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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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erklärte der Sprecher.
    »Wer sind Sie überhaupt?«, fragte Große Jäger. »Ich möchte Ihre Papiere sehen.«
    »Nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich hier stehe. Sie haben kein Recht, mich nach meinem Pass zu fragen.«
    »Sie irren sich. Wenn ich davon ausgehe, dass Sie sich zu Unrecht hier aufhalten?«
    Der Mann trat einen Schritt auf Große Jäger zu. »Das ist typisch«, sagte er. »Ausländerhass.«
    Als hätte er ein Signalwort ausgesprochen, näherten sich die anderen unmerklich und bildeten, mit Ausnahme von Halils Vater, einen Ring um die beiden Polizisten.
    »Nun mal ruhig«, fuhr Lüder dazwischen. »Hier geht es nicht um Ihre Befindlichkeiten, sondern darum, dass wir unsere Aufgabe erfüllen.«
    »Das machen wir auch«, erwiderte sein Gegenüber. »Wenn Sie etwas von uns wollen, sprechen Sie uns an.«
    »Wollen Sie mir nicht endlich Ihren Namen nennen? Nach wem soll ich denn fragen? Dem selbst ernannten Bezirkshäuptling?«
    Lüder hatte Große Jäger nicht bremsen können. Wenn die Reaktion des Oberkommissars auch verständlich war, so hielt Lüder sie für der Situation nicht angemessen.
    In den Augen des Sprechers funkelte es böse.
    Große Jäger trat ganz dicht an den Mann heran, sodass sich die Nasenspitzen fast berührten. Mit einem Schauder dachte Lüder daran, dass der Sprecher jetzt Große Jägers schlechtem Atem ausgesetzt war, der Mischung aus Rauch, Kaffee und vielleicht auch noch Resten des Vorabends, an dem sich Große Jäger über Lüders Whiskybestände hergemacht hatte. Zum Glück hatte Margit die Rarität, einen aus einem nummerierten Fass abgefüllten Single Malt, den Lüders Vater seinem Sohn geschenkt hatte, rechtzeitig in Sicherheit bringen können.
    »Hier gelten unsere Bestimmungen und Gepflogenheiten. Ist das klar? Wir werden einen Teufel tun und Sie um Erlaubnis fragen, wie wir unsere Aufgabe verrichten. So. Und jetzt räumen Sie das Feld, bevor ich Sie zur Seite schaffe. Wenn Sie nicht augenblicklich Frieden geben, tue ich etwas sehr Menschenfreundliches. Sie dürfen die Nacht im Warmen verbringen. Bei uns, auf der Dienststelle.« Große Jäger spitzte den Mund und blies dem Mann ein paar Wassertropfen, die sich auf seinen Lippen angesammelt hatten, ins Gesicht.
    Das war im Kulturkreis des Sprechers eine schlimme Beleidigung, dachte Lüder. Doch der Mann verzog keine Miene.
    »Sie werden sich daran gewöhnen müssen, dass sich Ihre und unsere Kulturen miteinander vermischen. Hier gilt unsere. Akzeptieren Sie das«, sagte der Mann, und jetzt war deutlich die Drohung herauszuhören.
    »Ihnen obliegt nicht die Definition, wie eine Rechtsnorm zu interpretieren ist«, mischte sich Lüder ein.
    »Ich verspreche Ihnen, dass wir Ihnen das beibringen«, drohte Große Jäger seinerseits.
    »Sie werden von uns hören«, sagte Lüder und schob zwei Männer bestimmt, aber ohne Gewalt zur Seite, sodass sich eine Lücke auftat.
    Die beiden Polizisten konnten ungehindert den Durchgang passieren.
    »Es reicht«, hörten sie hinter sich die Stimme des Anführers.
    Lüder zuckte wie elektrisiert zusammen. Das waren genau die Worte, die unter den anonymen Bekennerschreiben standen. Er musste sich zusammennehmen, um sich nicht umzudrehen und den Mann zur Rede zu stellen. Gegen die Gruppe hatten die beiden Polizisten keine Chance. Und auch rechtlich gab es keine Handhabe gegen die Männer. Man hatte nichts weiter als einen verbalen Meinungsaustausch gepflegt, obwohl möglicherweise der Tatbestand der Nötigung erfüllt war, da man den Beamten zunächst den Durchgang versagt hatte.
    »Das lassen Sie sich gefallen?«, fragte Große Jäger, als sie auf dem Weg zum Auto waren. »Ich hätte den Knaben mitgenommen.«
    »Mit welcher Begründung? Was glaubst du, welchen Aufruhr das in diesem Stadtbezirk verursacht hätte? Der Mann scheint eine lokale Größe zu sein und über Einfluss zu verfügen. Wenn wir jetzt hart durchgegriffen hätten, wäre das als Übergriff der Polizei ausgelegt worden. Das hätte eine Antistimmung gefördert, die sich im schlimmsten Fall bis auf die Schulhöfe ausgewirkt hätte. Und? Wie hätten wir denn dein Vorhaben durchsetzen wollen?«
    »Das kann doch nicht sein, dass die Polizei vor solchen Leuten zurückweicht«, empörte sich Große Jäger.
    »Machen wir auch nicht«, versuchte ihn Lüder zu beruhigen. »Wir lösen das Problem mit Intelligenz. Wir werden herausbekommen, wie der Mann heißt, ihn durchleuchten und sehen, ob wir irgendetwas finden. Wir spielen Schach, und auch

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