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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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haben wie er. Er überlegte plötzlich, daß eigentlich Niemand in Buchenberg sei, bei dem es ihm der Mühe werth war, was er von ihm denke; sie sollten aber einsehen, wer er war, wenn er nicht mehr in ihrer Mitte sei. Es that ihm nur leid, daß er nicht eine wirkliche Rache an ihnen nehmen könne, der Vetter vor Allem aber sollte es büßen, seine Hypothek war gekündigt.
    Während er aber noch den Rachegedanken nachhing, erhob sich in ihm plötzlich der Zweifel, ob er ihnen Folge leisten dürfe. Wohl war die ganze Welt sein Feind, aber er durfte ihr nicht zeigen, daß eine Veränderung mit ihm vorgegangen sei, und wenn Alles stechende Blicke auf ihn richtete, so war es doch klüger, zu thun, als ob man das nicht bemerke – falsch sein gegen die falschen Menschen das ist das Beste; um unversehens ihnen die Gurgel zuzudrücken, aber auch das muß vorsichtig und schlau geschehen.
    Hin und her warf es Diethelm in Gedanken, denn so argwöhnisch gegen sich und gegen die Welt ist ein Herz, das Arges in sich verborgen hegt.
    Eine Strecke ab von der kalten Herberge, Unterthailfingen zu, sagte Fränz:
    »Vater, ich hör' Musik den Berg herauf, horchet, sie kommt näher. Was ist das?«
    Auch Diethelm hörte es, das Leitseil schwankte hin und her, so zitterten seine Hände, er faßte es straff.
    »Ich mein' immer,« sagte die Mutter mit verklärtem Antlitz, »es sei Alles nur ein Traum gewesen. O das wär' doch prächtig, wenn unser Haus noch stünde und Alles wär' nicht wahr.«
    »Weibergeschwätz, es ist Alles wahr, still!« sagte Diethelm zornig; die Kälte, die er immer innerlich spürte, fast wie einen gefrornen Punkt, so sehr er sich äußerlich erwärmte, rann ihm jetzt wieder durch Mark und Bein. Er hielt an und trank einen mächtigen Zug Heidelbeergeist. Die Musik kam immer näher. Man sah jetzt einen großen Trupp Reiter und Einer ritt im Galopp vorauf nach Diethelm zu, kehrte aber bald wieder um und ordnete die Zurückgebliebenen hüben und drüben an der Straße zu Spalier.
    Was sollte das sein? Sollte Diethelm wieder gefangen genommen werden? Aber wozu war dann die Musik? Die Rappen, von den Klängen erweckt, hoben die Köpfe hoch und rannten wiehernd davon.
    Fränz hatte das beste weitsichtige Auge, sie erkannte bald den Vetter Waldhornwirth, der nun ein wirklicher Trompeter war; auch andere Buchenberger erkannte sie und Diethelm übergoß es wieder abwechselnd flammend heiß und schauerlich kalt.
    Dort, genau an der Stelle, wo im Sommer die Deichsel gebrochen war, dort scholl Diethelm ein Trompetentusch und hundertstimmiges Hoch entgegen. Alles was in Buchenberg beritten war und eine große Anzahl von Unterthailfingen, die sich dazu gesellt hatten, hielt Diethelm einen feierlichen sogenannten Gegenritt und holte ihn im Triumphe ein. Diethelm fand nicht Worte seiner Empfindung Luft zu machen; es bedurfte dessen aber auch nicht, denn unter beständigem Hochrufen und Trompetenblasen und Peitschenknallen setzte sich der Zug alsbald in Bewegung. Die Mutter weinte und Fränz sah mit frohlockenden Augen drein, während Diethelm mit besonderer Sorgfalt die Rappen lenkte; es war sein einziges Denken, daß in dem Wirrwarr kein Unglück geschehe, das alle Freude in Leid verkehre.
    Wie war Diethelm so plötzlich verändert; er, der noch vor wenigen Stunden bittern Groll und Haß gegen seine Mitbürger in sich erweckt hatte.
    In Unterthailfingen standen alle Leute am Fenster und auf den Straßen und grüßten. An der Gemarkung von Buchenberg hielt neben einem Schlitten der Gemeinderath und Bürgerausschuß und begrüßte Diethelm.
    »Wo ist der Schultheiß?« fragte Diethelm. Der Obmann des Bürgerausschusses erwiderte, daß der Schultheiß schon vor vier Wochen gestorben sei.
    Der Gemeinderathsschlitten fuhr hinter dem Diethelms drein. An der Anhöhe, wo einst Diethelms Haus gestanden und jetzt nur noch verschneite Trümmer sich zeigten, bogen die Rappen plötzlich um und Diethelm wurde an den straffen Zügeln fast vom Schlitten gerissen, aber der Vetter hatte dieß wohl vorausgesehen; er war zur Seite der Rappen geritten und drängte sie auf den Dorfweg.
    Nun erst im Dorfe ging das Hochrufen von Neuem an, die Kinder schrieen mit und die Weiber schlugen vor Freude weinend die Hände zusammen. Am Hause des alten Schäferle wurde plötzlich der Schlitten Diethelms gestellt, der Paßauf war wie wüthend an die Köpfe der Pferde hinaufgesprungen und ließ sie nicht vom Platze, bis ihm ein Reiter mit der Peitsche Eines

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