Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)
Verliererin sein!
Ein paar Mal klingelt an diesem Abend Rudolfs Handy, aber er kommt nicht dazu abzunehmen – dafür sorge ich schon. Erst als er erschöpft eingeschlafen ist, schleiche ich mich mit seinem Handy ins Bad und checke alle Anrufe. Wie ich vermutet habe: Moni gibt nicht auf. Interessant ist auch, dass mein Herzallerliebster bereits ihre Telefonnummer gespeichert hat. Unter
Moni
, so als seien die beiden bereits sehr privat miteinander.
Als ich gerade alle ihre Anrufe gelöscht habe (sieben!), kommt noch eine SMS von ihr:
Was ist los? Warum meldest du dich denn nicht?
Sekundenlang überlege ich, ob ich zurückschreiben soll:
Ich melde mich nicht bei dir, weil ich nur Doreen liebe!
, da höre ich Rudolf auf dem Flur, und so bleibt mir nichts anderes übrig, als auch die SMS schnell zu löschen und das Handy vorübergehend tief unten im Wäschekorb zu deponieren. Keine Reaktion ist auch eine Reaktion, finde ich, und vielleicht kapiert sogar eine Moni das.
7. Kapitel
Männer sind tatsächlich lernfähig, stelle ich am nächsten Morgen erfreut fest, als mein Herzallerliebster nicht lange herumkurvt, sondern direkt das Parkhaus an der Stadthalle ansteuert. Schon in aller Frühe sind wir losgefahren, zwar nicht nach Berlin (was mir um einiges lieber gewesen wäre), sondern nach Biberach. Was aber auch nicht schlecht ist, weil erstens ein sonniger Tag ist, zweitens ungefähr fünfundzwanzig Kilometer zwischen Moni und uns liegen, und wir drittens bis zum Nachmittag wieder zurück sein wollen und ich endlich mit Wolfgang und Renate darüber reden werde, wie es weitergeht.
Ich habe den beiden bereits um halb sieben morgens auf den Anrufbeantworter gesprochen, freundlich, aber bestimmt, dass ich sie zum Kaffee in Aulendorf erwarte. »Papa wünscht übrigens auch, dass ihr kommt«, habe ich noch rasch hinzugefügt, um der Einladung etwas mehr Gewicht zu verleihen. Für unser Gespräch habe ich eine halbe Stunde vorgesehen, so dass Rudolf und ich spätestens um fünf losfahren können. Nach Berlin, zurück in unser altes Leben.
»Ehm«, macht er verlegen. »Würdest du vielleicht ...«
»Aber selbstverständlich«, sage ich und fahre ihm liebevoll durchs frisch geföhnte Haar. »Du kannst währenddessen schon mal den Reiseführer studieren, du findest sicherlich einiges, was dich interessiert. Kultur und so was«, füge ich hinzu, während er aussteigt und ich mich auf den Fahrersitz hinüberschiebe.
»Drüben im Stadtgarten sind Bänke. Da kannst du dich hinsetzen!«, rufe ich ihm noch zu, denn meine Erfahrung sagt mir, Männern muss man alles sagen, am besten in kurzen knappen Sätzen und notfalls auch mehrmals.
Aber Rudolf scheint mich nicht mehr gehört zu haben, denn als ich noch einen Blick in den Rückspiegel werfe, sehe ich, wie mein Herzallerliebster mit hochgezogenen Schultern, den Reiseführer unter dem Arm, ein wenig verloren auf dem Gehweg steht. Fremdelnd, könnte man dazu auch sagen.
Wird schon werden, mache ich mir selber Mut und kurve durch ein Tiefgeschoss nach dem anderen, bis ich schließlich zwischen zwei riesigen SUVs Platz finde. Den blauen Parkchip verstaue ich äußerst sorgfältig in meiner Handtasche – schließlich bin auch ich lernfähig! – und knipse wieder einmal mein strahlendstes Lächeln an, als ich auf die Straße trete und mich suchend umschaue. Das muss heute ein Glückstag werden, blauer Himmel, gute Laune und Moni scheint aufgegeben zu haben (zumindest war vorhin, als ich das Handy aus dem Wäschekorb gefischt habe, noch kein neuer Anruf von ihr gekommen). Ich spüre es: Ich habe wieder alles im Griff, tendenziell wenigstens. Bloß ... Wo bitte ist Rudolf abgeblieben?
Ich brauche geschlagene zehn Minuten (in denen ich zunehmend nervöser werde), bis ich Rudolf schließlich entdecke. In der Theaterstraße, an eine Hauswand gelehnt, mit äußerst nachdenklichem Gesicht.
»Warum hast du denn nicht auf mich gewartet?«, frage ich mit nur ganz wenig Vorwurf in der Stimme. Ich lasse mir diesen herrlichen Tag doch nicht von solchen Kleinigkeiten kaputt machen.
»Musste mal ein paar Schritte laufen«, kommt es unwillig zurück.
Ich hake mich unter. »Also dann los. Ich hab mir gedacht, wir könnten zuerst den Marktplatz anschauen. Wusstest du, dass er einer der schönsten in Süddeutschland ist? Es gibt sogar Leute, die meinen, er sei der schönste überhaupt. Und sieh dir mal die Häuser ringsherum an. Sind sie nicht einfach grandios? ... Rudolf?«, füge ich hinzu,
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