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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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mehr. Jetzt Luzian, sei nicht vonderhändig, der Herr Pfarrer will's christlich mit dir machen. Thu's wegen dem Ort, wenn du's nicht wegen deinem Seelenheil thust. Denk' nur, wie wir wieder im ganzen Land verbrüllt werden, wenn die Sach' auskommt. Der Herr Pfarrer will's jetzt im Stillen abmachen. Du hast ja sonst immer so auf das ganze Ort und auf unser Ansehen gehalten –«
    »Ja wie? was soll ich denn machen? Was will man denn von mir?«
    »Du wirst schon merken. Nicht wahr Herr Pfarrer, es wird glimpflich sein? du sollst dir halt eine Kirchenbuß' auflegen lassen.«
    »Spei' aus und red' anders.«
    »Luzian, man weiß ja gar nicht mehr, was man dir sagen soll; bigott, du bist ein Fetzenkerl, und man sollt' ja mit dir umgehen wie mit einem schaallosen Ei, beim Blitz, und du bist doch sonst ein ausgetragenes Kind.«
    »Genug, genug. Sag deinem Herr Pfarrer, er soll vor Gott verantworten, was er predigt und lehrt, und ich will auch verantworten, was ich than hab' und noch thu'. Ich brauch deinen Herr Pfarrer mit seiner Buß' nicht zum Schmußer 1 zwischen unserm Herrgott und mir, wir finden schon allein einander und werden handelseins. So ist's, aus und Amen.«
    »Sie sehen, meine Herren,« begann der Pfarrer mit ruhiger, fast bittender Stimme, »Sie sehen, ich habe keinen Versuch zur Aussöhnung unterlassen; ich bitte das gehörig der Gemeinde zu verkünden, wenn die Sache nun wider meinen Willen den gerichtlichen Lauf geht.«
    »Gut, besser als gut,« erwiderte Luzian. »Es ist kein Strick so lang, man findet sein End'. Ich will nichts mehr reden, es wird jetzt Alles in eine andere Schüssel eingebrockt. B'hüt's Gott.«
    In festem, siegesfrohem Kraftgefühle verließ Luzian das Rathhaus; jetzt ging der Tanz erst von Neuem an, er freute sich dessen. So wogte es hin und her im Gemüthe, bis der Kampf ein faßlich persönlicher wurde.
    Es klingt erhaben und rein, einen Kampf blos um der Idee, wie man's nennt, des Principes willen zu beginnen und auszufechten, sich selbst und den Gegner dabei aus dem Spiele zu lassen; aber erst dann gedeiht die lebendigere Entscheidung, wenn du aus allgemeiner Ueberzeugung oder durch eine wirkliche Thatsache dich persönlich angegriffen fühlst durch den herrschenden gegnerischen Gedanken.
    Luzian war jetzt erst recht aufgelegt zum unnachgiebigen Kampfe, er fühlte sich durch die Zumuthung der Buße gekränkt und angegriffen. Wir dürfen hoffen, daß er das Allgemeine darin nicht verkennt, aber jetzt erst ging's Mann gegen Mann.
    Wie emsig arbeitete er im Felde. Dort hatte er mit Händen Etwas zu fassen. Leicht, als wäre das ein Kinderspiel, schwang er die Garben auf den Wagen, band er den Wiesbaum fest. Keiner der Knechte wagte Einhalt zu thun und zu bemerken, daß wohl überladen sei. Beim Abfahren erwies sich's nun doch, daß etwas hoch geladen war; Luzian ließ daher den Oberknecht auf den Sattelgaul sitzen, er selber stemmte sich sammt dem zweiten Knechte mit der Gabel gegen die aufgethürmten Garben; bei mancher Biegung hatte er sich scharf anzustrengen, damit er nicht von der reich geladenen Frucht überstürzt würde. An einem abschüssigen Hügel machte das Schimmelfüllen, das los und ledig neben her sprang, fast die ganze Fuhre über den Haufen fallen; es sprang unversehens den Pferden vor die Füße, diese scheuten; schnell besonnen fuhr der Knecht in einen Steinhaufen am Wege, der Wagen stand still, wenn auch schwankend und überhängend. Ohne Unfall, wenn auch mit heißer Noth, gelangte man endlich nach Hause.
    Als Luzian eben die Stubenthür öffnete, hörte er noch wie seine Frau dem Victor einschärfte: »du darfst dem Aehni nichts davon sagen,« sie wusch dem Knaben dabei eine große Stirnwunde aus, Schiefertafel und Lineal lagen zerbrochen neben dem heftig Schluchzenden.
    »Was? was nicht sagen?« frug Luzian, »Victor, die Ahne hat's nicht ernst gemeint. Du weißt, du kriegst kein Schläpple von mir wenn du die Wahrheit berichtest; frei heraus: was ist geschehen?«
    »Ja ... ich sag's, ich sag's.« Und nun erzählte Victor, immer von Schluchzen unterbrochen: »Der Herr Pfarrer hat halt die Religionsstund heut selber geben und da hat er viel davon gesagt, daß der Teufel die Gottlosen holt und daß er sie Nachts im Bett mit Gedanken verkratzt wie tausend und tausend Katzen, und da haben sie in der Schul Alle nach mir umgeschaut und des Hannesen Christoph, der neben mir sitzt, hat nur so pispert: das ist dein Aehni! Und da hab' ich geheult und da hat der Pfarrer

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