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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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das Büro verlassen, als das Telefon auf seinem Schreibtisch schnarrte.
    »Landeskriminalamt. Große Jäger«, meldete sich der Oberkommissar.
    »Claus. Frankfurt. Ich habe Ihre Telefonnummer von einem Kollegen einer Kieler Bank, den ich von Seminaren kenne«, sagte eine Stimme mit unverkennbar hessischem Klang. »Sie wollten etwas zur aktuellen Entwicklung der Finanzmärkte wissen?«
    »Ich nicht«, antwortete Große Jäger, »sondern der Sonderbeauftragte der Landesregierung, Herr Dr. Lüders.«
    »Sonderbeauftragte?«, fragte Claus nach einer kurzen Andachtspause.
    »Ja«, plauderte Große Jäger munter weiter. »Er ist sozusagen die rechte Hand vom Ministerpräsidenten. Dr. Lüders ist gerade in einer wichtigen Konferenz.«
    »Wie lange wird das Meeting dauern?«, fragte der Frankfurter.
    »Bei uns heißt es nicht Meeting«, belehrte ihn Große Jäger, »sondern Konferenz. Meeting kommt von Treffen. Wir treffen uns nicht nur, sondern erarbeiten auch Ergebnisse in unseren Konferenzen.«
    Große Jäger vermeinte ein leichtes Aufstöhnen am anderen Ende der Leitung zu hören.
    »Er möchte mich bitte zurückrufen«, sagte Herr Claus und nannte eine Frankfurter Durchwahl.
    Nach einer Viertelstunde kam Lüder zurück und balancierte zwei frische Kaffeebecher.
    »Das war aber eine ebenso kurze wie ergiebige Sitzung«, begrüßte ihn Große Jäger.
    Lüder blieb mitten im Raum stehen.
    »Ergiebig?«
    Erst als ihm Große Jäger von dem Telefonat mit dem Frankfurter berichtete, verstand Lüder, dass die doppeldeutige Bemerkung sich nicht auf Lüders Ausflug in die gekachelten Räume bezog.
    Lüder rief in Frankfurt an.
    »Ich würde von Ihnen gern eine Erklärung über die derzeitigen Bewegungen auf den Finanzmärkten erhalten«, bat er Herrn Claus.
    »Sie haben doch sicher Experten mit fundiertem Wissen in Kiel«, entgegnete Claus.
    »Die gemeinsam mit Hamburg betriebene Bank ist derzeit nicht die erste Adresse«, sagte Lüder. »Und am Finanzplatz Frankfurt hat man das Ohr sicher ein wenig näher am Geschehen.«
    Herr Claus stimmte zu, und sie verabredeten sich für den kommenden Tag.
    »Kommen Sie allein oder bringen Sie Ihren Stab mit?«, schloss der Frankfurter das Gespräch.
    »Ich komme allein«, erwiderte Lüder und sah über den Telefonhörer Große Jäger an, der sich ganz klein zu machen bemühte.
    »Wir wissen jetzt ein wenig mehr über die Zellengenossen, mit denen Frosinn in Neumünster Freundschaft geschlossen hatte. Na ja, Freundschaft. Also. Zu denen er engeren Kontakt unterhielt. Die drei haben offenbar den Flügel, in dem sie einsaßen, dominiert. Ercan Türkmen hat sich schon als Jugendlicher durch Diebstähle und Schlägereien ausgezeichnet. Er war an mehreren Überfällen beteiligt, unter anderem auf Lebensmittelgeschäfte und Spielhallen. Zuletzt hat er eine Strafe abgesessen, weil er einem Kontrahenten ein Messer in den Magen gestochen hat. Es ging offenbar um eine Meinungsverschiedenheit. Reinhold Raabe hat sich schon in der Schule dadurch unbeliebt gemacht, dass er seine Mitschüler abgezogen hat. Er hat auf dem Arbeitsplatz, er war als Helfer auf dem Bau beschäftigt, einen Kollegen vom Gerüst gestoßen. Fahren ohne Führerschein, Schlägereien und der zertrümmerte Schädel des Hauseigentümers, der Raabe bei einem Wohnungseinbruch überraschte, haben das Maß vollgemacht. Das hieß acht Jahre für ihn. Nach sechs wurde er vorzeitig entlassen.«
    »Warum ist er freigekommen?«, fragte Lüder.
    »Weil der Psychologe, der das Gutachten über ihn erstellte, von einer günstigen Sozialprognose ausging. Raabe hat in der Haftzeit seine Rauschgiftabhängigkeit therapieren lassen. Der Gutmensch von Psychologe meinte, es wäre wenig wahrscheinlich, dass Raabe noch einmal auf Raubzüge gehen würde.«
    »Recht hatte er«, sagte Lüder mit sarkastischem Unterton. »Die Bande hat ihre Opfer nie ausgeraubt. Ich werde mich mit dem Staatsanwalt in Verbindung setzen. Wir brauchen die Genehmigung, dass wir die Telefone überwachen dürfen. Wir müssen wissen, ob in letzter Zeit ungewöhnliche Geldbewegungen stattgefunden haben. Kreditkartenabrechnungen. Tankquittungen. Wir brauchen Bewegungsbilder. Das ganze Programm.«
    »Ich kümmere mich darum«, versprach Große Jäger.
    Lüder nahm einen Kugelschreiber zur Hand und zeigte damit auf den Oberkommissar, der sich auf der anderen Schreibtischseite häuslich eingerichtet hatte.
    »Wir müssen die Flensburger noch einmal darauf hinweisen, dass sie Frosinn in

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