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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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auch. Nun fragt sich, ob er noch der Herr im eigenen Hause ist. Wenn ich an die Schlagzeile denke, die sich heute in der Boulevardpresse fand, dann könnte man vermuten, dass die Leute um ihn herum das Heft in die Hand genommen haben.«
    »Schön. Das klingt alles interessant. Aber … Wir sind nicht Reporter der Klatschpresse. Was hat das mit unserem Fall zu tun? Wir wissen jetzt, dass es eine Verbindung zwischen Aasgaard und dem Grafen gibt, und ein leibhaftiger Minister mischt in diesem Zirkel mit.« Große Jäger zögerte einen Moment. Dann schüttelte er entschieden den Kopf. »Wir gehen doch nicht davon aus, dass jemand einen Staatsstreich plant und man sich den Minister ins Boot geholt hat, sozusagen als Alibifunktion. Oder um an direkte Informationen vom Kabinettstisch zu gelangen. Das wäre ein Ding.«
    Lüder lachte. »Nun bremse deine Phantasien. Wir sind hier in Schleswig-Holstein, einem anerkannt armen Bundesland. Hier gibt es keine Bodenschätze, keine Industrie, dafür aber jede Menge Probleme. Nicht einmal Hamburg wollte uns im Rahmen eines gemeinsamen Nordstaates haben. Schleswig-Holstein kann nur mit ganz viel Natur und stiller Landschaft glänzen. Und mit seinen Menschen …«, schob Lüder hinterher.
    »Unter denen es ein paar gibt, die Unfassbares anrichten. Was macht es für einen Sinn, einen Polizisten zu töten? Ein Finanzamt anzuzünden?«
    »Diese Frage gilt es zu beantworten«, sagte Lüder.
    Große Jäger zeigte mit dem Daumen über die Schulter. »Das sind komische Leute, die dort eine Party feiern. Ich mag diese Typen nicht.« Er wühlte in den Taschen seiner Jeans und förderte ein Handy zutage. Es dauerte eine Weile, bis er sich mit der Funktion vertraut gemacht hatte. Nachdem die Verbindung hergestellt war, sagte er: »Polizei? Ja, ich wollte eine Schlägerei melden.« Er gab die Anschrift des Grafen Søndervig-Gravenstein durch. Dann legte er auf.
    »Was sollte das?«, fragte Lüder erstaunt.
    Der Oberkommissar grinste. »Jetzt bekommen die ein zweites Mal Besuch von der Polizei. Schade, dass ich nicht zuhören kann, wie die unseren uniformierten Kollegen klarmachen wollen, dass es dort auf der Party friedlich zugeht.«
    »Das ist kindisch«, stellte Lüder fest.
    »Lieber Kind als dekadent«, erwiderte Große Jäger. »Und falls Sie glauben, man kann mich über das Handy zurückverfolgen … Der Junkie, dem das gehört, kurt zur Zeit zur Entgiftung in der Fachklinik Breklum.«
    Den Rest der Heimfahrt verbrachten sie schweigend. Lüder war es angenehm, so konnte er sich innerlich darauf einstellen, dass Margit wenig Begeisterung über seine ganztätige Abwesenheit am Sonnabend zeigen würde. Noch negativer würde ihre Meinung zum neuerlichen Übernachtungsgast ausfallen, befürchtete Lüder.

VIER
    Lars Quede hatte einen schönen Abend verlebt. Er war mit Tina, seiner Ehefrau, bei Freunden im benachbarten Breklum gewesen, während seine Schwiegermutter die beiden Kinder eingehütet hatte. Jetzt schliefen alle. Es war ruhig in dem gemütlichen Einfamilienhaus in der Broder-Lorenz-Nissen-Straße. Insgesamt war es ruhig in Bredstedt, der kleinen Stadt im Herzen Nordfrieslands. Die meisten Bewohner schliefen jetzt, eine Stunde nach Mitternacht. Hier gab es keinen Lärm, keine Disco, keine randalierenden Kneipenbesucher oder Urlaubsgäste auf der Suche nach dem Nachtleben.
    Quede streckte sich wohlig aus. Er hatte den Pharisäer zur Begrüßung getrunken, sich im Laufe des Abends noch ein Bier gegönnt, dann aber abgewinkt, als ihn der Freund zu einem weiteren Bier animieren wollte.
    »Hans ist mit seiner Frau in Hamburg. Sie besuchen dort den ›König der Löwen‹.«
    »Mensch, Lars«, hatte Tina protestiert. »Warum hast du nichts gesagt? Da hätten wir doch mitfahren können. Ich wollte schon lange ins Musical.«
    »Geht nicht«, hatte Quede geantwortet. »Einer von uns muss doch hierbleiben.«
    »Warum denn? Du bist doch nicht unersetzlich.«
    Jetzt starrte Quede auf Tina, der die drei Gläser Rotwein geschmeckt hatten. Das war für sie ungewöhnlich. Zunächst hatte seine Frau aufgekratzt gewirkt, sich fröhlich an der Unterhaltung beteiligt, aber schon im Auto hatte Tina herzhaft gegähnt. Zu Hause war sie ins Bett gefallen, hatte die Decke über die Ohren gezogen und war eingeschlafen.
    Quede lächelte. Er legte das Buch zur Seite, in dem er noch ein paar Seiten gelesen hatte, wobei er den Text fast schon wieder vergessen hatte, und löschte das Licht, nachdem ihm mehrfach die

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