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Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Titel: Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Zimmermann
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dieses Mal auf dem schnellsten Weg über die Bundesstraße 30, auf der Rudolf sich anscheinend sofort heimisch fühlt. Vermutlich liegt es daran, dass ihn der dichte Verkehr an Berlin erinnert. Immer wieder versuche ich, meinen Bruder und meine Schwägerin zu erreichen, aber inzwischen meldet sich nicht einmal mehr die Mailbox auf dem Handy. Und der Anrufbeantworter bei ihrem Festnetzanschluss ist ausgeschaltet.
    »Warum ist es dir denn so wichtig, dass du sie erreichst? Das hat doch Zeit«, meint Rudolf und späht nach einer Lücke, um endlich den BMW vor uns zu überholen.
    Ich lasse das Handy sinken. »Du hast ja vielleicht Nerven. Ich will so schnell wie möglich nach Berlin zurück, falls du das vergessen hast. Aber vorher gibt es noch einiges zu besprechen zwischen Wolfgang und mir.«
    Weil ich mir von Rudolfs missmutigem Gesichtsausdruck (den er seit kurzem immer hat, wenn ich von unserer Rückreise spreche) auf keinen Fall die Stimmung verderben lassen will, schließe ich einfach die Augen. Ohren zumachen geht leider nicht, und so muss ich mir jetzt einen längeren Vortrag darüber anhören, dass nichts so ungünstig sei wie überhastete Entschlüsse: »Es wäre doch viel besser, wenn du erst mal in Ruhe abwartest. Genieß den Urlaub, das tut dir bestimmt gut. Doreen, ich muss dir sagen, du warst in Berlin in letzter Zeit häufig so gereizt, dass ich dachte ...«
    »Sprich ruhig weiter. Ich bin die Gelassenheit in Person.«
    »Seit wann denn das? Ehrlich gesagt, dir würde ein etwas beschaulicheres Leben auch mal ganz guttun. Berlin ist Stress pur, vor allem, wenn man nicht mehr so jung ist.«
    »Danke, das war jetzt eigentlich nicht das Thema.«
    Ich mache die Augen wieder auf und Rudolf mit einem kurzen Blick klar, dass er diesen Gedanken besser nicht vertiefen soll. Dann nehme ich mein Handy, rufe die Auskunft an, und kurze Zeit später habe ich auch schon die Nummer der
Schwäbischen Zeitung
eingetippt.
    »Pst«, mache ich, als Rudolf etwas sagen will. »Ich muss eine Anzeige aufgeben.«
    »Suchst du dir jetzt einen anderen Mann?«
    Manche blöden Bemerkungen werden auch dadurch nicht besser, dass man sie kommentiert, und deshalb sage ich in diesem Fall nichts. Außerdem meldet sich gerade jemand, und ich bitte darum, mit der Anzeigenabteilung verbunden zu werden. Während die Musik dudelt und eine reizende Computerstimme mich darüber informiert, dass im Moment leider alle freien Mitarbeiter im Kundengespräch seien, sage ich sehr laut: »Bitte veröffentlichen Sie folgenden Text: Ich suche einen liebevollen Mann, groß, gutaussehend, er muss mich auf Händen tragen und ...«
    »Bitte wie! Bist du jetzt völlig verrückt geworden?«
    Rudolf haut die Bremse rein, fährt rechts ran, immerhin scheint er geblinkt zu haben, denn niemand hupt hinter uns. Einen Moment lang ist es still im Auto, dann halte ich ihm das Handy ans Ohr. Er lauscht, dann sagt er: »Fügen Sie unbedingt noch hinzu: Ich brauche jeden Tag mehrmals Sex.«
    Ich reiße ihm das Handy aus der Hand und höre: »Bitte haben Sie noch einen Moment Geduld. Im Augenblick sind leider alle unsere freien Mitarbeiter ...« Mein Herzallerliebster schüttet sich aus vor Lachen, und ich beschließe, die Anzeige wegen Papas Betreuung lieber später und in aller Ruhe aufzugeben.
    Dass ich das dann allerdings doch erst mal vergesse, liegt an dem Zettel, der in der Blumenschale neben unserer Haustür steckt. Nur gut, dass Rudolf damit beschäftigt ist, das Auto gerade millimetergenau in die Garage einzuparken – ein kleines Kunststück, zumindest für ihn. So kann ich Monis Nachricht (
Hallo, wollte ein Besüchle machen, aber ihr seid leider noch nicht zurück. Ich versuch’s morgen noch mal, wir könnten zusammen was unternehmen! Wäre doch lustig! Eure Moni
) unauffällig in der Papiertonne verschwinden lassen. Was ökologisch zwar vorbildlich ist, das Problem für mich aber nur vorübergehend löst, denn Moni war schon immer hartnäckig.
    »Eure Garage ist aber auch eher für einen Kleinwagen ausgelegt«, höre ich Rudolf kommentieren. »Ist schon wieder irgendwas passiert? Du machst so ein komisches Gesicht.«
    Ich schüttle den Kopf. Am liebsten würde ich antworten:
Hol sofort das Auto wieder aus der Garage, wir fahren zurück nach Berlin
. Aber natürlich muss ich zuerst mit Wolfgang reden. Und vor allem muss ich vermeiden, dass Rudolf in Monis Falle tappt. Es reicht, dass sie mir damals Uli ausgespannt hat. Noch einmal werde ich nicht die

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