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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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debattierten.
    »Eh, was wollen die hier?«, stieß einer seinen Nachbarn an, als die Polizisten auftauchten.
    »Die Greise haben sich verlaufen«, erwiderte sein Kumpan und zog die Lacher auf seine Seite.
    Bevor ein weiterer seinen launigen Kommentar abgegeben konnte, meldete sich ein Junge aus dem Hintergrund. »Lass, Yasin, das sind Bullen. Die sind ganz cool.«
    »Hör doch auf, Alter. Welcher Bulle ist das schon. Die sind doch alle uncool.« Der Sprecher schluckte einen weiteren Kommentar herunter, als er sah, wie Fikrim auf Große Jäger zuging und dem Oberkommissar seine offene Handfläche hinhielt, die Große Jäger abklatschte. Das Gleiche wiederholte er bei Lüder. Es war der Jugendliche, der am Vortag auf Lüders BMW geachtet hatte.
    Der Oberkommissar angelte nach seiner Zigarettenschachtel und reichte sie einmal herum. Sofort schien sich Zustimmung bei den jungen Leuten breitzumachen.
    »Mensch, der Aso ist ja wirklich cool«, sagte der Jugendliche, der sich als Sprecher vorgetan und sie zuvor als Bullen tituliert hatte.
    »Aso?«, fragte Lüder leise.
    Fikrim lachte. »Asoziale«, erklärte er. »So heißen solche Figuren, die nicht von hier sind.«
    »Was wollt ihr hier?« Der »Sprecher« blieb misstrauisch. Er schien innerhalb der Gruppe eine herausragende Rolle einzunehmen. Auch Fikrim schien bewusst zu werden, dass die beiden Polizisten bei diesem Wetter nicht zu ihrem Vergnügen im Viertel promenierten.
    »Wir suchen Halil«, sagte Große Jäger und versuchte, es beiläufig klingen zu lassen.
    Lüder entging nicht, dass die Jugendlichen rasch Blicke untereinander wechselten.
    »Kennen wir nicht«, sagte der Sprecher.
    »Ein klasse Fußballer«, warf ein anderer ein und schob hinterher »Halil Altintop. Da müsst ihr nach Frankfurt fahren. Der spielt bei der Eintracht.« Um das zu unterstreichen, kickte der junge Mann einen imaginären Ball weg.
    »Ihr seid zu clever, um Halil nicht zu kennen«, sagte Große Jäger und sah Fikrim an.
    »Mann, hier heißt jeder Zweite so«, antwortete der und wich dem Blick des Oberkommissars aus, indem er angestrengt auf die Glut seiner Zigarette starrte.
    »So viele Halils können gar nicht in dem Haus wohnen, vor dem wir Freundschaft geschlossen haben«, erwiderte Große Jäger.
    »Mensch, du hast Freundschaft mit dem Scheißbullen geschlossen?«, fragte der Sprecher.
    »Scheiße. Nein«, beeilte sich Fikrim zu versichern, um dann aber diplomatisch zu fragen: »Was wollt ihr denn von Halil?«
    Immerhin, dachte Lüder, hatte er aufgehört, die Existenz von Halil zu leugnen.
    »Euer Kumpel hat ein Video, für das wir uns interessieren.«
    Fikrim sah schnell zum »Sprecher«, der die Antwort übernahm. »Geiles Ding. Ich meine das, wo der Typ vor die Eisenbahn klatscht.
    Wumm. Das muss ein satter Sound gewesen sein. Das ist ein sauguter Snuff.«
    Lüder hatte Mühe, sich zurückzuhalten. Er musste an den langen Todeskampf von Jörg Asmussen denken, aber auch an dessen Hinterbliebene. Der Jugendliche sah es als »Snuff-Video« an, eine Bezeichnung, die aus dem Englischen abgeleitet wurde und »jemanden auslöschen« bedeutete. Wenn er jetzt aber einen Kommentar abgab, würden die jungen Leute mauern. Lüder sah Große Jäger an, in dessen Gesicht die Kaumuskeln bedenklich zuckten, aber auch der Oberkommissar beherrschte sich. Er musste ähnliche Gedanken verfolgen wie Lüder.
    Als die beiden Polizisten den hässlichen Kommentar unbeantwortet ließen, forderte Fikrim den Sprecher auf: »Los, raus das Dings, Yasin.«
    Der Angesprochene schien einen Augenblick zu zögern, bis er in seine Jackentasche griff und ein modernes Touchscreen-Handy hervorholte. Mit eingeübten Bewegungen rief er den Film auf. Als alle Anwesenden die Köpfe zusammengesteckt hatten, ließ er die Videosequenz ablaufen.
    »Echt cool, eh?«, sagte er, als sie die widerwärtige Szene noch einmal angesehen hatten. Lüder musterte die Gesichter der jungen Leute. Er bemerkte eher eine tiefe Betroffenheit. Bevor er oder Große Jäger etwas anmerken konnten, sagte Fikrim: »Scheiße.«
    »Wieso?«, fragte Yasin. »Eh, Mann. Hast du schon mal so was Geiles gesehen?«
    »Fiki hat recht«, mischte sich ein anderer ein. »Das ist keine Show.«
    Zustimmendes Gemurmel war zu hören, dem betretenes Schweigen folgte.
    »Irgendwer hat den Mann auf diese kaltblütige Weise ermordet. Den suchen wir«, nutzte Große Jäger die Situation.
    »Bist du bescheuert?«, ereiferte sich Yasin. »Halil hat doch nichts damit zu

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