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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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Kette. Sie hatte
einen weißen Kittel an, der rauschte, wenn sie ging. Sie war eine, die sich
Zeit ließ. Sie verschwand zwischen den Regalen. Die Türglocke klingelte.
Leute kamen herein. Und er hatte noch immer keine Kondome. Die Frau kam mit
einer Auswahl verschiedener Sorten und Anzahl zurück. Sie fing an mit ihm zu
diskutieren. Was er gern hätte – mit oder ohne Gleitmittel? »Diese«, sagte
er und deutete auf einen Dreierpack. Das war viel zu wenig, aber besser als
nichts.
    Renate und Anders erforschten einander. Es konnte passieren,
dass sie sich ins Wohnzimmer setzten, um Platten zu hören, und schließlich
nackt auf dem Sofa landeten. Sie vergaßen sich. Die Zeit verging. Wenn sie
hörten, dass jemand die Tür aufschloss, rafften sie panisch ihre Kleider
zusammen, stürmten nackt die Treppe hinauf in sein Zimmer und zogen sich an.
Dann hasteten sie die Treppe wieder hinunter und saßen atemlos und mit roten
Wangen auf dem Sofa und taten so, als seien sie mitten in einer wichtigen
Diskussion.
    Es war Freitag. Anders und Renate waren seit fast einer Woche
unzertrennlich. Seine Mutter war schon zu Hause. Um halb vier kam Per Ole.
    Per Ole entdeckte Renate auf dem Sofa. Er wechselte einen
Blick mit der Mutter. Per Ole machte eine eindeutige Kopfbewegung in Anders
Richtung, der ihm in die Küche folgte. Sie flüsterten.
    »Deine Schnecke?«, flüsterte Per Ole.
    Anders nickte.
    »Süß«, flüsterte Per Ole. »Wie heißt sie mit
Nachnamen?«
    »Landstad.«
    »Landstad?«
    »Ja, Renate Landstad.«
    »Sie ist die Tochter von Ulf Landstad, was?«
    »Und wenn schon.«
    »Und wenn schon? Ulf Landstad ist immerhin Minister.«
    Anders sah zu ihm auf. Sie befanden sich auf
unterschiedlichen Planeten. »Spielt das eine Rolle?«
    Per Ole machte ein merkwürdiges Gesicht. Der penible,
intellektuelle Ausdruck veränderte sich. Die Aufregung, die Anders in den
Augen des Bruders wahrnahm, war die gleiche, die er schon damals gesehen hatte,
als Per Ole beim Ragnarock-Festival das Flaschenpfand auf Provisionsbasis
organisiert hatte. Dass Renate die Tochter des Ministers Ulf Landstad war,
hatte etwas in Per Ole ausgelöst. Anders erkannte eine Art Sehnsucht in seinen
Augen. Und, dachte Anders, die ist ausgelöst durch Renates Vater. Ihr Vater!
Per Ole betrachtete Renate nicht als ein Wesen aus Fleisch und Blut, mit
glimmendem Blick, langem Haar, schönem Hintern oder einer Figur wie eine
Sanduhr – für Per Ole stellte Renate ein Stück sozialer Klasse dar. Per Ole
streckte sich und schaute über Anders Schulter zu Renate; wie sie dort saß in
ihrem Rock, der schwarzen Strumpfhose, mit ihrem schwarzen, frischgekämmten
Haar und dem Seifenduft, der noch von der heimlichen Dusche nach ihrem
Liebesspiel zeugte, das sie genossen hatten, als sie noch allein zu Hause
waren. Anders stand mit dem Rücken zu ihr und beobachtete, wie Per Ole sie
betrachtete.
    Ihm fiel auf, dass er zum ersten Mal sah, dass sein Bruder
Interesse an Mädchen zeigte.
    »Das ist also Renate Landstad«, flüsterte Per Ole
andächtig.
    »Ja, Per Ole, das ist Renate.«
    Sie gingen zurück ins Wohnzimmer, wo Renate steif auf dem
Sofa hockte und nur auf eine Gelegenheit zu warten schien, sich zu
verabschieden. Mit leerem Blick starrte sie auf den Fernsehschirm, auf dem die
Nachrichten vorbeiflimmerten.
    »Du bist Juso-Vorsitzende in Bærum«, sagte Per Ole und
ließ sich aufs Sofa fallen.
    Renate sah ihn an. »Woher weißt du das?«
    »Man hält sich auf dem Laufenden«, sagte Per Ole
leichthin.
    Anders trug auf einem Tablett Tassen herein, seine Mutter kam
mit dem Kakao und schenkte ein.
    »Anders hat erzählt, dass du Mitglied der Jungliberalen
bist«, sagte Renate, nahm eine Tasse und blies in den heißen Kakao.
    Per Ole schüttelte den Kopf. »Junge Konservative.«
    »Als ob das einen Unterschied macht«, sagte Anders.
    Sein Einwurf wurde von beiden überhört.
    Anders betrachtete sie: Es schien Renate zu gefallen, sich
mit seinem Bruder zu unterhalten. Und Per Ole schien zum ersten Mal an etwas
interessiert zu sein, das zu Anders Welt gehörte. Der Bruder schien eine
Extraportion Energie freizusetzen. Langsam dämmerte es Anders. Per Ole stand
auf Renate. Er saß da und machte seine Freundin an! Bemerkte Renate das?
    Ein Bild aus den Nachrichten flimmerte über den
Fernsehschirm: ein entkräfteter Mann in den Vierzigern. Aldo Moro – von den
Roten Brigaden gekidnappt. Anders überlegte, den Namen des Mannes

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