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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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unbekannt. Es war ein deutliches Zeichen der Geringschätzung, die er den beiden Beamten entgegenbrachte. Lüder ging nicht drauf ein. »Polizei, sagten Sie? Ist die Angelegenheit so wichtig, dass Sie jetzt und hier vorstellig werden müssen? Ich werde mit meinem Kollegen, dem Innenminister, ernsthaft erörtern müssen, ob die Rechte verdienter Bürger so nachhaltig beeinträchtigt werden dürfen.« Es klang nicht nur wie eine Drohung – es war eine.
    Lüder steckte die Hand in die Hosentasche, nicht tief, sondern nur so weit, dass die Finger gerade eben verschwunden waren. Er stellte den linken Fuß leicht vor und wippte lässig in den Kniekehlen.
    »Sie sollten rationell vorgehen und sich bürokratische Zwischenschritte ersparen«, sagte er und lächelte dabei.
    Die Zornesadern des Ministers schwollen an. »Wissen Sie, mit wem Sie sprechen?«, fauchte der Mann.
    Lüder nickte. »Ich habe Ihnen nur den guten Rat gegeben, direkt mit Ihrem Chef zu sprechen. Der ist in unsere Ermittlungen eingeweiht.«
    Dadurch, dass er vom »Chef« und nicht vom »Ministerpräsidenten« sprach, hatte er den Minister in Gegenwart der anderen beleidigt. Dessen war sich Lüder bewusst. Er sah aber nicht ein, dass er und Große Jäger sich wie ein paar dumme Jungs behandeln und abkanzeln lassen mussten.
    »Ich habe mir Ihren Namen gemerkt, Herr Lüders«, fauchte der Minister. »Und nun missbrauchen Sie nicht länger das großzügige Entgegenkommen unseres Gastgebers.«
    Lüder legte die Fingerspitzen an die Unterlippe. »Ich habe es richtig verstanden, dass Sie«, dabei zeigte er auf den Minister, »Sie und Sie«, seine Hand wanderte weiter zu Herwig Graf von Søndervig-Gravenstein und dessen Frau, »und Mogens Aasgaard sich nicht nur oberflächlich kennen, sondern sogar gemeinsam feiern.« Es war ein weiterer Affront, dass Lüder Paul Kleeberg unerwähnt ließ, als würde der Anwalt nicht dazugehören. »Interessant«, stellte Lüder fest und registrierte, dass sich Ratlosigkeit auf den Gesichtern der Angesprochenen abzeichnete. Niemand gab sich die Blöße, die Anspielung zu hinterfragen. Lüder war sich aber sicher, dass man Aasgaard heute Abend meiden würde, vielleicht sogar so lange, bis man sich im Klaren darüber war, weshalb die Polizei nach Verbindungen zu diesem Mann fragte.
    Lüder war zufrieden. Der Samen der Zwietracht in dieser so selbstgefälligen Gesellschaft war gesät.
    »Graf Herwig von Søndervig-Gravenstein würde sich jetzt gern wieder seinen Gästen widmen. Ich glaube, Sie haben seine Zeit über Gebühr in Anspruch genommen«, sagte der Minister. Seine Stimme klang um eine Nuance weniger aggressiv als vorher.
    »Herwig Graf von Søndervig-Gravenstein«, korrigierte ihn Lüder.
    Der Minister sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an.
    »So wie Sie es formuliert haben, klingt es wie ein Adelstitel. Meine Reihenfolge ist korrekt. ›Graf‹ ist ein Bestandteil des Namens und muss deshalb nach dem Vornamen genannt werden.«
    Der Minister zog die Mundwinkel in die Höhe und ließ ein leises Schnauben vernehmen.
    »Es gibt gewisse gesellschaftliche Übungen, Gebote der Höflichkeit. Das sollte auch für Beamte gelten«, maßregelte ihn der Minister, warf noch einen abschätzigen Blick auf Große Jäger, hakte sich bei Sandra von Søndervig unter und sagte: »Kommen Sie, meine Liebe. Schenken wir den schönen Seiten des Lebens unsere Aufmerksamkeit.« Ohne die Beamten eines weiteren Blicks zu würdigen, drehte er sich um und verließ den Raum.
    »Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben«, wandte sich Lüder an den Hausherrn. »Ich möchte mich noch einmal für unser Eindringen entschuldigen.«
    Von Søndervig hob leicht seine Hand vom Knie. »Leben Sie wohl«, sagte er. »Das Personal wird Sie hinausbegleiten.« Dann ließ er sich von Paul Kleeberg im Rollstuhl hinausfahren.
    Der Sicherheitsmann musste hinter der Tür gewartet haben, sonst hätte er nicht so schnell bei ihnen sein können. Er geleitete Lüder und Große Jäger bis zu deren Fahrzeug und wartete so lange, bis der BMW das Grundstück verlassen hatte.
    »Der ist doch senil, der Alte. Wird er fremdgesteuert von der Bagage, die ihn umgibt?«, fragte Große Jäger.
    »Ist dir aufgefallen, dass Søndervig kaum gesprochen hat? Sein Gesicht zeigte überhaupt keine Regung.«
    »Sicher«, antwortete der Oberkommissar. »Der Rollstuhl … die schwachen Handbewegungen … keine erkennbare Mimik … Der hatte einen Schlaganfall.«
    »Das vermute ich

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