Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
Vom Netzwerk:
gegen das herrische Wesen Xaveri's gab sich im ganzen Dorf kund, er hieß jetzt nur immer »der Viereckig« und mußte das mit guter Miene geschehen lassen, denn er konnte doch nicht immer dreinschlagen. Des Pflugwirths Lisabeth vor Allen entzog sich ihm, sie sah jetzt auf Einmal, daß Xaveri auch gegen sie roh und gewaltthätig gewesen war; er hatte sie behandelt, als müsse man ihm ohne Frage gehorchen und indem sie sich von solcher Unterthänigkeit frei machte, machte sie sich auch von Xaveri selbst ganz frei. Das geschah besonders, seitdem des Lenzbauern Philipp von Deimerstetten ungehindert im Dorfe aus- und einging; denn der Schultheiß hatte Xaveri gedroht, sobald dem fremden Burschen im Dorfe irgend eine Unbill widerfahre, würde er ohne Untersuchung Xaveri dafür in Strafe ziehen, und dieser mußte nun fast selber der Wächter seines Nebenbuhlers sein. Bald wurde Lisabeth Braut mit des Lenzbauern Philipp und Xaveri that, als ob ihm das sehr gleichgültig sei; er besuchte nach wie vor das Haus des Pflugwirthes und als Elisabeth in Deimerstetten Hochzeit machte, ritt er auf seinem wohlbekannten Apfelschimmel dem geschmückten Brautwagen voraus, und an dem schönen breiten Hute, den er sich allerdings ausdrücklich hatte bestellen müssen, flatterten helle Bänder.
    Xaveri schien froh, daß er Soldat werden mußte, und an der Fastnacht, bevor er nach der Garnison abging, vollführte er noch einen lustigen Streich, der ihm lange anhaltenden Nachruhm zuzog.
    Das Zuckermännle hatte sich bald zu trösten gewußt, und sich ein armes, aber schönes Mädchen aus Deimerstetten zur Frau geholt. Als nun zu Fastnacht die Burschen auf einem Wagen durch's Dorf zogen und die sogenannte »Altweibermühle« darstellten, erschien Xaveri als die verstorbene Zuckerin und wußte ihr Wesen und ihre ganze Art so täuschend nachzuahmen, daß Alles im Dorf darüber jauchzte; und als er unter gewaltigem Schreien in die Mühle geworfen wurde, erschien er auf der andern Seite wiederum als die junge Zuckerin. Selbst vor dem Hause des Verspotteten führten sie das Possenspiel auf und die junge Frau sah vergnüglich dazu lachend aus dem Fenster; das Zuckermännle aber ließ sich nicht sehen. Am Aschermittwoch Morgen hatte Xaveri die Keckheit, sich ein Päckchen Tabak bei der Zuckerin zu holen, diese aber schien gar nicht böse gelaunt, sie war unter Lachen äußerst zuthunlich gegen Xaveri und in einem Anfluge von Tugend und Mißgunst sagte dieser zuletzt: »Laß dich nur nicht mit den hiesigen Burschen ein, dann hast du, wenn dein Alter abkratzt', die Wahl unter Allen.«
    Wenige Tage darauf mußte Xaveri in die Garnison und am Morgen vor der Abreise übergab ihm seine Mutter mehrere Päckchen Tabak, die er bei der Zuckerin eingekauft und die diese überbracht hatte. Xaveri hatte nichts gekauft, er nahm aber das seltsame Geschenk doch wohlgemuth mit.
    Es gibt Auffälligkeiten und Bezeichnungen für dieselben, die sich auf wundersame Weise überallhin verbreiten. Als Xaveri zu seinem Regimente eingetheilt war, erfuhr er von allen seinen Kameraden den alten Schimpf auf's neue. Der Feldwebel fluchte und wetterte, daß auch dem Beherzten flau zu Muthe wurde; er hatte nach und nach fast sämmtliche Helme auf Xaveri's Haupt probirt, aber keiner paßte. Er drückte ihm die Helme auf den Kopf, das Lederwerk und die Spangen knarrten, aber doch war keiner passend. Endlich sagte er halb fluchend und halb scherzend: »Kerl, du hast ja einen viereckigen Kopf und größer als eine Bombe.« Nun hatte der Xaveri auch in der Kaserne sein gebranntes Leiden, aber er hatte seinen Stolz darauf, daß man ihm eigens einen Helm bestellen mußte, und bei der ersten Visitation des Obersten war er Gegenstand allgemeiner Betrachtung, wobei er nur in sich hineinlachte, denn nach außen lachen durfte man als Soldat nicht mehr im Angesichte der Vorgesetzten.
    Ganz gegen alles Vermuthen fühlte sich Xaveri im Soldatenleben wohl; diese strenge, unwandelbare Ordnung, diese unbeugsamen Gesetze übten eine große Macht auf den Burschen aus, der nie die Herrschaft eines fremden Willens gekannt hatte. Dazu kam, daß für Xaveri sich bald eine neue Lustbarkeit aufthat; er war Schütze und nicht lange darauf Signalist geworden.
    Draußen am Waldesrand sich auf dem Horne einzuüben, das war ihm eine Lust, und Xaveri's Signale übertönten alle; man mußte ihn nur zwingen, sie nicht zu übermächtig ertönen zu lassen.
    Schon im ersten Jahre seines Soldatenlebens erfuhr Xaveri den

Weitere Kostenlose Bücher