe Erbe
unserer Vorväter abpumpen, dann einen Deckel draufmachen und den Rest liegen
lassen. Und was passiert mit den Plattformen? Erinnerst du dich an Alexander
Kielland? Zweihundert Kilo Dynamit, und dann versinkt das Ganze in
siebenhundert Meter Tiefe im Nedstrandsfjord. Als wäre es nicht schlimm genug,
dass die Kielland gekentert ist, nein, dann entscheidet man sich auch noch, den
ganzen Kram zu versenken. Tonnenweise Stahl! Aus den Augen, aus dem Sinn, was?
So können wir doch nicht weitermachen! Hör mir zu: Fest installierte
Plattformen gehören bald der Vergangenheit an. Alle Ölfirmen in den USA und
Norwegen stecken Millionen in Forschung und Weiterentwicklung. Die Technologie
wird ständig verbessert. Nicht nur die Beweglichkeit wird sich verbessern. Wir
werden nicht umhinkönnen, eine Technologie zu entwickeln, die die Reste aus
den Brunnen schöpfen kann, die wir jetzt verschließen – mit Unmengen Gas
und Öl darin. Es ist nur eine Frage der Zeit. Es gilt, in der ersten Reihe zu
stehen, wenn es so weit ist. Dieses Land ist auf dem besten Weg, die weltweit
führende Nation im Offshore-Know-how zu werden. Die neue Technologie wird hier
zuerst angewendet werden! Denk nur mal an die Barentssee und die Felder vor
Spitzbergen. Diese Bereiche werden früher oder später genutzt. Aber sie
lassen sich nicht ohne eine neue Technologie ausnutzen. Ist es dir noch nie
merkwürdig vorgekommen, dass niemand in Norwegen voranschreitet und die Wellen
bricht, auf die neue Technologie setzt, hm?«
Jim war schon längst mit der Gastgeberin im Bett
verschwunden. Per Ole gähnte. Die Botschaft, die Brede Gran verkündete, war
an und für sich interessant, doch die Wahl des Forums passte Per Ole nicht. Er
konzentrierte sich auf Brede Grans schweißnasses Gesicht. Das Mädchen, das
Gran Trotzkopf genannt hatte, lag zusammengerollt da und schlief nun endlich,
nachdem sie eine Weile neben ihm auf dem Sofa gesessen und gelangweilt gegähnt
hatte. Per Ole war ein höflicher Charakter. Er sehnte sich nach seinem Bett.
Er musste um sechs Uhr aufstehen und zur Arbeit gehen. Inzwischen war es schon
nach halb zwei, und er hatte keinen guten oder höflichen Grund
aufzubrechen.
»Ich brauche eine gute Geldmaschine, die hinter ein oder
zwei solcher Plattformen steht«, fuhr Gran fort und blies Rauchringe mit der
Zigarre. »Deshalb habe ich mich bei Tønnesen eingekauft. Aber diese
grauhaarige Kameraden-Mafia, die elenden Drecksäcke, sind dabei, meine Pläne
zu zerstören. Seit Jahren sehen die es immer wieder Herbst und Frühling
werden – warum also umdenken? Am besten, wir machen alles so, wie wir es
immer gemacht haben, das ist ihre Vision. Wie fantasielos. Ich glaube, die
werden ganz schön lange Gesichter machen, wenn sie von meinem Gegenzug hören.
Na? Jetzt ist es an der Zeit. Bald halte ich einundfünfzig Prozent von
Tønnesen und dreißig Prozent der Reederei Stavanger Steam. Alles eine Frage
der Zeit, Anders.«
»Per Ole«, sagte Per Ole.
»Per Ole, ja, dann bist du nicht derjenige, der vor fünf,
sechs Jahren bei Spenning & Co. gearbeitet hat?«
»Das war mein Bruder«, sagte Per Ole. »Anders ist ein paar
Jahre jünger als ich.«
»Lindeman hat also zwei Jungs. Aber ich habe wohl trotzdem
von dir gehört. Du machst doch diese Trendanalysen, oder nicht? Und ich
dachte, du wärst derselbe Junge, der bei Spenning & Co die Post
ausgetragen hat. Du bist doch der Händler, hab ich recht? Was ist aus deinem
Bruder geworden?« »Keine Ahnung. Er reist.«
3
Jene Renate, die ihren Honda Civic vor dem Studentenwohnheim
in Volda parkte, hatte kaum noch Ähnlichkeit mit dem Mädchen, das früher bei
Demonstrationen der Jungsozialisten Transparente getragen hatte. Sie hatte sich
die Haare geschnitten. Der proletarisierte Arbeiterlook mit
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