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Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Titel: Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Hasselbusch
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von Carl war, dass Carl mein Vaterersatz war, dass ich selbst keinen Vater hatte, oder besser, ihn nie kennengelernt hatte, dass ich keine Mutter mehr hatte und dass ich offenbar auch keinen Freund mehr hatte, weil Ulf, der gleichgültige Ignorant (ja! doppelt gemoppelt!) sich nicht mehr bei mir meldete – und meine Laune darunter vielleicht ein ganz klein wenig litt. All das wusste der ›Mopo‹-Typ nicht. Für ihn war es eine Story wie jede andere, so ähnlich wie das tägliche Horoskop erfinden.
    »Ja, genau. Ich hab das doch bei Ihnen im Radio gehört, dann bin ich hin, und da hatte er gerade seinen neuen Wagen und das Handy entdeckt. War ’ne super Story!« Ich kratzte mich am Kopf. Wie konnte ich ihm die Handynummer entlocken, ohne meinen Kopf zu verlieren?
    »Ich müsste Herrn Telgmann noch etwas fragen, also ich nenn ihn natürlich Kaschi, aber mein Handy hat leider seinen Geist aufgegeben, da hatte ich seine Handynummer drin. Könnten Sie mir die vielleicht mal eben geben?« Wer mich kannte, hätte sich totgelacht über meinen Versuch, seriös und huldvoll zu klingen. Ich meinte, auch in Thomas Christens Stimme einen süffisanten Unterton zu vernehmen.
    »Na klar gebe ich Ihnen die Nummer von Herrn Telgmann, also, ich nenn ihn natürlich auch Kaschi.« Blödmann. Obwohl, nicht humorlos. Ich hätte es langweilig gefunden, wenn er die Gelegenheit nicht wahrgenommen hätte, mich hopszunehmen. Schnell notierte ich die Nummer.
    »Stimmt, ja«, sagte ich. »Eigentlich konnte ich sie auch fast auswendig, hatte nur zwei Ziffern verdreht.« Das war auch typisch für mich. Anstatt Ruhe zu geben, mich zu bedanken und aufzulegen, steigerte ich mich immer weiter rein.
    »Grüßen Sie Kaschi schön von mir. Ach ja, ich soll Sie übrigens auch von ihm grüßen. Er wollte Ihnen so gerne persönlich sagen, welch großes Glück er hatte.« Mit diesem Satz hatte Thomas Christen mich eigentlich bloßgestellt, weil klar war, dass ich noch nie die Handynummer besessen hatte.
    Er klang aber nicht gehässig, sondern einfach nur amüsiert und freundlich. Von wegen fieser Konkurrent. So bissig waren die Journalisten der anderen Blätter und Sender im Hamburger Medienhaifischbecken wohl doch nicht. Zumindest nicht alle. Kam immer drauf an, wie man ihnen begegnete. Wie er wohl aussah, der Herr Christen?
    Gegen ein Treffen in einer Bar zum Austausch weiterer Handynummernvon Personen des öffentlichen Interesses hätte ich nichts einzuwenden gehabt und es vielleicht indirekt sogar selbst vorgeschlagen, wenn ich nicht schon dem Abend mit Markus Röck entgegengefiebert hätte. Zu viele Zusatzzahlen waren nicht gut. Aber ich spürte durchs Telefon, dass ich den Kollegen mochte.
    »Danke schön«, verabschiedete ich mich. »Und wenn du mal was brauchst, ruf mich gerne an«, wechselte ich unauffällig zum Du über.
    »Mach ich, danke.«
    »Ach, noch was. Ich hatte die Handynummer gar nicht. Auch die Geschichte mit dem neuen Wagen hab ich von dir.«
    »Weiß ich doch. Egal!«
    Kaschi ging tatsächlich an sein neues Handy.
    »Ja, hallo, hier Telgmann.« Er klang um einiges ernsthafter und gediegener.
    »Hier ist Jule Claussen, hallo!«
    »Ach, super, Jule. Auf dich hab ich gewartet. Hatte deine Nummer nicht.« Er klang hocherfreut.
    »Kann ja mal vorkommen«, warf ich ein und seufzte. »Erzähl mal bitte. Stimmt das wirklich, dass nach unserem Bericht im Radio ein nigelnagelneuer Wohnwagen vor deiner Tür stand?«
    »Und stimmt das alles?« André wiederholte live die Frage, die ich kurz vorher Kaschi am Telefon gestellt hatte.
    »Ja, genau so war es. Wir haben seine Lottogeschichte im Radio erzählt, dass er das ganze Geld verspielt hat, von seiner unglücklichen Liebe, vom abgebrannten Wohnwagen. Und zack, steht am nächsten Tag ein eins a Wohnwagen vor seiner Tür.« Ich konnte es selbst nicht fassen. Eine Art Samariter hatte Kaschi eine Riesenüberraschung vor die schrottige, verrostete Tür gestellt, einfach so.
    »Und ist klar, wer der Spender war?«
    »Nein, keinen blassen Schimmer. Irgendjemand Anonymes. Der größte Witz war, dass in dem Wagen schon eine Riesenpackung Currywürste im Kühlschrank lagerte.« André begeisterte sich für das Thema. Das merkte man daran, dass er eine Anschlussfrage stellte, die keinen Zweifel daran ließ, dass er meinen Schilderungen ausnahmsweise aufmerksam gelauscht hatte.
    »Und will er seine ›heiße Kiste‹ wieder aufmachen?«
    »Ich gehe fest davon aus.« Ich sah vor meinem geistigen Auge, wie

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