Sean King 02 - Mit jedem Schlag der Stunde: Roman
nach, der unbegründet Junior Deaver in die Schuhe geschoben worden war, und versuchte sich auf jede Einzelheit zu besinnen, die er über die Tat gehört hatte. Irgendetwas stimmte da nicht. Und dann war da noch Bobby Battle… Wen übersah er, der den Tod dieses Mistkerls gewollt haben könnte? Es gab mehrere Verdächtige, doch von keinem glaubte der Mann, dass er den Alten umgebracht hatte. Für den Mord waren Mumm und Fachkenntnisse erforderlich gewesen – Eigenschaften, die er selbst in reichlichem Maße besaß und deshalb auch bei anderen Menschen respektierte. Der Mann hoffte, dass er seinem Nachahmer eines Tages seine Bewunderung zum Ausdruck bringen durfte, bevor er ihm die Kehle aufschlitzte.
Vielleicht hätte er Sally zum Reden zwingen sollen, ehe er sie getötet hatte. Aber was hatte sie schon wissen können? Sie wäre mit Junior zusammen gewesen, hatte sie ausgesagt. Sie hätten Geschlechtsverkehr gehabt. Ein strohdummes Weibsbild war sie gewesen, das sich die Tage mit vierbeinigem und die Nächte mit zweibeinigem Vieh vertrieb. Sie hatte einen so schnellen Tod verdient gehabt. Welche Bedeutung hatte es überhaupt, wenn auf diesem Planeten eine Sally Wainwright weniger lebte?
Bis jetzt hatte der Mann sechs Personen getötet, eine davon irrtümlich – ein Fehler, den er allerdings auf seine Weise wieder gutgemacht hatte. Nicht, dass er deswegen zum Rosenkranz gegriffen hätte; keine Beichte konnte ihn von seinen Sünden befreien. Doch es war ihm nicht gelungen, Sean King und Michelle Maxwell zu beseitigen, was ihn mit Wut erfüllte. Wahrscheinlich schnüffelten sie jetzt wieder herum und zerbrachen sich die Köpfe, um die wirklichen Geschehnisse zu durchschauen, und vielleicht kam tatsächlich der Tag, an dem sie auf die richtige Lösung stießen, die Wahrheit aufdeckten und ihm alles verdarben.
Es war riskant, aber er musste noch einmal versuchen, die beiden auszuschalten, und diesmal dafür sorgen, dass es klappte. Natürlich brauchte das eine gewisse Zeit der Vorbereitung; bis dahin würde er die Informationen sammeln, die ihm die Abhörgeräte verschafften, und den Detektiven stets einen Schritt vorausbleiben. Es konnte eng werden, doch wenn er klaren Kopf bewahrte und an seinem Plan festhielt, würde alles gut gehen.
Er war zuversichtlich, Sieger zu bleiben, zumal er über den gewichtigsten aller Vorteile verfügte: Er fürchtete sich nicht davor, für den letztendlichen Triumph zu sterben. Er bezweifelte, dass seine Widersacher ebenso empfanden.
Nun aber galt es erst einmal, einen weiteren Teil seines Plans in die Tat umzusetzen.
Einen grandiosen Abgang.
KAPITEL 78
»Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass Roger Canney der lang gesuchte Täter ist«, sagte King hitzig.
Sie saßen im Polizeirevier um einen langen Konferenztisch. Williams und Bailey musterten King mit skeptischen Blicken, während Michelle auf einem Notizblock kritzelte und gleichzeitig aufmerksam ihren Partner betrachtete.
»Er hat versucht, Sie beide abzuservieren«, sagte Bailey.
»Weil wir darauf gestoßen waren, dass er Bobby Battle erpresst hat«, entgegnete King. »Wir haben es Canney ziemlich unverblümt unter die Nase gerieben. Und falls er seine Frau ermordet hat, musste er befürchten, dass wir auch das herausfinden. Wir dachten, er hätte das Weite gesucht. In Wirklichkeit war er noch in der Gegend und wollte uns aus dem Weg räumen. Das heißt aber nicht, dass er auch sämtliche anderen Morde begangen hat.«
Bailey schüttelte den Kopf. »Entweder hat er gewusst oder zumindest vermutet, dass Sie uns über Ihren Verdacht informieren. Und sein Versuch, Sie zu beseitigen, war reichlich amateurhaft. Er hat für den Mordanschlag sein eigenes Fahrzeug benutzt.«
»Ich habe nicht behauptet, er wäre ein besonders gerissener Krimineller«, sagte King. »Ich glaube, er hat die Nerven verloren. Jahrelang hat er sich in Sicherheit gewiegt und ein schönes Leben geführt. Und dann wird plötzlich sein Sohn umgebracht, und wir entdecken seine Erpressungen. Vielleicht ist er ausgerastet. Wenn Sie sowohl bei den Canneys wie auch bei Bobby einen Vaterschaftstest vornehmen lassen, dürften wir meines Erachtens bald wissen, wer Steve Canneys leiblicher Vater war.«
»Na schön, unter Umständen hat Canney seinen Sohn, dessen Liebchen und Bobby Battle abgemurkst und danach diese Prostituierte und Diane Hinson ermordet, um alles zu verschleiern.«
»Und Junior Deaver?«, fragte King. »Wie passt der ins Bild?«
»Canney
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