Schwertgesang
herum aufgedreht und wurde von Kämmen aus Elfenbein festgehalten. An diesem Frühlingstag trug sie ihr Haar, als Zeichen dafür, dass sie nun eine verheiratete Frau war, zum ersten Mal hochgesteckt, und die Frisur enthüllte ihren langen, schmalen Hals. Wie anmutig sie war an diesem Tag.
Während sie auf den mit weißen Tüchern verhängten Altar zuging, fing sie meinen Blick auf, und ihre Augen, die schon vor Entzücken glänzten, schienen noch heller aufzustrahlen. Sie lächelte mich an, und ich konnte nicht anders, als zurückzulächeln, und sie lachte vor Freude, bevor sie zu ihrem Vater und dem Mann ging, der ihr Ehemann werden würde. »Sie hat dich sehr gern«, sagte Gisela mit einem Lächeln. »Wir sind schon seit ihrer Kindheit Freunde.« »Sie ist immer noch ein Kind«, sagte Gisela sanft, während die Braut den mit Blumen bestreuten Altar erreichte, auf dessen Mitte ein Kreuz stand. Ich erinnere mich, damals gedacht zu haben, dass Æthelflaed auf diesem Altar geopfert werden sollte, doch wenn das zutraf, dann war sie ein sehr williges Opfer. Sie war immer ein schelmisches und eigensinniges Kind gewesen, und ich bezweifelte nicht, dass sie unter den säuerlichen Blicken ihrer Mutter und den strengen Regeln ihres Vaters litt. Sie sah in der Ehe eine Möglichkeit zur Flucht von Alfreds trübseligem, frömmlerischem Hof, und an diesem Tag erfüllte sie Alfreds ganze neue Kirche mit ihrem Glück. Ich sah Steapa, den vielleicht größten Krieger von Wessex, weinen. Steapa war Æthelflaed genauso zugetan, wie ich es war.
Fast dreihundert Menschen befanden sich in der Kirche. Es waren Abgesandte von den fränkischen Königreichen jenseits des Meeres gekommen und andere aus Northumbrien, Mercien, Ostanglien und den walisischen Königreichen, und diese Männer, sämtlich Priester und Edelleute, erhielten die Ehrenplätze in der Nähe des Altars. Auch die Aldermänner und die Großvögte von Wessex hatten dort ihre Plätze, doch am nächsten beim Altar stand eine dunkel gewandete Schar Priester und Mönche. Ich hörte von der Messfeier wenig, denn Gisela und ich standen ganz hinten in der Kirche und unterhielten uns mit Freunden. Gelegentlich verlangte ein Priester ungehalten nach Ruhe, aber darum scherte sich niemand.
Hild, die Äbtissin des Frauenklosters von Wintanceaster, umarmte Gisela. Gisela hielt mit zwei Christen enge Freundschaft. Da war zuerst Hild, die einst ihre Kirche verlassen hatte, um meine Geliebte zu werden, und dann war da Thyra, Ragnars Schwester, mit der ich aufgewachsen war und die ich wie eine Schwester liebte. Thyra war natürlich Dänin und mit der Verehrung Thors und Odins aufgewachsen, doch dann hatte sie sich taufen lassen und war in den Süden nach Wessex gekommen. Sie kleidete sich wie eine Nonne. Sie trug ein graubraunes Gewand mit einer Kapuze, unter der sie ihre außerordentliche Schönheit verbarg. Ein schwarzer Gürtel lag um ihre Mitte, die üblicherweise ebenso schlank war wie Giselas, nun aber von einer Schwangerschaft prall und rund geworden war. Sanft legte ich ihr eine Hand auf den Gürtel. »Noch eins?«, fragte ich. »Und bald«, antwortete Thyra. Sie hatte drei Kinder geboren, von denen eines, ein Junge, noch lebte. »Dein Ehemann ist unersättlich«, sagte ich mit gespieltem Tadel.
»Es ist Gottes Wille«, sagte Thyra ernst. Ihr fröhliches Wesen, an das ich mich aus ihrer Kindheit erinnerte, hatte sich mit ihrer Konversion verflüchtigt, obwohl es ihr in Wahrheit vermutlich schon verloren gegangen war, als sie die Feinde ihres Bruders in Dunholm als Sklavin gehalten hatten. Sie war von ihren Entführern geraubt, geschändet und in den Wahnsinn getrieben worden, und Ragnar und ich hatten uns blutig nach Dunholm hineingekämpft, um sie zu befreien, aber in Wahrheit war es der Christenglauben gewesen, der sie von ihrem Wahnsinn befreit und in die ruhige Frau verwandelt hatte, die nun so würdevoll vor mir stand.
»Und wie geht es deinem Ehemann?«, fragte ich sie.
»Gut, danke.« Ihr Gesicht erhellte sich, als sie von ihm sprach. Thyra hatte die Liebe gefanden, nicht nur die Liebe Gottes, sondern die Liebe eines guten Mannes, und dafür dankte ich dem Schicksal. »Du wirst das Kind natürlich Uhtred nennen, wenn es ein Junge wird«, sagte ich streng. »Wenn es der König gestattet«, sagte Thyra, »dann nennen wir ihn Alfred, und wenn es ein Mädchen wird, dann nennen wir es Hild.« Darauf stiegen Hild vor Rührung Tränen in die Augen, und Gisela eröffnete den
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