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Schwindel

Titel: Schwindel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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Ach, es wäre alles wunderbar geworden, wenn dein Zug nicht Verspätung gehabt hätte.«
    Das glaubte ich ihm gern, aber es war nun mal passiert. Sein Plan war durcheinandergeraten und ich war in eine Geschichte
     hineingeschliddert, von der ich nicht absehen konnte, wie sie ausgehen würde. Auf jeden Fall war es eine Geschichte, die mir
     überhaupt nicht gefiel. Meine Vernunft sagte mir ganz klar, dass ich meinen Rucksack packen sollte. Andererseits wünschte
     ich mir so sehr ein Happy End, ich fand, das hatte ich mir nach der langen Einsamkeit verdient. Julian war doch meine große
     Liebe.
    »Bitte bleib! Vorhin, als ich aufwachte und du nicht da warst, da habe ich mir furchtbare Sorgen gemacht. Ich dachte schon,
     ich hätte dir wehgetan oder was falsch gemacht   … ich   … für mich war das doch auch das erste Mal.«
    Ich strich mit der Hand durch seine Haare. Julianließ ein wohliges Seufzen hören und sah mich direkt an.
    »War’s denn trotzdem schön vorhin? Bereust du’s nicht, nein?«
    Ich nickte und schüttelte den Kopf gleichzeitig, ließ zu, dass er mir Komplimente machte, mich liebkoste und umgarnte. Wenn
     das so weiterging, war es gleich vorbei mit meinem Vorsatz, all diese Ungereimtheiten aufzuklären. Was war denn nun mit dem
     Dach, mit dem Fuß? War es wirklich genau so, wie ich’s vermutete? Musste ich das denn unbedingt genau wissen? Konnte ich Julians
     Entschuldigung nicht einfach akzeptieren?
    Ich war mir so unsicher. Ich wusste, ich durfte mich nicht von schönen Worten einwickeln lassen. Gleichzeitig hatte ich Angst,
     mich in meinen Argwohn hineinzusteigern.
    Wenn ich doch jemanden fragen könnte: meine Eltern oder Sarah. Aber ein Telefongespräch würde, wenn ich überhaupt jemanden
     erreichte, lange dauern und letztendlich musste ich es ja doch selbst wissen.
    »Bitte gib mir eine Chance, Evchen! Ich war unfair zu dir, aber ich verspreche, es kommt nicht wieder vor. Fahr nicht nach
     Hause!«
    Ich lächelte ein bisschen. »Kannst du Gedanken lesen?«
    »Manchmal.« Er drückte mich an sich. »Und manchmal bin ich so dumm, dass ich nicht mal durch meinen eigenen Kopf durchsteige.«
    Das gefiel mir wieder. Sagte man nicht »im Zweifel für den Angeklagten«? Ich traf eine Entscheidung. »Ich bleibe.«
    »Danke. Da bin ich aber froh. Weißt du, das mag ich an dir, dass du nicht einfach die Flinte ins Korn wirfst, sobald eine
     Kleinigkeit schiefgeht, dass du nicht aufgibst.«
    Ich wurde ein bisschen rot. In Wahrheit war es so: Selbst wenn ich aufgeben wollte, durfte ich es nicht. Als ich meine Eltern
     heute Mittag kurz angerufen hatte, hatten sie erzählt, wie froh sie jetzt seien, dass ich mal allein unterwegs sei und das
     so gut schaffe. Ich wollte sie auf keinen Fall enttäuschen, und auch den Fuchs nicht, der gesagt hatte, dass ich auf einem
     guten Weg sei. Ich blieb auch, weil ich es dringend nötig hatte, mir etwas zu beweisen.
    »Kannst du mir nur eine Sache versprechen?«, fragte Julian. »Gehst du bitte nicht mehr allein in den Wald?«
    Ich erschrak ein bisschen, dachte an das verschwundene Mädchen und die Polizisten. »Ist gut«, antwortete ich.
    »Ich kenne Alina wirklich kaum«, sagte Julian leise, lehnte sich mit dem Rücken gegen meine Beine und betrachtete versonnen
     die bunten Kinderbilder an der Wand. »Siehst du die Bilder da? Ich weiß, dass Alina malt. Sie hat mir mal ihre Mappe gezeigt,
     das hat mir total gefallen. Richtig kraftvolle, bunte Farben, als würdest du in so ’n Kaleidoskop gucken, weißt du, was ich
     meine?«
    Ich nickte, aber Julian sah es gar nicht, erzählte weiter: »Laura hat natürlich behauptet, Alina würde diese Sachen malen,
     wenn sie bekifft ist, aber das stimmt nicht. Laura ist einfach nur eifersüchtig. Alina malt Bilder, die jeden trüben Gedanken
     vertreiben. Die müssteman immer dabeihaben, als Notfallpaket, oder man könnte sie in den Apotheken verkaufen, als Mittel gegen Traurigkeit und schlechte
     Laune.«
    »Witzige Idee, müsste man ihr mal vorschlagen.«
    »Ja.« Julian lachte traurig. »Hoffen wir mal, dass die Polizisten nichts Schlimmes finden.«
    Daraufhin schwiegen wir und hatten Schwierigkeiten, das Gespräch neu zu beginnen. Warum? Glaubten wir nicht mehr daran, dass
     Alina noch Bilder malen und verkaufen würde? Eine komische Stimmung kam auf, die Sonne schien ins Wohnzimmer, wärmte aber
     nicht mehr und wurde im nächsten Moment von einer Wolke verschluckt.

15
    »Ach, bitte, komm mit! Ich kann ihnen

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