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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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vor?« fragte er Ivo streng.
    »Ich kann nicht Geistlich werden, lieber Vater; sehet mich nicht so grimmig an, Ihr seid doch auch einmal jung gewesen.«
    »So? da steckt der Putzen? Du vermaledeiter Bub', warum hast du denn das nicht vor acht Jahren gesagt?«
    »Ich hab's damals nicht so verstanden und hätt' auch die Kurasche nicht gehabt.«
    »Wart, ich will dich kuraschen. Mit dir mach' ich kurzen Handel, du wirst Pfarrer und damit basta!«
    »Eh spring' ich in's Wasser.«
    »Ist nicht nöthig, du kommst nicht lebendig aus der Stub', wenn du mir nicht in die Hand hinein versprichst, Geistlich zu werden.«
    »Das thu' ich nicht.«
    »Was? das thust du nicht?« schrie Valentin, Ivo an der Gurgel packend.
    »Vater!« schrie Ivo, »um Gottes willen, Vater! lasset mich los, machet nicht, daß ich mich wehren muß, ich bin kein Kind mehr.«
    Christine hing sich an ihren Mann: »Valentin!« klagte sie, »ich schrei' Feuerjo zum Fenster 'naus, wenn du nicht gleich losläßt.« Valentin ließ ab, und Christine fuhr fort: »Ist das die Sanftmuth, die du mir versprochen hast? Ivo, verzeih ihm, er ist nicht so bös, er ist ja dein Vater, Gott hat ihm die Macht über dich gegeben. Valentin, wenn du noch ein laut Wörtle redst, hast du mich gesehen, ich lauf' auf und davon. Ivo, thu's mir zulieb und gib ihm die Hand.«
    Ivo stand da und preßte die Lippen zusammen und weinte große Tropfen. »Vater,« schluchzte er, »ich hab' mich ja nicht selber zum Geistlichen bestimmt, und Ihr seid auch unschuldig, Ihr habt nicht wissen können, daß ich nicht dazu taug'; wir wollen einander keine Vorwürf' machen.«
    Er ging auf Valentin zu und wollte seine Hand fassen, dieser aber sagte: »Schon recht. Was will denn der hoffärtig Herr werden?«
    »Lasset mich noch ein halb Jahr die Thierarzneischul' besuchen, und dann will ich mich als Thierarzt und Bauer schon irgendwo niederlassen.«
    »Hast's gut vor, und ich soll dem Kloster 'rausbezahlen? für jed' Jahr zweihundert Gulden? Da kann man mir mein Haus ausschellen. Das wird schön klingen, und da wird's heißen: ja, der Ivo wird ein Katzendoktor, da kann man das Häusle schon dafür springen lassen – und von was willst du denn studieren? Willst du auf den alten Kaiser 'nein leben, oder meinst gar, ich geb' dir Geld? Du kannst einen Proceß mit mir anfangen, kannst dein Mütterliches verlangen; ich will dir aber hernach schon eine Rechnung machen, was du mich kostest.«
    »Ich werde es beim Ministerium dahin bringen, daß man die Vergütung an das Kloster auf mein einstiges Vermögen überträgt.« –
    »Wir haben mit einander ausgeredet, brauchst mir nichts mehr zu sagen,« unterbrach ihn Valentin. »Wenn du nicht folgst, denk nur nicht, daß du noch einen Vater auf der Welt hast. Du bist mein Stolz gewesen, jetzt darf ich keinem Menschen mehr unter die Augen treten; ich muß froh sein, wenn die Leut' so gut sind und nicht von dir reden.« Dem harten Manne quollen Thränen aus den Augen; das Gesicht in beide Hände drückend, fuhr er fort: »Wenn mich nur ein siedig Donnerwetter in Boden 'nein verschlagen hätt', eh ich den Tag erlebt,« – er legte den Kopf auf das Fenstergesims, stampfte gewaltig gegen die Wand und kehrte sich nicht mehr um.
    Da sieht man's wieder, wie's die Menschen machen: seinen Haß und seinen Zorn ganz offen an seinem Sohne auszulassen, trug Valentin keine Scheu; seine Liebe und Zufriedenheit aber zu offenbaren, schämte er sich stets und verschloß sie in sich. Machen's nicht die meisten gebildeten und ungebildeten Menschen so?
    Die Mutter Christine hatte bis jetzt immer nur mit beiden erhobenen Händen Stille und Beruhigung herabbeschworen, nun sagte sie mit festerer Stimme, als man ihrem Antlitze nach hätte vermuthen sollen: »Ivo, lieber Ivo, du bist doch allfort brav und gottesfürchtig gewesen, es ist ja kein bös Aederle in dir. Ich will nichts davon sagen, daß ich mir denkt hab', wie mir das eine Staffel im Himmel ist, wenn du Geistlich wirst, davon ist jetzt kein' Red', es ist mir um deinetwegen; um Jesu Christi Blut willen geh in dich, sei gut, bet rechtschaffen, und unser Herrgott wird dir helfen und dein Herz von Allem, was nicht 'nein gehört, reinigen. Ach! du hast ja immer einen frommen Sinn gehabt. Guck, ich kann nicht viel reden, es stoßt mir schier das Herz ab; sei wieder so fromm und gut, wie du gewesen bist, sei wieder der lieb' Ivo,« – sie fiel an seinen Hals und weinte. Ivo umarmte sie und sagte:
    »Mutter lieb, Mutter lieb, ich

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