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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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von anderen Feldern erwidert wurde. Traudle erhob sich auch und sagte: »Duss (draußen) ist's, hat seller (jener) Pfarrer gesagt, und hat das Amen vergessen.« Alles lachte und nun ging es rückwärts, und so oft man an das Ende eines Jauns kam, ging das Schneiden viel schneller, weil Alles zusammenrückt, und es wurde gearbeitet als würde geraubt, und das Sprechen der Genossen, die durch keine Scheidewand getrennt waren, nahm einen frischen Anlauf, bis es allmählig wieder verstummte und man nichts hörte, als das Schneiden der Sichel, und manchmal einen Seufzer über Rückenweh.
    Man spottete einmal über Erdmuthe, die die Stoppeln höher stehen ließ als die Anderen, sie aber sagte:
    »Wenn man dem Acker die Halme nicht zu kurz nimmt, dann ist er halb gefüttert und trägt das Nächstemal um so besser.«
    Dieses Wort vernahm der ungehört herbeigekommene Gottfried und sah bitter drein. Deutete er dies vielleicht als Anwendung auf seine Genauigkeit?
    Man setzte sich zum Morgenimbiß, den eine Magd herbeigebracht hatte. Traudle konnte sich nicht enthalten, über das schlechtgebackene Brod die spöttische Bemerkung zu machen:
    »Es giebt verschimmelte Bauern, die verderben die Gottesgabe und lassen schlechtes Brod backen, damit es Einem wie ein Kieselstein im Magen liegt.«
    Alles schwieg, aber Erdmuthe schnitt sich ein gutes Stück ab und sagte dabei halb singend:
     
    »Laible, du mußt Rübele heißen,
    Rübele, du mußt gessen sein.«
     
    Gottfried betrachtete genau die Spalten an den Aehren des benachbarten Kornackers, denn es gilt als alte Regel: je mehr Spalten da wo der Strohhalm beginnt, taub sind, um so theurer wird das Korn. Er nickte zufrieden.
    Ein Storch flog über die Schnitter weg, und sich zurücklegend und in den Himmel schauend sagte Erdmuthe:
    »Ich möcht' nur wissen, wie der Vogel da oben auf uns 'runterguckt, wie sich da Alles tummelt; es muß ihm doch sein, wie wenn wir in einen Ameisenhaufen schauen.«
    Gottfried ging brummend davon, er kam wenig auf's Feld, er hatte meist mit seinen Amtsgeschäften zu thun und überließ Bläsi gern die Meisterschaft, und die jungen Leute waren doppelt lustig, wenn er wegging.
    Am Mittag kam der wohlausgerüstete Korb. Man saß am Raine, die Sonne im Rücken, und Erdmuthe mußte allzeit den Obstmost in den zinnernen Becher einschenken, der von Hand zu Hand ging.
    Man kam den ganzen Tag nicht in's Dorf und schnitt unaufhörlich, bis der Abendtau auf die Felder sank und nur noch der Goldammer von den Obstbäumen pfiff, und die Staare in Haufen aufflogen. Der Vollmond kam mit röthlichem Scheine hinter den Bergen hervor und im Heimgehen sagte Erdmuthe:
    »Mir ist's immer wunderig, daß man gar nichts davon hört, wenn der Mond kommt, daß er auf Einmal so still da ist.«
    Es lebte ein eigener regsamer Geist in dem Mädchen und Bläsi pries im Stillen doppelt sein Geschick, daß es ihm so wunderbar wiedergegeben war.
    Tag um Tag verging und die Heiterkeit blieb sich gleich wie das ständige Wetter. Am Abend hörte man im Dorfe nichts als Futterschneiden und Dengeln. Erdmuthe half das Vieh versorgen, auf das man jetzt doppelt Acht haben mußte, und war ebenso behend in der Küche und in der Stube. Gottfried betrachtete sie oft mit freundlichem Blick und einmal sagte er ihr sogar:
    »Wenn mein Bläsi geheirathet hat, kannst du als Magd bei uns bleiben. Du bist anstellig.«
    Erdmuthe antwortete nichts.
    Zum Garbeneinführen kam Gottfried immer in's Feld, und die Sammelten betrachtend schätzte er immer richtig, wie viel Garben es gebe, damit man wisse, wie viel Wagen man nehmen solle und keine Zeit verliere.
    Die Mädchen sammelten den Männern die Aehren in die Wieden, Erdmuthe hatte immer das beste Augenmaß, sie durfte nie etwas ab- oder zuthun, und ihre Garben lagen immer wie nach der Schnur gemessen in gradlinigen Gassen. Erdmuthe sah schön aus, wenn sie das Korn in ihren beiden Armen hoch hielt und die Aehren über ihrem Haupte wallten, ihr Kopf war allzeit verhüllt, sie war nur mit dem rothen Leibrocke bekleidet, und von den Hüften bis zum Hals geschlossen, bedeckte das Hemd die anmuthigsten Formen, die sich beim Heben und Beugen leicht und frei ausprägten. Das bemerkte sogar der alte Gottfried. Trotz seiner vorgerückten Jahre hob Gottfried mit Leichtigkeit die Garben auf den Wagen, nur beim Einstemmen und Aufheben sah man ihm eine Mühe an; hatte er die Garbe hoch, so trug er sie leicht, wenn aber Bläsi die Garben aufnahm, war es als ob sie sich

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