Schwarzlicht (German Edition)
vorhergesehen?»
«Nein. Aber diese schreckliche Abhöraffäre, der bevorstehende Rücktritt und die Wahl am kommenden Sonntag – da hat sich etwas zusammengebraut, finden Sie nicht? Ein Stück deutsche Geschichte, irgendwie.»
«An dem besagten Tag haben Sie Castorp mit zwei Männern fotografiert.»
«Woher wissen Sie das?»
«Kennen Sie die beiden Männer?»
«Nein.»
«Haben Sie etwas von dem Gespräch mitbekommen?»
«Dafür war ich viel zu weit weg. Ich musste ein gutes Teleobjektiv verwenden, um nicht entdeckt zu werden.»
«Welchen Eindruck machte die Unterhaltung auf Sie?»
«Ganz schlechtes Karma.»
«Was meinen Sie damit?»
«Sie kennen sicher die drei Geistesgifte: Gier, Zorn und Unwissenheit. Sie geben unserem Tun ein falsches Ziel.»
«Das haben Sie auf diese Distanz gespürt?»
«Ja. Da sind sehr gegensätzliche Ziele aufeinandergeprallt. Die drei haben sich gestritten, kein Zweifel.»
«Was haben Sie noch beobachtet?»
«Am Montag? Also, zuerst hat Castorps Freundin das Haus verlassen. So gegen zwölf. Sie hatte eine Reisetasche bei sich und stieg in ein Taxi. Dreißig Minuten später ließ sich der Ministerpräsident blicken. Er traf die beiden Männer vor dem Hotel am Ende der Straße. Nach etwa einer halben Stunde haben sie sich getrennt, und Castorp ist allein zurückgekehrt.»
«Und dann?»
«So gegen zwei Uhr habe ich aufgegeben.» Ein Räuspern. «Es ist nämlich nicht möglich, zugleich den Eingang und die Tiefgaragenausfahrt im Blick zu behalten. Ich war mir nicht sicher, ob Castorp überhaupt noch da war.»
Vincent nickte, sah zu seinem Kollegen hinüber.
«Die Aufnahmen», sagte Dominik. «Würden Sie uns bitte alles zeigen, was Sie während der Observierung fotografiert haben?»
«Wie meinen Sie das?»
«Sie haben doch sicher weit mehr Bilder gemacht, als Sie der Zeitung geliefert haben, nicht wahr?»
«Klar, aber die anderen sind nichts geworden.»
«Dürfen wir sie trotzdem anschauen? Wir interessieren uns für alles.»
«Tut mir leid, den Ausschuss habe ich gelöscht.»
Vincent nickte, um Verständnis zu signalisieren. «Und wo waren Sie am Montagnachmittag um siebzehn Uhr, Frau Liebig?»
«Sie glauben doch nicht, dass ich …»
Vincents Handy. Er ging auf den Flur und meldete sich.
Susanne Hachmeister, die Kollegin von der Sitte. Ihre tiefe, rauchige Stimme: «Du wolltest Infos über Bettina Blume?»
«Schieß los.»
«Vor zwei Jahren trat Frau Blume als Entlastungszeugin für einen gewissen Mike Dollinger auf. Sagt dir der Name etwas?»
«Klar.» Der Exnationalspieler – vielleicht war er öfter im Chateau Bellevue gewesen, und Blümchen kannte ihn daher.
«Dollinger soll in einer Disco an der Königsallee ausfällig geworden sein. Eine rassistische Beleidigung, oder so. Aufgrund von Blumes Aussage war er fein raus. Mein Gott, Dollinger. Erinnerst du dich noch an die Saison, als er bei Borussia Mönchengladbach fast alle Tore schoss?»
«Als Fortuna-Anhänger berührt mich das eher peripher.»
«Trotzdem, hättest du gedacht, dass Mike Dollinger einmal als koksender Raufbold enden würde?»
«Hast du eine Adresse?»
«Von Dollinger?»
«Von Blume.»
«Ich hab noch mehr. Neulich wurde eine Tina Blume im Rahmen einer Razzia im Blue Velvet festgenommen, das ist ein Tabledance-Schuppen …»
«In der Mintropstraße, ich weiß.»
«Ist mir klar, dass du dich dort auskennst.»
«Und wo gehst du immer so hin?»
Hachmeister ließ ein heiseres Lachen hören.
«Bettina Blume», erinnerte Vincent.
«Wir mussten sie gleich wieder laufen lassen. Du willst also ihre Anschrift?»
«Bitte.»
«Was hat dieses Flittchen, was ich nicht habe?»
«Sag schon, Susanne.»
«Dafür spendierst du mir einen Cocktail, wie wär’s mit heute Abend?»
«Heute passt es ganz schlecht.»
«Keine Angst, du Geizhals, ich steh sowieso nicht auf Todesfallermittler. Ackerstraße 17. Aber im Ernst, warum bist du so scharf auf die Blume?»
«Sie kann vermutlich etwas über die Vergangenheit von Castorps letzter Gespielin verraten.»
«Ist das jetzt euer Ansatz?»
«Wir haben verschiedene.»
Vincent kehrte ins Arbeitszimmer der Detektivin zurück, bat Dominik, allein weiterzumachen, und verabschiedete sich.
«Warte!», rief der Kollege und holte ihn im Flur ein. Leise, aber scharf: «Das kannst du mir nicht antun, Vincent! Diese Tibet-Tante mit ihren Geistesgiften …»
«Check ihr Alibi, besteh auf den Fotos und lass dir ihre Kontoauszüge zeigen. Wofür gibt sie Geld
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