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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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erwarten zu Recht, dass ihre Forderungen erfüllt werden. Aber greifen Sie einem nackten Mann in die Tasche. Jeder weiß, dass gespart werden muss. Aber bitte schön woanders, nicht vor meiner Haustür. Da kommt Unzufriedenheit auf. Es verwundert doch nicht, wenn die Politiker mittlerweile zu den unangesehensten Berufen gehören. Dabei sind wir auf kommunaler Ebene ehrenamtlich tätig. Wir werden scheel angesehen und beschimpft, obwohl wir uns für das Allgemeinwohl engagieren und versuchen, aus der Misere das Beste zu machen. Manchmal möchte man resignieren. Aber dann …? Es wäre das Schlimmste, wenn wir das Feld verantwortungslosen Demagogen überließen.«
    »Kennen Sie welche?«
    Müller sah Lüder lange an. »Ich muss Ihnen die Adressen nicht herunterbeten.«
    »Und wie sieht es mit den Leuten aus, die glauben, unter einer anderen Flagge würde alles besser laufen?«
    Der Kreispräsident winkte ab. »Das sind doch Spinner. Die haben zum Glück aber keinen Zulauf in der Bevölkerung.«
    »Mogens Aasgaard?«, warf Lüder beiläufig ein.
    »Ach der. Ein Außenseiter. Den nimmt niemand ernst.«
    »Und Hans-Jörg Berchelmann?«
    Der Kreispräsident zog eine Augenbraue fragend in die Höhe.
    »Der betreibt im Schleswiger Gewerbegebiet eine Religionsgemeinschaft, die sich nicht grundsätzlich von Gewaltanwendungen lossagt«, half Lüder nach.
    »Nie gehört«, antwortete der Kreispräsident lapidar. »Sehen Sie einen Zusammenhang mit den Dingen, die derzeit überall im Land geschehen?«
    »Das wissen wir nicht«, sagte Lüder.
    »Aber warum Karl-Hermann Claussen? Der hat doch nichts mit diesen Sachen zu tun.«
    Warum Jörg Asmussen, ein Polizeibeamter, der sich mit Verkehrsangelegenheiten beschäftigt hat?, fragte sich Lüder im Stillen.
    Sie gaben dem Kreispräsidenten und Frau Schrader die Hand und verabschiedeten sich.
    Große Jäger rief erneut in Husum an.
    »Harm«, bat er Kommissar Mommsen, »kannst du bitte herausfinden, mit wem Heinrich Frosinn Kontakt hatte? Wenn er an den Taten zumindest als Ausführender beteiligt war, könnte er auf jemanden zurückgegriffen haben, den er in seiner kriminellen Karriere kennengelernt hat. Ideale Kontaktbörsen dafür sind in der Regel die Zuchthäuser.«
    »Die heißen schon seit Jahrzehnten Justizvollzugsanstalten«, belehrte ihn Lüder, aber der Oberkommissar ließ sich dadurch nicht beirren.
    »Auf den Frauenknast kannst du verzichten«, fuhr Große Jäger fort. »Aber vielleicht gibt es Hinweise auf Typen, die mit ihm zusammen unterwegs waren.«
    Nachdem Große Jäger das Gespräch beendet hatte, wählte Lüder über die Freisprecheinrichtung die Rechtsmedizin in Kiel an und ließ sich mit Dr. Diether verbinden.
    »Ich wundere mich, dass Sie noch nie nachgefragt haben, ob wir eigentlich Provision zahlen«, sagte der Arzt zur Begrüßung.
    »Dafür, dass ich für neue Kunden in Ihrem Institut sorge?«, riet Lüder.
    »Genau. Sie wollen sicher etwas über unseren Neuzugang wissen. Über beide Teile?«
    »Sind Sie denn fertig mit Ihrem Puzzle?«, fragte Lüder.
    »Irgendwo gibt es auch in der Hochleistungsmedizin Grenzen«, sagte Dr. Diether. Als Lüder schwieg, fuhr er fort: »Claussen wurde der Kopf abgetrennt. Das war ein Stümper. Man hat brutal mit einer Axt auf das Opfer eingeschlagen.«
    Lüder zögerte einen Moment, bevor er fragte: »Hat das Opfer etwas gespürt?«
    »Nein«, sagte Dr. Diether. »Anhand der Blutungen und des Zustands der Gefäße können wir mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass Claussen schon tot war. Er starb an einer Hirnblutung, die durch schwere Schläge und Tritte ausgelöst wurde. Man hat dem Mann übel zugesetzt. Davon zeugen Brüche der–«
    »Danke«, unterbrach Lüder den Rechtsmediziner. »Mir reicht es, wenn ich den Bericht lese.«
    »Ah, ein heimlicher Sadist.« Dr. Diether schnalzte hörbar mit der Zunge. »Sitzt abends vor dem Kamin, trinkt einen guten Rotwein, isst dazu Chili-Schokolade und freut sich über jede Zeile des rechtsmedizinischen Gutachtens.«
    »Fast«, erwiderte Lüder. »Ich habe die Angewohnheit, beim Essen zu lesen.«
    »Und? Was gibt es dazu?«
    »Labskaus«, schlug Lüder vor.
    »Anerkennung. Sie stehen mir mit Ihrem Zynismus in keiner Weise nach«, sagte der Arzt.
    »Darum klappt es auch so hervorragend mit der Zusammenarbeit«, erwiderte Lüder und wünschte Dr. Diether noch einen schönen Tag, »und noch viele attraktive Leichen«, schloss er das Gespräch.
    Sie fuhren eine Weile schweigend,

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