Schwert und Laute
mich an diese Stimmenfetzen wie an einen Rettungsanker.
In dem Maße, wie die Silhouetten feste Gestalt annahmen, wurde das Flüstern lauter. Jemand rief wieder und wieder meinen Namen. Ein vertrautes Gesicht schien vor mir langsam wie aus einem Nebel aufzutauchen.
»Caitlin... Es ist vorüber...«, sagte die Stimme zu mir.
Ich blinzelte. Patrick sah mich besorgt an. Eine eiskalte Woge weckte mich endgültig. Ich hustete, erstickt von dem Wasser, das mir jemand ins Gesicht gegossen hatte.
»Hast du vor, mich zu ersäufen?«, schimpfte ich und richtete mich in meinem durchweichten Hemd auf. Mein Bruder wickelte mich in ein Laken.
»Geht es dir gut, Caitlin? Bist du nicht verletzt?«, fragte er mich sanft.
Mit einem Schlag kehrte die Erinnerung an Liams Gefangennahme zurück. Ich warf Patrick einen hilflosen Blick zu und klammerte mich so heftig an ihm fest, dass ich ihn aus dem Gleichgewicht brachte.
»Wo ist Liam?«, schrie ich.
»Sie haben ihn mitgenommen, Caitlin...«
»Mein Gott, nein!«, stöhnte ich. »Und wohin?«
»Ich fürchte, er befindet sich auf dem Weg ins Tolbooth-Gefängnis
in Edinburgh. Im Moment können wir nichts unternehmen.«
Ich stieß ein langgezogenes Stöhnen aus. Patrick zog mich an sich und wiegte mich sanft, um mich zu trösten, doch er wusste, dass es vergeblich war.
»Du musst dich jetzt anziehen, wir reiten nach Hause.«
Er reichte mir mein Kleid und half mir beim Aufstehen.
»Ich warte im Flur auf dich«, sagte er und ging hinaus.
Im Flur hatten Donald und Niall Winston und Rupert an die Wand gestellt und hielten sie mit ihren Dolchen in Schach. Ich hob meine eigene Waffe auf, die auf dem Parkett lag, blieb vor Winston stehen und musterte ihn kalt.
»Mich hält nur eines davon ab, Euch zu töten, Winston Dunning, und das ist die Hoffnung, Liam dort herauszuholen.«
Ich setzte die Waffe sacht unter seinem Kinn an. Der Mann biss die Zähne zusammen und warf mir einen wütenden Blick zu.
»Wenn mein Gatte jedoch eines Tages am Ende eines Stricks baumeln sollte, dann verspreche ich Euch, dass ich zurückkomme und Euch töte, denn dann, teurer Winston, habe ich nichts mehr zu verlieren.«
»Ich werde Euch erwarten«, gab er unverschämt grinsend zurück.
Donald stieß ihm die Faust ins Gesicht. Knochen krachten, und Winston stürzte schwer auf das Parkett.
»Was machen wir mit dem hier?«, fragte Niall und ließ die blitzende Spitze seines Dolchs vor Ruperts entsetzten Augen kreisen. »Soll ich ihn abstechen?«
Ich trat auf den Majordomus zu, sah ihn an und verzog die Mundwinkel.
»Er ist der Mühe nicht wert, Niall. Ich habe allerdings große Lust, ihm ein kleines Andenken an mich zu hinterlassen.«
Ich schürzte leicht die Röcke und versetzte ihm mit dem Knie einen heftigen Stoß in seine empfindlichsten Teile. Rupert stieß pfeifend die Luft aus und krümmte sich stöhnend zusammen.
Als wir in die Eingangshalle traten, trafen wir auf Lady Catherine,
die soeben von ihrem täglichen Spaziergang zurückkehrte und uns verblüfft ansah. Sie wurde von einem jungen Mädchen begleitet, das ich noch nie gesehen hatte, wahrscheinlich meiner Nachfolgerin. Mein Magen krampfte sich zusammen, und ich klammerte mich an Patricks Arm.
»Caitlin Dunn?«, rief sie erstaunt aus. »Was macht Ihr denn hier, und wer sind diese Schotten?«
»Lady Catherine, ich...«
Ein lautes Klirren von Porzellan ließ uns zusammenzucken. Millie starrte mich panisch und leichenblass an; zu ihren Füßen lagen die Scherben einer Teekanne.
»Du bist zurückgekommen? Das hättest du nicht tun sollen... Es ist eine Falle, Caitlin! Eine Falle! Lauf weg, bleib nicht hier. Wenn Lord Dunning... Oh!«
Sie unterbrach sich abrupt, als sie Lady Catherine sah.
»Wovon redest du, Millie?«, fragte Letztere neugierig.
Nervös und sichtlich verlegen knetete das Zimmermädchen vor seiner gestärkten Schürze die Hände.
»Das kann ich nicht sagen, Mylady... Ich habe es bei meinem Leben schwören müssen.«
Mit einem Mal brach sie in lautes Weinen aus. Lady Catherine sah verwirrt zwischen uns hin und her, ohne zu begreifen.
»Wem hast du das geschworen, Millie?«, fragte sie in gebieterischem Ton.
»Lord... Lord Dunning, Mylady. Eurem Sohn, meine ich«, schluchzte sie.
»Und wo befindet mein Sohn sich in diesem Moment?«
»Er ruht sich im Obergeschoss aus, Madam«, schaltete Donald sich ein. »Ich fürchte, er wird noch eine Weile schlummern.«
Einen Moment lang sah sie Donald an, der ihr dreist
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