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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Haar leuchtete wie Gold und ihre Augen strahlten wie ein wolkenloser Sommertag. Æthelflaed war zu dieser Zeit dreizehn oder vierzehn Jahre alt, das richtige Alter für ein Mädchen, um zu heiraten, und sie hatte sich zu einer hochgewachsenen jungen Frau mit stolzer Haltung und kühnem Blick entwickelt. Sie war jetzt schon ebenso groß wie der Mann, den sie heiraten würde.
    Heute gilt Æthelred als Held. Ich höre Geschichten über ihn, Geschichten, die in ganz England beim abendlichen Feuer erzählt werden. Æthelred der Unerschrockene, Æthelred der Krieger, Æthelred der Kämpfer. Ich lächle, wenn ich diese Märchen höre, doch ich sage nichts, nicht einmal, wenn mich die Männer fragen, ob es wahr ist, dass ich Æthelred einst gekannt habe. Natürlich kannte ich Æthelred, und es stimmt, dass er ein Krieger war, bevor er durch Krankheit immer langsamer und kraftloser wurde, und unerschrocken war er auch doch sein klügster Schlag war es, Sänger als seine Höflinge zu bezahlen, damit sie Lieder über seine Tapferkeit schrieben. An Æthelreds Hof konnte ein Mann reich werden, indem er Worte wie Perlen aneinanderfädelte.
    Er war niemals König von Mercien, wenn er es auch gerne geworden wäre. Dafür sorgte Alfred, denn Alfred wollte keinen König in Mercien. Er wollte in Mercien einen treuen Gefolgsmann als Herrscher, und er sorgte dafür, dass dieser treue Gefolgsmann von westsächsischem Geld abhing, und Æthelred war der Mann, den er sich dafür aussuchte. Er verlieh ihm den Rang eines Aldermanns von Mercien, und bis auf den Titel besaß er alles, was einen König ausmacht, obwohl die Dänen im nördlichen Mercien seine Stellung dennoch niemals anerkannten. Sie erkannten allein seine Macht an, und diese Macht besaß er, weil er Alfreds Schwiegersohn war, und aus demselben Grund fanden sich die Thegn aus dem südlichen Mercien mit ihm ab. Sie mochten nicht viel für den Aldermann Æthelred übrig haben, doch sie wussten, dass er die westsächsischen Streitkräfte rufen konnte, falls die Dänen einen Vorstoß nach Süden wagen sollten.
    Und an diesem Frühlingstag in Wintanceaster, einem strahlenden Tag voller Sonnenschein und Vogelgezwitscher, erlangte Æthelred seine Stellung. Er stolzierte mit einem breiten Lächeln auf dem rotbärtigen Gesicht in Alfreds große neue Kirche. Er litt immer an dem Wahn, dass ihn die anderen mochten, und vielleicht gab es sogar ein paar Männer, die ihn mochten, aber ich mochte ihn nicht. Mein Cousin war kleingewachsen, streitsüchtig und voller Prahlerei. Sein breites Kinn wirkte angriffslustig, in seinen Augen lag Herausforderung. Er war zweimal so alt wie seine Braut, und fast fünf Jahre lang hatte er nun Alfreds Haustruppe angeführt, und die Einsetzung in diesen Rang hatte er weniger seinen Fähigkeiten und mehr seiner Geburt zu verdanken. Sein Glück war es gewesen, Land geerbt zu haben, das sich über den größten Teil des südlichen Mercien erstreckte, und das machte ihn zu Merciens bedeutendstem Edelmann und, wie ich ungern einräume, zum natürlichen Oberhaupt dieses armseligen Landes. Außerdem war er, wie ich gerne einräume, ein Haufen Ziegenschiss.
    Das alles hat Alfred nie wahrgenommen. Er ließ sich von Æthelreds auffällig zur Schau getragener Frömmigkeit blenden und von der Tatsache, dass Æthelred jederzeit bereit war, dem König von Wessex nach dem Mund zu reden. Ja, Herr, nein, Herr, lasst mich Euren Scheißekübel ausleeren, Herr, und lasst mich Euren königlichen Arsch lecken, Herr. Das war Æthelred, und seine Belohnung dafür war Æthelflaed. Sie kam wenige Momente nach Æthelred in die Kirche, und genau wie er lächelte sie. Sie war in die Liebe verliebt, und dieser Tag war der Gipfel ihrer Freude und ließ ihr süßes Gesicht strahlen. Sie bewegte sich geschmeidig und hatte schon einen fraulichen Hüftschwung. Ihre Beine waren lang und schlank, und ihr stupsnasiges Gesicht war von keiner Narbe oder Krankheit gezeichnet. Auf ihr Kleid aus blassblauem Leinen waren Täfelchen genäht, die Heilige mit Kreuzen und goldenen Lichterkränzen über dem Kopf zeigten. Um ihre Mitte war ein Quastengürtel aus Goldstoff geschlungen, den kleine Silberglöckchen schmückten. Von ihren Schultern floss ein Umhang aus weißem Leinen herab, der unter ihrem Kinn von einer kristallenen Fibel zusammengehalten wurde. Während sie ging, raschelte der Umhang über das Schilfrohr, mit dem der Steinboden ausgelegt worden war. Ihr golden glänzendes Haar war um ihren Kopf

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