Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)
noch nicht bestimmt worden.«
Die junge Frau nickte. »Konstantin, Crispus und, wie ich hörte, auch ihr Vater sind glühende Verehrer von diesem römischen König. Und die nahmen das mit den Titeln verdammt ernst.«
»Waren noch mehr dabei?«
»Konstantin, Crispus und Thomas waren am längsten dabei. Dann gab’s da noch den Rudolf Schauf, der war Prokonsul 27 .«
»Entschuldige bitte, hat der Rudolf etwas mit dem Metzgermeister Hans Schauf zu tun?«
»Klar. Das ist sein jüngster Sohn. Und Heinrich von Buschfeld und Peter Kirn waren die Präfekten 28 . Eigentlich sind die beiden nur die Laufburschen der anderen. Die beiden sitzen übrigens dort hinten an der Wand.«
Elise deutete mit dem Kopf in die Richtung. Nikolaus machte einen Schritt zur Tür und lugte vorsichtig hinaus. Er sah nur die Hinterköpfe der beiden. Sie hatten sich über den Tisch gebeugt und tuschelten miteinander.
»Bitte nicht so auffällig«, bat Elise. »Die müssen nicht wissen, dass wir von ihnen reden. Sonst werden sie nachher wieder unangenehm.«
Welch ein Zufall. So wie die vier Väter einträchtig im Rat zusammenhockten und Geschäfte machten, hatten sich auch ihre Söhne gefunden und übten schon einmal für später. Ob die beiden dort drüben wussten, wo sich Konstantin und Crispus aufhielten? Aller Wahrscheinlichkeit nach ja. Aber würden sie es Nikolaus verraten wollen? Das war nicht zu erwarten. Schon aus den Vätern hatte er so gut wie keine Information herausbekommen.
Plötzlich erschien der Wirt in der Tür. »Lise!«, schnauzte er sofort los. »Wenn du dich nicht gleich bewegst, gibt’s was hinter die Ohren. Wozu bezahl’ ich dich denn?«
Doch Elise konnte im gleichen schnoddrigen Ton antworten: »Lass mich in Ruh’! Die Kerle können ruhig noch warten. Die kommen noch früh genug zu ihrem Recht. Ich bin gleich da.«
Nikolaus musste sich beeilen. »Also waren Konstantin und seine Busenfreunde nicht besonders gut auf den Meister Herrmann Albrecht zu sprechen. Kannten die sich denn näher?«
»Die haben ab und zu miteinander gequatscht und zusammen getrunken. Na ja, jedenfalls bevor Herrmann die Helena bekam.«
»Waren sie befreundet?«
Elise lachte und schüttelte ihren Kopf so heftig, dass ihr ein paar lose Strähnen ins Gesicht flogen. »Niemals! Ich glaube eher, der Herrmann wollte sie aushorchen! Ich traute ihm nicht über den Weg. Er tat immer so klug und erzählte, was er in der Stadt alles besser machen würde. Aber es war genau der Kram, den Konstantin gerne hören wollte.«
»Hast du Konstantin das gesagt?«
»Klar. Aber er wollte das nicht wahrhaben. Er meinte, er sei so ’nem einfachen Zimmermann haushoch überlegen. So einer könnte ihn niemals hereinlegen.«
Wirklich? Wie Gesine sagte, war Herrmann Albrecht doch ständig in Geldnot. Am liebsten verdiente er sein Geld mit so wenig Arbeit wie möglich. Hatte er es geschafft, die Gemeinschaft der Ratsherrensöhne hereinzulegen? Die Frage war nur: womit? Hatte er mit seinem Wissen daraufhin Theodor Junk zwingen können, ihm Helena zu geben? Und als die Freunde herausgefunden hatten, durch wen und wie sie betrogen worden waren, hatten sie kurzen Prozess gemacht und den Zimmermannsmeister vom Turm gestoßen. Zur Tarnung wurde dann eine Geschäftsreise vorgetäuscht.
»Gibt es noch andere, die etwas über den Verbleib von Konstantin und Crispus sagen könnten?«, wollte Nikolaus wissen.
»Wenn es die gäbe, hätte ich die schon längst gefragt. Das kannste mir glauben. Die sechs haben meist für sich allein gesessen. Alle anderen sahen in ihnen die Söhne von Schöffen und Zunftmeistern. Kein normaler Mensch wollte mit denen was zu tun haben.«
»Gab es wegen der Standesunterschiede denn schon einmal Streit?«
»Die Jungs halten zusammen. Da traut sich kein anderer, sich mit ihnen anzulegen.«
»Also gab es nie Krach?«
Elise grinste verschlagen. »Nur wer sie nicht kennt. Aber wer sich sein erstes blaues Auge eingefangen hat, wird sie nie wieder unterschätzen.«
»Und es blieb nur bei einem blauen Auge?«
Die Blondine schaute sich kurz um und kam dann näher, sodass Nikolaus einen hervorragenden Einblick in ihr offenes Kleid bekam. »Der Mann tat mir zuerst leid. Aber im Grunde genommen hat er sich einfach zu dämlich benommen. Statt sich mit den paar Backpfeifen zufriedenzugeben, versuchte er, sich beim alten Junk zu beschweren. Wie kann man nur so blöde sein?« Dabei schlug sie sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Also fing er sich
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