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Seelenasche

Titel: Seelenasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Zarev
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die Kehle zu. Um seine Angst hinunterzuspülen, trank er einen Schluck Wodka und schob eine Garnele hinterher.
    Â»Könnten Sie mir nicht damit aushelfen, Herr Weltschev?«
    Toschev wusste nur zu gut, dass Christo das Geld hatte, und so fragte er eigentlich gar nicht, sondern klang, als wären sie bereits kurz vor dem Handschlag.
    Â»Das hängt ganz davon ab, worum es sich handelt«, antwortete Christo zögerlich.
    Â»Um Öl! Ich hatte mir gedacht, Jugoslawien ein bisschen Öl zu verkaufen.«
    Â»Aber das ist verboten! Sie wissen doch, dass die UNO wegen des Krieges ein Wirtschaftsembargo gegen Ex-Jugoslawien verhängt hat.«
    Â»Das ist ja eben die gute Nachricht. Durch die Handelsblockade steigt der Gewinn aufs Zehnfache. Mein Angebot lautet: Ich organisiere die Transaktion, Sie finanzieren mit, und wir teilen den Gewinn fifty-fifty. Hundertfünfzig Millionen Mark einstreichen, klingt das nicht verlockend für Sie?«
    So also machte man Beute. Indem man mit unbeweglichen Augen auf das Hereinflattern einer guten Nachricht wartete, und dann blitzschnell und ohne lange zu fragen, was Recht und Gesetz davon hielten, zum Sprung ansetzte.
5
    Zwei Stunden später saßen sie im Hotelrestaurant, umgeben von Kellnern, den neugierigen Blicken der wenigen übrigen Gäste und der fieberhaften Aufmerksamkeit einiger platinblonder Damen, speisten Wachteln und tranken dazu einen 1974er Burgunder. Eduard Toschev schob seine beinahe unberührte Portion zur Seite, knetete ein Stück seines Brötchens zwischen den Fingern und fragte dann ohne Übergang:
    Â»Ach, Herr Weltschev, haben Sie eigentlich Geld auf der First Private Bank?«
    Christo schwankte zunächst, ob er antworten sollte, aber er war neugierig auf die Antwort und sagte wahrheitsgemäß:
    Â»Ein bisschen schon.«
    Â»Heben Sie das schleunigst ab!«
    Â»Aber die Bank wirkt solide!«
    Â»So sieht sie aus, ja, aber hören Sie auf mein Wort! Die Angestellten dort wissen selbst nicht, wie die Lage wirklich ist. Sagen Sie selbst: Wie kann ein Banker, der den ganzen Tag säuft und durch die Gegend torkelt, Geldgeschäfte abwickeln? Eine Bank ist ja nicht bloß ein Parkhaus, in das die Leute ihr bewegliches Vermögen einstellen, und du verdienst an der Parkgebühr. Geld muss fließen, in Bewegung sein, und da musst du topfit sein. Es ist doch ein Jammer, wie einer, der einfach so eine Bank geschenkt bekommt mit allen Chancen, daraus etwas zu machen, sie einmal seinem Sohn zu hinterlassen, einfach alles verjubelt. Wer so viel Macht über so viel Geld bekommt, und damit so viel Freiheit, der muss auch die Courage haben, Haltung anzunehmen und sich in den Dienst dieser Freiheit zu stellen. Freiheit und Verantwortung gehören schließlich zusammen, meinen Sie nicht, Herr Weltschev? Aber sagen Sie das mal unseren Ballon-Millionären: In den wenigen Jahren seit der Wende sind schon zweimal Leute in Windeseile reich geworden und ebenso rasch geplatzt, wie Ballons eben. Diese eitlen Selbstdarsteller wollen partout nicht kapieren, dass reich sein nicht einfach nur ein Privileg ist, mit dem du angeben kannst, sondern – eine Lebensaufgabe, ein Beruf. Genauso ein Beruf wie Bäcker oder Schlosser.«
    Â»Warum sagen Sie mir das?«, fragte Christo verblüfft.
    Â»Aus drei einander ergänzenden Gründen. Damit Sie Ihr Geld nicht verlieren; damit Sie begreifen, dass Sie wirklich eines Tages reich sein können, und drittens: damit Sie sehen, dass ich weiß, wovon ich rede.«
    Â»Ein Mensch, der Philosophie studiert hat, kann nicht …«
    Â»Machen Sie nicht den Fehler, mich zu unterschätzen, Herr Weltschev«, unterbrach Toschev ihn schroff, »den wirklich großen Fehler …«
    Wie gern hätte Christo sich einfach auf seine Wachteln konzentriert, deren delikates Fleisch, gespickt mit feinsten Gewürzen, einem im Mund zerging; aber eine Frage ließ ihm einfach keine Ruhe.
    Â»Herr Toschev, ich möchte Sie etwas fragen. Wenn Ihnen meine Frage unverschämt erscheint, beantworten Sie sie nicht; aber wenn Sie sie beantworten, dann bitte ehrlich.«
    Â»Seien Sie unbesorgt, ich bin an die menschliche Frechheit ebenso gewöhnt wie an mein Sodbrennen.«
    Â»Um überhaupt auf die Idee zu kommen, mich zum Teilhaber zu machen …«
    Â»Von heute an können Sie wirklich mein Teilhaber sein, und nicht bloß ein Geschäftspartner

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