Search inside yourself
meistern. Wir werden mit anderen Worten lernen, das Pferd zu reiten.
Ãber die Selbstregulierung
Wenn wir den Begriff Selbstregulierung hören, verstehen wir darunter im Allgemeinen ausschlieÃlich Selbstkontrolle im Sinne von: »Ich werde den Geschäftsführer nicht anschreien.« Falls auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, nicht mehr dazu einfällt, entgehen Ihnen die wirklich tollen Sachen. Zur Selbstregulierung gehört sehr viel mehr als nur Selbstkontrolle. Daniel Goleman ordnet ihr fünf emotionale Kompetenzen zu:
Selbstkontrolle: störende Emotionen und Impulse in Schach halten,
Vertrauenswürdigkeit: sich an Aufrichtigkeit und Integrität orientieren;
Gewissenhaftigkeit: Verantwortung für die eigene Leistung übernehmen;
Anpassungsfähigkeit: Flexibilität angesichts des Wandels;
Innovation: neue Ideen, Methoden und Informationen bereitwillig aufnehmen. 1
Diese Kompetenzen haben eines gemeinsam: Es handelt sich stets um eine Wahl . Jeder würde gern über die genannten Eigenschaften verfügen. Jeder wäre zum Beispiel gern anpassungsfähig und innovativ. Und wer würde nicht gern Werte wie Aufrichtigkeit und Integrität leben? Dennoch gelingt es vielen von uns nicht, diesen Idealen dauerhaft gerecht zu werden. Warum? Weil wir uns oft von unseren Emotionen genötigt fühlen, eine andere Richtung einzuschlagen. Gelingt es uns allerdings, vom Zwang zur Wahl zurückzufinden, werden all diese Eigenschaften wieder lebbar für uns, und wir können uns entscheiden, darauf zuzugreifen, sofern wir dies möchten.
Wenn wir vom Zwang zur Wahl übergehen können, aktivieren wir damit alle diese Kompetenzen.
Selbstregulierung bedeutet nicht, Gefühle zu missachten oder zu unterdrücken
Nachdem wir unser Programm eine Weile unterrichtet hatten, wurde uns klar, dass es nicht nur wichtig war zu erklären, was Selbstregulierung ist, sondern dass es ebenso wichtig war zu erklären, was sie nicht ist. Dies hat den einfachen Grund, dass viele Menschen glauben, bei der Selbstregulierung ginge es
einfach darum, belastende Gefühle zu unterdrücken. Dem ist zum Glück nicht so.
Selbstregulierung bedeutet nicht, den Gefühlen aus dem Weg zu gehen. Es gibt Situationen, in denen schmerzliche Emotionen durchaus angemessen sind. Hat Ihre beste Freundin zum Beispiel traurige Nachrichten, ist es vermutlich das Beste, einen Teil dieser Traurigkeit mit ihr zu teilen. Auch wenn Sie als Arzt einem Patienten eine schlechte Nachricht überbringen müssen, sollten Sie sich lieber nicht um die unangenehmen Gefühle drücken. Jedenfalls sollten Sie einem Kranken nicht mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht erzählen, dass er nur noch einen Monat zu leben hat. Das wäre unpassend.
Bei der Selbstregulierung geht es auch nicht darum, seine wahren Gefühle zu verleugnen oder zu unterdrücken. Gefühle liefern wertvolle Informationen, die verloren gehen, wenn Sie sie verleugnen oder unterdrücken. So lernte etwa einer der Teilnehmer am »Search Inside Yourself«-Seminar bei Google, sehr genau auf seine Gefühle zu achten, und verstand dadurch allmählich das volle Ausmaà seiner Unzufriedenheit mit seiner aktuellen beruflichen Situation. Kurz nach dem Seminar wechselte er in einen anderen Arbeitsbereich bei Google, war bald sehr viel glücklicher und arbeitete auch effektiver.
Selbstregulierung bedeutet nicht, bestimmte Gefühle niemals zu haben. Es geht vielmehr darum, den Umgang mit ihnen zu meistern. Ich habe zum Beispiel gelernt, dass in der buddhistischen Psychologie ein entscheidender Unterschied zwischen Wut und Empörung besteht: Wut entspringt einem Gefühl der Ohnmacht, Empörung dagegen einem Gefühl der Macht. Dieser Unterschied bewirkt, dass Wut Ihnen den Eindruck vermittelt, keine Kontrolle über eine Situation zu haben. Sind Sie dagegen empört, können Sie die volle Gewalt über Ihr Denken und Fühlen bewahren. Sie können somit emotional
sein und für Veränderungen kämpfen, ohne dabei die Fassung zu verlieren. Das macht den Zustand der Empörung zu einer wichtigen Fähigkeit und einem guten Beispiel für Selbstregulierung in ihrer besten Form. Ich glaube, Gandhi verkörperte dies in Vollendung. Er war kein wütender Mensch, doch das hielt ihn nicht davon ab, gegen die Ungerechtigkeit zu kämpfen oder groÃe Märsche anzuführen. Während seines gesamten
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