Schwimmen in der Nacht
die dünnen Wände des Besenschranks krachen. Während meiner kurzen Abwesenheit war schon der halbe Schrank eingebrochen. Beim Anblickdes zerstörten Besenschranks brannte mir die Sicherung durch, und ich fing hemmungslos an zu lachen. Der Abend war zu einer Schlangengrube schlechten Benehmens geworden. Das alles brach in diesem Lachanfall aus mir heraus, bis mir die Tränen kamen.
Er wartete und trat ein Stück zurück, um durchzuatmen.
«Pillepalle», sagte er, den Blick auf mich gerichtet.
Auch Robert und Elliot kamen nach unten, um zu schauen, was es mit dem Lärm auf sich hatte.
«Tretet einen Schritt zurück.»
Er stürzte los und hämmerte auf die andere Wand ein, bis er den Durchbruch geschafft hatte.
«Vorsicht. Vorsicht.»
Wir gingen alle drei aus der Küche. Vater stand inmitten von zersplitterten Schrankwänden und einem wüsten Haufen alter Nägel, die kreuz und quer um ihn herum lagen. Er nutzte die Kralle hinten am Hammer und zog noch mehr Nägel und Bröckchen von Putz damit heraus.
«Tretet nicht in die Nägel. Geht zurück.»
«Nie baust du mal was», sagte Robert.
Vater schnaufte und stützte sich auf Hände und Knie.
«Das dürfte ziemlich leicht sein.» Er stand auf und wischte sich den Schweià von der Stirn. Er lieà den Hammer zwischen den Fingern baumeln. Der Geschirrspüler machte wieder Klick und schaltete in den Spülgang, zischend und pochend, und das Gebläse lief die ganze Zeit.
«Verschwindet. Los. Lasst mich das hier zu Ende machen.»
Er scheuchte uns gut gelaunt weg und sah höchst zufrieden aus, fast schon ruhig, nach dem er all das Holz zertrümmert hatte.
Ich ging auf mein Zimmer und schlüpfte wieder in die Strümpfe, danach legte ich sie zurück zwischen die Unterwäsche. Ãber mir hörte ich Peter auf seiner Gitarre klimpern, er brach ab, spielte dann weiter, was er so machte, wenn er ein neues Lied schrieb. Der Klang der Gitarre drang wie ein schwaches Summen zu mir durch. Ich war stolz auf ihn. Er hatte sich getraut zu widersprechen, es anders zu machen. Mutter war im Gegensatz dazu bei geschlossener Schlafzimmertür zu ihren gewöhnlichen Abendaktivitäten übergegangen und telefonierte mit einer Freundin aus dem Country Club.
«So ein Mist. Verdammt noch mal!»
Unten hatte Vater mit dem Hämmern aufgehört. Es wurde sehr still im Haus. Ich ging ins Bad, um mir die Zähne zu putzen. Der Dampf von meinem Badewasser war zu Tröpfchen abgekühlt, und alle Flächen waren jetzt mit dieser Feuchtigkeit überzogen.
Vater kam die Treppe hoch und ging in sein Schlafzimmer. Die Wasserleitung quietschte, als er die Dusche anstellte. Mutter kam aus ihrem Zimmer, scheuchte Robert ins Bett und rief Peter zu, dass er auch Elliot ins Bett bringen sollte.
Als Elliot zu schlafen schien, ging ich hoch unters Dach. Peter lag mit Kopfhörern auf dem Boden und hörte im Dunkeln Musik. Ich teilte den Perlenvorhang in seinem Türrahmen und tippte ihm aufs Knie. Sein Teppich fühlte sich warm und kuschelig zwischen meinen Zehen an.
«Alles okay mit dir?», fragte ich.
«Der hat sie nicht mehr alle», sagte er und setzte sich auf. Eine Melodie drang aus den Kopfhörern leise wie Verkehrsgeräusche in der Ferne. Er drehte noch leiser. «Und er hält sich für normal. Das ist unglaublich.»
Ich seufzte.
«WeiÃt du, wie schwer es ist, als Musiker einen Auftrag zu bekommen? Für die Schulparty haben sechs Bands vorgespielt. Wir haben die Jungs ausgestochen, die letztes Jahr gespielt haben.»
«Das ist groÃartig.»
«Was ist sein Problem? Was hat er gegen mich?»
«Vielleicht beneidet er dich.»
«Stimmt. Er ist ein Fiesling, ein zertifizierter. Ich mach die Schule zu Ende, und dann bin ich hier weg», sagte Peter und schaute sich prüfend in seinem Zimmer um.
Ich ging ans Fenster und blickte hinaus. Es war zu dunkel, um den ausgedehnten Garten hinterm Haus zu sehen, aber wäre ich eine unter dem Dachvorsprung versteckte Fledermaus, würde ich hinabstoÃen und davonfliegen, weg von allem.
«Was willst du hören?» Peter kroch rüber zu seiner Plattensammlung. Ãber zweihundert Platten standen aufgereiht auf dem FuÃboden.
«Such dir eine aus.»
«Worüber redet ihr zwei?», fragte Mutter, die in der Tür stand. Sie hatte sich umgezogen und trug jetzt eine weiÃe
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