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Schwarzlicht (German Edition)

Schwarzlicht (German Edition)

Titel: Schwarzlicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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ausgedrückt, Herr Veih?»
    «Ich verlange, dass Becker …»
    «Ob das klar ist, will ich wissen!»
    Vincent erhob sich vom Besucherstuhl und verließ den Raum ohne Antwort, ohne Gruß.
    «Rennen Sie doch zum Kripochef und heulen Sie sich aus!», rief Thann ihm hinterher. «Aber der wird Ihnen auch nichts anderes mehr sagen!»

    Vincent ließ den Motor an. Im Radio gab ein Moderator die jüngsten Umfrageergebnisse bekannt. Für den Wahlsonntag zeichne sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Der CDU-Kandidat sei wenig bekannt, und es fehle ihm an Ausstrahlung. Der SPD machten Gerüchte zu schaffen, sie habe ihre Büros selbst verwanzt, um Castorp zu schaden. Die Wähler hätten sämtliches Vertrauen verloren, die Meinungsforscher rechneten in puncto Wahlbeteiligung mit einem Negativrekord. Noch drei Tage bis zum landesweiten Urnengang.
    Am Ende des Jürgensplatzes steuerte Vincent die Auffahrt zur Rheinkniebrücke an.
    Sein Handy. Es war Saskia.
    «Schön, deine Stimme zu hören», sagte Vincent.
    «Ehrlich? Du hast dich heute Nacht davongeschlichen.»
    «Ich konnte nicht schlafen, das lag aber nicht an dir.»
    «Bist du verheiratet?»
    «Nein.»
    «Normalerweise stelle ich diese Frage, bevor ich einen Typen mit nach Hause nehme.»
    «Ich bin nicht verheiratet, aber ich habe eine Freundin. Das heißt, ich weiß nicht, ob wir noch zusammen sind.»
    Für einen Moment war es still. «Klingt kompliziert.»
    «Ist es auch.»
    «Schade.»
    «Ich möchte dich gern wiedersehen.»
    «Und dann geht dir bloß wieder deine Freundin durch den Kopf. Nein, ich glaube nicht, dass das so gut wäre.»
    «Heute Nacht habe ich über meinen Großvater nachgedacht. Die Ausstellung und das alles. Deswegen lag ich wach. Willst du tatsächlich diesen Beitrag machen?»
    «Was hat dein Großvater damit zu tun?»
    «Hat dir das Max Dilling nicht gesagt?»
    «Den treffe ich erst heute. Ihr kennt euch näher?»
    «Er war mal einmal mein Vorgesetzter.»
    «Dann bin ich gespannt, was er mir über dich erzählen wird, du rätselhafter Kerl.»

58

    Vincent bog in eine Seitenstraße mit sorgfältig sanierten Jugendstilfassaden. Säulen an den Eingängen, allerlei Erker und Stuck. Zierliche Vorgärten, umfasst von Buchsbaumhecken und niedrigen Eisenzäunen.
    Während die Innenstadt im Zweiten Weltkrieg zerbombt worden war, hatte sich im linksrheinischen Oberkassel großbürgerlicher Wohnraum gehalten. Nirgendwo waren die Preise in den letzten Jahren rasanter gestiegen. Die Liste der Prominenten, die sich hier niederließen, war beachtlich, darunter auch etliche Fußballstars, Trainer und Manager aus Gelsenkirchen, Leverkusen oder Mönchengladbach. Spielerberater arbeiteten mit Immobilienmaklern Hand in Hand – so war vermutlich auch Mike Dollinger in dieser Straße gelandet.
    Parkplätze gab es auch in zweiter Reihe nicht. Vincent umkurvte den Block, dann gab er auf und setzte sein Auto auf den Gehsteig. Auf dem Heck klebte das Wappen der Polizeigewerkschaft. Manchmal half das, um kein Knöllchen zu kassieren.
    Vincent fand Dollingers Hausnummer. Die unterste Klingel trug keinen Namen auf dem Schild. Vincent schellte, sein Blick fixierte das runde Auge einer Kamera. Er klingelte noch einmal.
    Endlich ein leises Summen, Vincent federte die Stufen hoch und drückte die Haustür auf.
    Thilo Becker kam ihm entgegen, Jeansjacke, die Ärmel hochgekrempelt. Der blonde Haarschopf, der sonst wild abstand, war offensichtlich frisch getrimmt. Die Wohnungstür in Beckers Rücken stand auf, Vincent vernahm eine Frauenstimme und schätzte, dass auch Felix May hier war, um die Freundin des Flüchtigen ein zweites Mal zu vernehmen.
    Becker baute sich dicht vor ihm auf, braun gebrannt, Fältchen um die Augen, kalter Blick. «Hat dir der Inspektionsleiter nicht mitgeteilt, dass du dich verpissen sollst? Walter Castorp ist ab sofort mein Fall!»
    Der Kollege wollte in die Wohnung zurückkehren, doch Vincent hielt ihn fest. «Du hast den Bogen überspannt, Thilo.»
    «Lass mich los!»
    « Du verpisst dich jetzt. Und meine Dienststelle betrittst du exakt noch ein einziges Mal. Um deine Sachen abzuholen. Vergiss dein Stehpult nicht.»
    Becker riss sich los, doch bevor er sich Dollingers Wohnung nähern konnte, stieß Vincent ihn zurück.
    Er wies zur Haustür. «Da geht’s raus!»
    «Mal sehen, was der Inspektionsleiter dazu sagt.» Der Kollege betastete seine Wange und betrachtete seine Fingerspitzen, als hoffe er, Blut zu entdecken und Vincent etwas anhängen zu

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