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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Ihrigen an der Seite einer solchen Frau und in solch einem Hauswesen wußte. Xaveri hatte bei diesen Worten aufgeschaut und aus seinem Blicke sprach's, daß er an sich und seinen Gedanken zweifelte. War denn eine Heirath mit der Zuckerin in der That ein solches Glück? Fast aber hätte das übertriebene Lobpreisen der Mutter Alles zerstört, wenn nicht der Schultheiß mit bedachtsamer Ruhe Jegliches in gehörigen Betracht gezogen hätte, so daß auch endlich Trudpert nickte. Zuletzt stieg es wie ein Leuchten im Antlitze Xaveri's auf, als der Schultheiß darlegte, Xaveri verstünde ja jetzt das Geschäft der Auswanderungsbeförderung so gut wie der Pflugwirth und er könne, wenn er die Zuckerin heirathe, mit seinem freien Vermögen die Sache so in die Hand nehmen, daß er dem Pflugwirth das Handwerk lege. Das schien bei Xaveri einen gewaltigen Eindruck zu machen, aber er schwieg noch immer bis endlich Trudpert die Hand auf die Schulter des Bruders legend sagte: »So red' doch auch, wir wollen dich nicht zwingen.«
    »Nein, wir wollen ihn zwingen, ich geb' dir keine Hand, ich red' kein Wort mit dir, ich weiß nicht, was ich thue. Dein Vater unter'm Boden wird mir's nicht verzeihen, daß ich ihm verhehlt habe, wie du als Kind mit dem Schreiner Jochem hast davongehen wollen. Er hätt' einen Eid geschworen, daß er dich verflucht, wenn du je fortgehst. Soll ich jetzt das für ihn thun? Soll ich? Ich muß. Ich hab' dich mein Lebtag nicht zwingen können, von kleinauf nicht, jetzt thu' ich's nicht anders, ich zwing' dich: jetzt zwing' ich dich, es geschieht zu deinem Heil, folg mir nur das Einemal. Eine Mutter weiß am besten, was ihrem Kinde gut ist, ich hab' dich unterm Herzen getragen, ich kenn' dich doch am besten, ich weiß deine Gedanken, du folgst mir, ich bin deine Mutter, du thust's deiner Mutter zulieb und du thust's gern und es wird dein Glück sein in dieser Welt und in jener.« So rief die Mutter mit beredtem Mund und hielt zwischen ihren beiden Händen die Hand Xaveri's, der wie erwachend lächelte, aber noch immer nicht redete.
    »So sag' doch ein Wort,« drängte endlich der Schultheiß und Xaveri platzte heraus: »Ich habe meine Entlassung, ich hab' meinen Ueberfahrtsvertrag, ich kann nicht mehr daheimbleiben.«
    »Hast dein Ueberfahrtsgeld schon bezahlt?« fragte Trudpert zuerst.
    »Ja, auf den Kreuzer,« erwiderte Xaveri.
    Vor Allem wendete sich nun das Denken des Schultheißen und Trudperts darauf, wie man das Geld von dem Pflugwirth wieder heraus bekäme. Xaveri redete nichts darein und die Mutter, welche die Hand ihres jüngsten Sohnes nicht mehr losließ, sagte:
    »Das hat nichts zu sagen und wenn's auch verloren ist; besser als ein Kind verloren.«
    »Das verstehen die Weiber nicht, man kann kein Geld 'nausschmeißen,« riefen Trudpert und der Schultheiß wie aus Einem Munde, der Letztere aber fügte noch hinzu: »Ich will's schon machen, ich will schon ein gut Theil wieder von ihm herauskriegen, er hat mich auch oft nöthig; aber es ist jetzt verteufelt, Xaveri! Hättest du mir nur gefolgt und dein Heimathsrecht nicht aufgegeben, jetzt mußt du dich beim Blitz wieder in die Gemeinde aufnehmen lassen; nun, sie können dir's nicht verweigern, aber die ganze Hetzerei und das Gethue wäre nicht nöthig gewesen.«
    »Wenn ich auch bleiben möcht',« sagte Xaveri endlich, »Euch zulieb Mutter und auch Euch, Vetter Schultheiß, und auch wegen deiner Trudpert, wenn ich auch möcht', ich kann nicht, ich hab's den Anderen versprochen mitzugehen, und kurzum, ich laß mich nicht anbinden, ich bin nicht der, der dasteht, wo man ihn hinstellt.«
    Nun erklärte der Schultheiß in Hohn und Zorn, daß in der Welt Jeder für sich selber zu sorgen habe und Xaveri solle nur einmal die Briefe von den Leuten aus Amerika lesen, da sei's erst recht so, da halte man zusammen, so lange man Vortheil davon habe und keine Minute länger, und man könne Niemand versprechen, daß man sich selber vor sein Glück stehen wolle.
    Xaveri sah bei dieser Darlegung dem Schultheiß steif in's Gesicht und der Schultheiß konnte nicht ahnen, wie sehr es traf, als er noch hinzusetzte, in Amerika gelte des Lachenbauern Xaveri nicht mehr als jeder andere hergelaufene Knecht. Das war ja ganz dasselbe, was er an jenem Abend, als er von der Zuckerin wegging, schmerzlich gedacht hatte.
    »Ich muß doch fort und ich geh' auch,« sagte er abermals mit halber Stimme und heftete den Blick auf die blaue Kiste. Es schien ihn jetzt nur noch der Gedanke

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