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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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sich die Sekretärin des Leiters des Landeskriminalamts. »Viele Grüße vom Chef. Er ist leider in einer wichtigen Besprechung, sonst hätte er Sie selbst angerufen. Der Innenminister hat sich bei ihm gemeldet und gesagt, es sei wohl ein Missverständnis gewesen, was ihm sein Ministerkollege über Ihren Einsatz in Glücks bürg berichtet hat. Sie sollen das bitte vergessen.«
    Lüder schmunzelte. Seine Beschwerde beim Ministerpräsidenten war erfolgreich gewesen. Der hatte seinen bei Graf von Søndervig-Gravenstein so vorlaut auftretenden Minister in die Schranken verwiesen.
    »Informieren Sie auch Herrn Dr. Starke?«, fragte Lüder.
    Er glaubte, durch das Telefon Frau Möhlmanns stilles Schmunzeln zu hören.
    »Darauf können Sie sich verlassen«, sagte die Frau mit vergnüglicher Stimme. »Das erledigt der Chef persönlich.«
    Große Jäger rieb sich die Hände. »Prima«, sagte er.
    Lüder überquerte die Autobahn und wenig später die Bundesstraße, die als Umgehung Schleswigs diente und vor dem Bau der Autobahn als Europastraße die gesamte Last des Skandinavienverkehrs hatte tragen müssen.
    Kurz darauf hielten sie vor dem schäbigen Gebäude der Glaubensgemeinschaft, von der Lüder sich im Innersten weigerte, sie als »Kirche« zu bezeichnen. Vor dem Haus stand ein älterer Van japanischer Herkunft.
    »Hallo«, rief Lüder laut, als sie eintraten und niemand zu sehen war. Kurz darauf tauchte Hans-Jörg Berchelmann aus dem Raum auf, den er »Büro« genannt hatte. Berchelmann zog sich im Gehen einen abgewetzten Parka über.
    »Ich habe keine Zeit«, sagte er.
    »Dann haben Sie viel Verständnis dafür, dass auch wir es eilig haben«, antwortete Lüder, während Große Jäger den Mann sanft an den Schultern packte und auf einen der Holzstühle im Gemeindesaal drückte.
    »Wer hat das Tragegestell im Internet bestellt?«, fragte Lüder.
    »Das habe ich Ihnen doch schon erklärt«, stammelte Berchelmann. »Dem ist nichts hinzuzufügen.«
    »Nun erzählen Sie mir nicht, dass Heinrich Frosinn bei Ihnen gebeichtet hat, er hätte das Tragegestell aus Ihrer Hüpfburg gestohlen, um damit einen Menschen brutal zu ermorden.« Lüder maß sein Gegenüber mit durchdringendem Blick.
    Berchelmann sah mit weit aufgerissenen Augen Große Jäger an, als erhoffe er sich vom Oberkommissar Verständnis, dann wechselte er wieder zu Lüder.
    »Ich bin Geistlicher und an das Schweigegelübde gebunden.«
    »Das kann nicht sein«, sagte Lüder. »Frosinn ist nach dem Mord noch nicht wieder hier aufgetaucht. Sie haben ihn also seitdem nicht mehr gesehen. Folglich kann er gar nicht gebeichtet haben.«
    »Ja … aber … Woher wissen Sie …?«, stammelte Berchelmann.
    Lüder hatte es geraten. Es war Glück, dass seine Behauptung zutraf und der Mann darauf hereingefallen war.
    »Wie vereinbart es sich mit Ihrer Ethik, wenn jemand vor einem schweren Verbrechen zu Ihnen kommt und sagt: ›He, ich will einen umbringen. Dazu klau ich mir das Tragegestelle Ist das christlich?«
    »So war das ja nicht.«
    »Sondern?«
    »Das hat ja niemand gewusst, dass …« Berchelmann hielt mitten im Satz inne. »Ich verweigere jedes weitere Wort«, sagte er und presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
    »Wenn Frosinn Ihr Tragegestell benutzt hat, haben Sie ihm auch Ihre Videokamera geliehen, damit die Tat gefilmt werden konnte?«
    »Ich weiß nichts von einem Film.« Berchelmann war in sich zusammengesackt und sah aus wie ein Häuflein Elend.
    »Das ist ein besonders perfider Plan«, fuhr Lüder fort. »Sie filmen den Mord und drücken die Aufnahme einem türkischen Jungen in die Hand. Der durchblickt natürlich weder dieses Manöver, noch kennt er die Hintergründe. Er findet das Filmmaterial einfach nur geil. Natürlich wissen Sie, dass wir sehr schnell auf diese Spur kommen und das Geschrei losbricht. Man vermutet einen terroristischen Hintergrund. Da ist es naheliegend, dass die Verdächtigen zuerst in Migrantenkreisen gesucht werden. Damit kann man die Spannungen zwischen den Einheimischen und den Moslems eskalieren lassen.«
    »Die sind doch für vieles verantwortlich.« Berchelmann hatte sich ein wenig gefangen. »Wir wollen, dass Gott überall ist. Unser Gott. Wir wehren uns gegen die Islamisierung unseres Landes. Hier, im äußersten Norden, sind wir noch nicht von den Fremden überlaufen. Hier treffen Sie noch Deutsche, wenn Sie auf die Straße gehen. Es lungern nicht überall Fremde herum, die mit ihrer Kultur nicht hierherpassen.

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