Schwert und Laute
und Weinkrüge aufgefüllt, und Platten mit gebratenem Fleisch schwebten in einer langen Prozession an mir vorüber. Wenn man die Macht eines Clans an der Extravaganz seiner Festgelage maß, dann übertraf dieser gewiss alle anderen. Schon der Anblick von so viel Essen füllte mir den Magen.
Die Männer sprachen laut, und die Frauen kicherten. Flüchtig
erhaschte ich einen Blick auf Donald MacEanruigs’ Hände, die über das Kleid eines hübschen, dunkelhaarigen Wesens mit Rehaugen spazierten, und auf Colin, der tief in ein Zwiegespräch mit Alasdair versunken war. Ihre vom flackernden Kerzenlicht verzogenen Züge wirkten furchteinflößend. Man hätte sie für zwei Verschwörer halten können, die ein niederträchtiges Verbrechen ausheckten. Und so weit war ich damit vielleicht gar nicht von der Wahrheit entfernt...
Niall hatte nur Augen für seine bezaubernde Begleiterin, Joan. Mit ihrem herzförmigen Mund und den langen blonden Locken, die ihr bis auf die Hüften reichten, war sie wirklich sehr hübsch. Er flüsterte der Schönen Dinge ins Ohr, über die sie errötend die Augen verdrehte. Vielleicht besaß Niall ja wirklich verborgene poetische Talente!
»Du isst nicht viel, a ghràidh «, flüsterte mir eine schöne dunkle Stimme zu und riss mich aus meinen Überlegungen.
»Ich habe keinen großen Hunger«, verteidigte ich mich.
»Hier, iss das. Wenn du unbedingt mit uns reiten willst, dann musst du schon ein bisschen mehr in den Magen bekommen.«
Fügsam öffnete ich den Mund und ließ mich mit einem Stück gebratener Ente füttern, an dem ich lange kaute, bevor ich es mit einem kräftigen Schluck Wein herunterspülte.
»Ich finde, du bist ein wenig blass und abgemagert... Dagegen muss ich etwas unternehmen!«
Er hielt mir ein weiteres Stück hin, das ich ebenfalls aß und mit Wein herunterbeförderte. So fuhren wir fort, bis mein Magen gefüllt und mein Glas leer war.
»He, Liam!«, brüllte eine heisere Stimme vom anderen Ende des Tischs her. »Hör auf, sie zu stopfen, mein Alter, sonst hat sie nachher keinen Appetit mehr auf...«
Er unterbrach sich, fand offenbar nicht das richtige Wort, um seinem Gedanken Ausdruck zu verleihen, und ergriff stattdessen eine riesige Wurst, die er vor sich schwenkte. Lautes Gelächter brach aus. Ich spürte, wie ich bis an die Haarwurzeln errötete.
»Mach dir um mich keine Gedanken, Finlay«, gab Liam zurück. »Sie besitzt einen unersättlichen Appetit.«
Schockiert versetzte ich ihm unter dem Tisch einen Fußtritt.
»Das ist nicht gerecht!«, rief eine weitere schleppende Stimme. »Er kriegt ein schönes weiches Bett, und wir, wir schlafen bei den Hühnern und den Schweinen im Stroh.«
»Hör auf zu heulen, Robbie«, überschrie ihn ein anderer. »Von dir wollen doch nicht mal die Schweine etwas wissen.«
Der Mann krümmte sich unter der Flut von Gelächter und Bemerkungen, von denen die eine schlüpfriger war als die andere.
»Robbie!« Das war jetzt Liam. »Dann weißt du ja jetzt, warum ich meine Frau mitgenommen habe!«
Ich war dabei, unter den Tisch zu rutschen, doch Liam hielt mich am Arm fest. Er drückte mir mein Weinglas in die Hand und nahm sich einen Krug Wein.
»Komm, a ghràidh , wir machen einen Spaziergang«, flüsterte er mir zu und versuchte, nicht zu lachen.
Wir hatten noch keine zehn Fuß zurückgelegt, als Finlays Donnerstimme sich von neuem vernehmen ließ.
»He! Macdonald! Wo willst du hin? Siehst mir aus, als hättest du es ziemlich eilig!«
Liam wandte sich zu dem ungehobelten Kerl um und schenkte ihm sein strahlendstes Lächeln.
»Ich habe noch Hunger, mein Alter. Wenn du uns also entschuldigen würdest...«
Er hätte mich nicht von hinten anzuschieben brauchen, um mich aus dem Saal zu befördern. Ich fühlte mich wie eine Dirne, die er unterwegs in einer Herberge aufgetan hatte. Meine Wangen brannten, und ich schoss ihm wütende Blicke zu. Doch in der nächtlichen Kälte kühlte mein Zorn langsam ab.
»Achte gar nicht auf die Männer, sie meinen es nicht böse.«
»Du hättest diesen Rüpeln wenigstens das Maul stopfen können«, empörte ich mich.
»Das hätte sie erst recht angestachelt. Glaub mir, das Beste ist, ihr Spiel mitzumachen, bis sie seiner überdrüssig werden.«
Mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen sah er mich an.
»Ich dachte gar nicht, dass du so empfindlich bist, meine Gattin.«
»Ich bin gar nicht besonders empfindlich. Aber in Gegenwart von ungefähr fünfzig Männern... du musst zugeben,
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