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Schwarzkittel

Schwarzkittel

Titel: Schwarzkittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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nahmen etwa ein Viertel des Raumes ein. Der Rest war mit gut bestückten Regalen vollgestellt, auf denen die unterschiedlichsten Waren lagerten. Frau Overath schloss die Tür. In diesem Moment wurde sie von einer wundersamen Metamorphose ergriffen. Nichts war mehr übrig von dem zarten und zerbrechlichen Fräulein von eben. Im geschäftsmäßigen und knallharten Kaufmannston sprach sie mich an.
    »Herr Palzki, eben sahen Sie den Schein, hier sehen Sie die Wahrheit. Alles ist streng betriebswirtschaftlich ausgerichtet. Mein Bruder und ich betreiben hier einen Horoskop- und Esoterikversand. Der Markt ist riesengroß, es wird alles gekauft, was neu ist und Glück und Zufriedenheit verspricht. Meine Damen drüben sind allesamt frustrierte Kinderarztgattinnen. Normalerweise sind es sogar ein paar mehr. Von ihren Männern vernachlässigt, suchen sie ihr Heil im Spirituellen. Immer auf der Suche nach dem Glück. Erfolglos, aber nie aufgebend. Zu meinem Vorteil. Stellen Sie sich mal vor, das ganze Esoterikgedöns würde halten, was es verspricht.
    Es gäbe nur noch zufriedene und glückliche Menschen, die Branche würde sich dadurch selbst zerstören. Nein, solange es Menschen gibt, die an Chakra, Planetenkonstellationen und Aszendent glauben, sind wir dick im Geschäft, nicht wahr mein lieber Bruder?«
    »Da staunen Sie, Herr Palzki. Meine Schwester hat es echt gut drauf«, mischte sich Doktor Metzger ein. »Sie müssen erst einmal ihre Overath-Tarotkarten sehen.« Er ging zum Regal und schnappte sich eine kleine Kunststoffschachtel. »Produktionskosten 75 Cent, Verkaufspreis überaus günstige 17,80 Euro. Verkaufszahlen im drei-bis vierstelligen Bereich. Monatlich, versteht sich.«
    »Ja, auf meine Taroterfindung bin ich schon etwas stolz. Noch besser laufen die Geschäfte mit dem Horoskopversand. Die Wertschöpfung ist fast nicht mehr zu toppen. Aus leerem Kopierpapier und etwas Druckertoner zaubere ich wertvolle Horoskope. 30 Euro das Stück, mit Partneranalyse sogar 49 Euro. Die Gewinnspanne, ohne den vernachlässigbaren Zeitaufwand gerechnet, beträgt mindestens 95 Prozent.«
    Endlich fand ich meine Sprache wieder. Hier musste ich tiefer einsteigen, so unwirklich kam mir das alles vor. »Und wie erstellen Sie diese Horoskope? Ist das nicht sehr zeitintensiv?«
    »Zeitintensiv? Guter Witz. Ich habe mir vor Jahren mal für ein paar Euro ein Computerprogramm schreiben lassen. Das berechnet anhand des Geburtsdatums und des Geburtsortes ein paar astrologisch anerkannte Daten und druckt anhand dieser Erkenntnisse ein paar Texte aus, die als vorformulierte Textbausteine jedes Mal etwas anders zusammengestellt werden.«
    »Ist das nicht fast Betrug?«, wandte ich ein.
    »Nein, Herr Palzki, so dürfen Sie das nicht sehen. Die Horoskopbesteller wissen schließlich, worauf sie sich einlassen. Es bekommt jeder das, was er will. Und außerdem ist meine Arbeit ein Stück Lebenshilfe. Wer weiß, wie viele Depressionen ich schon mit meinen Horoskopen lindern konnte.«
    »Aber das ist doch alles Humbug!«
    »Natürlich kann man das so sehen. Sie werden aber verstehen, dass ich das vor meinen Damen oder in der Öffentlichkeit nie zugeben würde. Das macht aber in dieser Branche jeder so. Sehen Sie, Herr Kommissar, die Horoskope werden teilweise nach Sternzeichen berechnet. Und diese setzen sich aus Sternen zusammen. Aber wir sehen an den Sternen nicht die Gegenwart oder die Zukunft, sondern die uralte Vergangenheit. Ihr Licht braucht Millionen von Jahren, um die Erde zu erreichen. Viele Sternenkonstellationen, die Grundlage der Horoskope sind, gibt es schon seit ewigen Zeiten nicht mehr. Außerdem hat sich die Position der Tierkreiszeichen im Laufe der letzten 2.000 Jahre verschoben. Ein Zwilling ist inzwischen eigentlich fast immer ein Stier.«
    Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. »Warum sagt man das den Leuten nicht?«
    »Sie meinen Aufklärung? So einfach ist das nicht. Zum einen wäre das schlecht für das Geschäft, zum anderen würden das viele Menschen sowieso nicht glauben oder glauben wollen. Was denken Sie, wie viele bis heute davon überzeugt sind, dass sich die Größe des Mondes je nach Sichtbarkeit ändert? Deswegen soll er bei Vollmond viel mehr Kraft auf die Erde ausüben.
    Das ist eine gängige Meinung, Herr Kommissar. Bei der Horoskopberechnung anhand der Planeten wird im Übrigen heutzutage die Venus nach wie vor als zwei verschiedene Planeten angesehen. Nur weil sie früher mal morgens zu sehen war und dann

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