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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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anfasst und ihr für alles, was sie geschrieben hat, dankt. Sie kann noch eine Handvoll tiefgefrorener Erbsen auftauen und dazugeben, dann ist es gesund. Während die Nudeln ihre vier Minuten kochen, denkt sie an Rotbol.
    Sie hatte damals kein gutes Frühjahr hinter sich. Schon im März war zu viel zu tun gewesen: das Manuskript zum Film für den Landwirtschaftsverband, über das Rolf lachte und das er »Von der Ähre zum Brotlaib« nannte. Das war doch in jenem Frühjahr? Sie wollte es nicht schreiben, musste es aber aus finanziellen Gründen tun. Und sie plagte sich mit dem Sprechertext zu dem Film über die schwedische Einheitsschule ab, den die oberste Schulbehörde Version um Version peinlichst genau durchging und den sie ständig überarbeiten musste. Bis spätabends saß sie mit dem Kameramann am Schneidetisch und versuchte, dem Material für den Film über Schweden als Urlaubsland den letzten Schliff zu geben. Dann bearbeitete sie auch noch die Dialoge eines Krimidrehbuchs. Es stammte von einem recht bekannten Autor, der aber nicht wusste, wie Menschen redeten. Auf der Heimfahrt schrieb sie an einer Krimiserie, die Tage Danielsson für den Rundfunk in Auftrag gegeben hatte. Als Freiberuflerin konnte sie sich inzwischen eine Monatskarte in der zweiten Klasse leisten und endlich im Zug arbeiten. In der dritten Klasse saßen die Pendler, knallten mit ihren Spielkarten, lachten und redeten mit lauten Stimmen. Sie verdiente mehr als eine Festangestellte, bürdete sich aber zu viel auf.
    Auf der Heimfahrt nach Uppsala saß sie eines Abends Ragnar Edenman im Zug gegenüber und begriff, dass sie schwanger war. Diese Erkenntnis überfiel sie mitten im Stress. Mit dem Kultusminister vor Augen konnte sie sich ihre ausgebliebene Menstruation, ihre seltsame Müdigkeit und ihre angeschwollenen Brüste zusammenreimen, und mit einem Mal war ihr klar, was mit ihr los war.
    Nur zwei Wochen später lief sie umher und murmelte: »Bleib bei mir, bleib bei mir!« und versuchte, ihren Körper rund um den wachsenden Embryo zusammenzuhalten. Sie hatte jetzt nämlich wieder Blutstreifen in der Hose und ein seltsames Ziehen im Bauch. Zu Rolf sagte sie nichts, da sie befürchtete, mit Worten könnte noch mehr Unheil heraufbeschworen werden. Also lief sie murmelnd umher und ging nicht zum Gynäkologen. Sie hatte Angst vor ihm. Auch er wäre imstande, ein Elend heraufzubeschwören.
    Eines Abends hatten sie Gäste zum Essen eingeladen, eine ehemalige Kommilitonin und ihren Mann. Lillemor hatte ein kompliziertes Gericht aus Nordseeaal in Zitrone, Weißwein und Sahne zubereitet. Sie brachte es in einem emaillierten Eisentopf herein, doch als sie an den Tisch trat und ihn abstellen wollte, überfiel sie ein jäher, stechender Schmerz im Bauch. Der warf sie mit einem Stöhnen vornüber, und sie ließ den Eisentopf der Kommilitonin auf den Schoß fallen. Zunächst kümmerten die anderen sich um sie, die von dem heißen Papp aus Fisch und Sauce fast verbrüht wurde. Lillemor hatte weitere Schmerzattacken, und niemand nahm Notiz davon, dass sie ins Schlafzimmer ging und sich aufs Bett legte.
    Merkwürdigerweise rief Rolf keinen Krankenwagen. Das fiel ihr erst hinterher auf, auch weil der Professor sie fragte, warum er es nicht getan habe. Sie hatte ihn gebeten, ihr ein paar schmerzstillende Pillen zu bringen, die er nach einer Zahnentzündung aufbewahrt hatte. Irgendwann war sie weggedämmert, und die Gäste waren gegangen. Der Fischpapp klebte noch auf dem Tisch und sogar an den Büchern im Regal, als sie am nächsten Morgen mit wackligen Beinen aufstand.
    »Wie geht’s dir, mein Schatz?«, fragte Rolf, und dann vereinbarten sie, dass Lillemor sich einen Termin beim Arzt geben lassen sollte. Er fuhr zu seinem Forschertisch in der Carolina Rediviva, und Lillemor kratzte erstarrte Fischsauce und übel riechende Nordseeaalstücke zusammen.
    Der Gynäkologieprofessor riet ihr, mit dem Taxi ins Krankenhaus zu kommen, wo er sie sofort aufnahm. Sie hatte eine Tubargravidität. Sie wusste nicht, was das war, doch die Oberschwester auf der Privatstation sagte ihr, das bedeute Eileiterschwangerschaft. Erst als sie operiert war und alles vorbei sein sollte, erfuhr sie, dass ein befruchtetes Ei im Eileiter stecken geblieben war und aufgrund von Verengungen nicht weiterkam. Der Embryo hatte sich also an einer Stelle außerhalb der Gebärmutter entwickelt, wo er nicht genügend Platz zum Wachsen hatte. Auch in der Gebärmutter hatte sich ein Embryo

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