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Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13

Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13

Titel: Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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hatte eine jahrelange, harte Ausbildung hinter mir bis zu diesem Augenblick, der Nacht der Auswahl, in der meine Mentoren darüber berieten, ob man mir gestatten sollte, den Eid abzulegen.
    »Sie wird sich niemals über diesen Punkt hinaus weiterentwickeln«, sagte Lyra. »Sie sollte die Stadt verlassen und eine mindere Hexe bleiben.«
    Lyra war schon immer meine Gegnerin, meine Nemesis gewesen. Die Aufgaben, die sie mir stellte, waren immer ein bisschen zu schwer, ihre Ansprüche immer gerade so nicht zu erfüllen. Nichts, was ich tat, fand Gnade vor ihren Augen, und ich hatte mich wohl hundert Mal in den Schlaf geweint, ihre grausamen Kränkungen noch in den Ohren.
    Nigel schüttelte den Kopf. »Ich glaube, in unserer Camille steckt mehr, als man auf den ersten Blick meinen mag.« Als mein wichtigster Lehrer und Mentor hatte er mich ebenso hart gefordert wie Lyra, aber er war nicht annähernd so barsch. »Es dauert vielleicht noch seine Zeit, aber sie wird weiter reisen, als du oder ich jemals kommen werden. Sie wird härter kämpfen und es mit viel stärkeren Gegnern aufnehmen, als wir uns träumen lassen.«
    Er legte mir die Hände auf die Schultern und sah mir fest in die Augen. »Camille, hör mir gut zu. Du bist eine Anführerin mit einer Achillesferse.
    Dieser Makel wird dir für immer bleiben, doch dein Mut wird deinen Mangel an Fähigkeiten ausgleichen. Fürchte dich nicht davor, dich der Mondmutter hinzugeben, wenn sie nach dir ruft. Nimm ihre Hilfe an, wenn sie sie dir schickt, auch wenn diese Hilfe von unerwarteter Seite kommen sollte. Ich stimme dafür, dich den Eid ablegen zu lassen.«
    Ich schwieg. Lektion Nummer eins: Schüler dürfen nur sprechen, wenn ihnen eine direkte Frage gestellt wird. So war es schon immer gewesen, und so würde es auf ewig bleiben.
    Heute Nacht würde der Zirkel der Mondmutter mir entweder erlauben, den Eid abzulegen und mein volles Potenzial zu entwickeln, oder mich schmachvoll abweisen.
    Dazwischen gab es nichts. Entweder man schaffte es oder eben nicht.
    Diejenigen Schüler, die die Prüfung nicht bestanden, verließen Y'Elestrial meist in Schimpf und Schande und streiften durch das Land, bis sie ein Dorf fanden, das ihnen Kost und Logis für einfache magische Dienste anbot. Oft ergänzten sie die Arbeit der Heiler und Wächter dieses Ortes.
    Diese Ausgestoßenen führten meist ein stilles, zurückgezogenes Leben. Nie wieder durften sie die Tempel der Mondmutter betreten, obwohl die meisten für sich allein zu ihr beteten, in jenen Nächten, wenn sie voll und rund am Himmel stand.
    Mis-Mis, das dritte Mitglied des Zirkels, erhob sich von ihrem Stuhl. »Eine Stimme dafür und eine dagegen. Ein Unentschieden haben wir selten. Meist sprechen die Fähigkeiten einer Anwärterin für sich. Daher müsst ihr vor die Hohepriesterin treten und ihr das endgültige Urteil überlassen.« Mis-Mis durfte nicht abstimmen. Sie war die Mediatorin und als solche gezwungen, ihre eigene Meinung für sich zu behalten.
    Nigel stieß einen leisen Pfiff aus. »Ja, vielleicht ist es so am besten. Die Hohepriesterin wird Herz und Seele dieses Mädchens viel klarer durchschauen als du und ich, Lyra. Sie wird den Willen der Mondmutter erkennen.«
    Lyra wandte sich stirnrunzelnd ab. »Ich warne dich, wenn das Halbblut den Eid ablegt, werden wir das noch bereuen. Halb Fee, ich bitte dich. Es überrascht mich, dass sie überhaupt so weit gekommen ist.«
    Ich zwang mich, den Mund zu halten. Wenn ich jetzt versuchte, meine Ehre oder meine Familie zu verteidigen, würde ich meine Chancen vollends ruinieren.
    »Derisa ist die beste Entscheidung«, erklärte Mis-Mis bestimmt. »Das Mädchen wird sich nicht schlecht behandelt fühlen, wenn das ablehnende Urteil von ihr kommt.
    Auch wird es dem Vater dann nicht möglich sein, Einspruch aufgrund irgendwelcher Voreingenommenheiten zu erheben.«
    Na toll. Als könnte ich nicht jedes Wort hören, das sie sagten. Aber ich beherrschte mich und tat nicht das, wonach mir zumute war, nämlich herauszuplatzen: »Entschuldigung, aber ich stehe direkt neben euch, Leute.« Es mochte ja sein, dass ich manchmal ziemlich übereilt handelte, aber heute Abend würde ich das gewiss nicht tun.
    Mis-Mis gab mir mit dem Zeigefinger einen Wink. »Folge mir.«
    Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich ab und ging flott auf den Tempel zu. Ich folgte ihr, so rasch ich konnte, doch wir gingen nicht hinein. Stattdessen eilten wir an den schimmernden marmornen Mauern vorbei hinter das

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