Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
Vom Netzwerk:
Großmutter nichts auszurichten war, und ging mißmuthig davon, auch der Lehrer entfernte sich bald; wieder war ihm ein schönes zartes Verhältnis hart angefaßt worden. Erst zu Hause gelangte er zur Ruhe und stählte sich gegen die unvermeidlichen Eingriffe von außen.
    Am Sonntag gelang es unserm Freunde endlich wieder, Hedwig in Ruhe zu sprechen; er traf sie bei dem alten Lehrer im Garten, sie saß mit ihm auf der Bank, die Beiden schienen nichts gesprochen zu haben.
    Nach einigen gewöhnlichen Redeweisen begann der Lehrer: »Es ist doch eine hohe erhabene Sache, daß der siebente Tag durch die Religion geheiligt und aller Arbeit ledig ist; wenn wir uns vorstellen, daß das nicht so wäre, die Leute würden vor übermäßiger Anstrengung sterben. Wenn man in dieser hohen Erntezeit z.B. Tag für Tag ohne Unterlaß arbeiten würde, bis Alles vollbracht wäre, Niemand könnte es aushalten.«
    Hedwig und der alte Mann sahen zuerst über diese Rede verwundert drein, dann aber sagte Hedwig:
    »Ihr sind wohl schon hier gewesen, wie's der Pfarrer in der Heuet erlaubt hat, daß man am Sonntag das Heu wenden darf, weil es so lange geregnet hat und Alles erstickt wär'. Ich bin auch mit 'naus in's Feld, aber es ist mir gewesen, wie wenn jede Gabel voll Heu doppelt so schwer sei; es ist mir gerad' gewesen, wie wenn mich Einer am Arm halten thät', und den andern Tag und die ganz' Woch' war mir's, wie wenn die ganz Welt verkehrt wär' und schon ein Jahr lang kein Sonntag mehr gewesen sey.«
    Freudestrahlend blickte der Lehrer Hedwig an, ja, das war die Großmutter; zu dem alten Manne gewendet sagte er aber:
    »Ihr müsset Euch noch der Zeit erinnern, als man in Frankreich die Dekaden einführte.«
    »Dukaten? die kommen ja aus Italien.«
    »Ich meine Dekaden. Man verordnet nämlich, daß nur alle Zehn Tage ein Ruhetag sein solle, da wurden ebenfalls alle Menschen krank. Die Zahl Sieben wiederholt sich auf eine geheimnißvolle Weise in der ganzen Natur und darf nicht verrückt werden.«
    »Das war ja verrückt, alle zehn Tage einen Sonntag, he, he,« sagte der alte Mann.
    »Wisset ihr auch die Geschicht' von dem Herrn, wo in der hiesig' Kirch' in Stein gehauen ist mit dem Hund?« fragte Hedwig.
    »Nein, erzählet sie.«
    »Das war auch so Einer, der den Sonntag nicht heilig gehalten hat. Es war ein Herr –« »Der Herr von Isenburg und Nordstetten,« ergänzte der Alte.
    »Ja,« fuhr Hedwig fort, »man sieht in Isenburg nur noch ein paar Mauern von seinem Schloß; der hat nun auch nichts auf keinen Sonntag und keinen Feiertag gehalten, und hat nichts auf der Welt lieb gehabt als seinen Hund, der war so groß und bös wie ein Wolf. Am Sonntag und Feiertag hat er die Leut' zwungen, daß sie haben Alles schaffen müssen, und wenn sie nicht gutwillig gangen sind, ist der Hund von ihm selber auf sie gesprungen und hat sie schier verrissen, und da hat er, der Herr, gelacht und hat dem Hund den Namen Sonntag geben. Er ist nie in die Kirch' gangen als ein einzigmal, wie man sein' einzig' Tochter copuliert hat; er hat den Hund, wo Sonntag geheißen hat, mit in die Kirch' nehmen wollen, der ist aber nicht dazu zu bringen gewesen, und hat sich vor der Kirch' auf die Schwell hingelegt bis sein Herr wieder 'rauskommen ist. Wie nun der 'rausgeht, stolpert er über den Hund, fällt hin und ist maustodt, und da ist auch sein' Tochter gestorben, und die sind jetzt beide mit sammt dem Hund in der Kirch' in Stein gehauen. Man sagt, der Hund sei der Teufel gewesen, und sein Herr hab' sich ihm verschrieben gehabt.«
    Der Lehrer suchte zu beweisen, daß diese Sage sich erst durch das Vorhandensein des Denkmals gebildet habe, daß die Adeligen sich gerne mit Wappentieren abbilden lassen u.s.w.; er fand aber wenig Anklang und schwieg.
    Niemand war geneigt das Gespräch fortzusetzen. Hedwig machte mit ihrem Fuße ein Grübchen in den Sand, der Lehrer nahm hier zum erstenmal Gelegenheit, die Kleinheit ihres Fußes zu bemerken.
    »Leset Ihr nicht auch mitunter am Sonntag?« begann er so vor sich hin; Niemand antwortete: er blickte Hedwig bestimmt an, worauf sie erwiderte:
    »Nein, wir machen uns so Kurzweil.«
    »Ja womit denn?«
    »Ei, wie Ihr nur so fragen könnet; wir schwätzen, wir singen, und hernach gehen wir spaziren.«
    »Nun, was sprechet Ihr denn?«
    Das Mädchen lachte laut und sagte dann: »Das hätt' ich mein Lebtag nicht denkt, das man mich das fragt. Geltet Vetter, wir besinnen uns nicht lang drauf? Jetzt wird bald mein Gespiel', des

Weitere Kostenlose Bücher