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Seelenband

Seelenband

Titel: Seelenband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
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Schatten hoch.
"Da bist du ja endlich!" brummte eine Männerstimme ärgerlich. "Wie lange soll ich denn noch auf dich warten?"
"Tony?" fragte John vorsichtig.
"Scheiße, Mann, wer soll's denn sonst sein?"
"Hast du sie dabei?" fragte John mit einer Spur von Erregung.
"Na klar." Der Mann grinste.
John streckte die Hand aus, doch Tony wich zurück.
"Zuerst das Geld, Mann", sagte Tony. "Und ..." Er zögerte kurz. "Es war teurer als gedacht. Das Mädchen hat alles verkompliziert."
"Wieviel?" fragte John resigniert.
"600."
"600?" fragte John entgeistert nach.
Tony zuckte mit den Achseln. "Hey, ich bin nur der Bote."
Ja klar, dachte John sarkastisch. Er sah Tony weiterhin skeptisch an.
"Hey, Mann", Tony zuckte wieder mit den Achseln. "Es ist deine Entscheidung. Du willst sie, also zahlst du. Wenn du sie nicht willst, verschwinde ich."
"Schon gut", brummte John. "Du wartest hier." Er ging in seine Wohnung und schloss die Tür sorgfältig hinter sich. Dann ging er ins Bad und lockerte die eine Kachel, hinter der er sein Geld versteckte. Bedauernd zählte er die Scheine nach, obwohl er genau wusste, wie viel sich dort befand. In den letzten Monaten hatte er es geschafft, 650 beiseite zu legen. Er hatte gehofft, damit die Kaution für eine richtige Wohnung zahlen zu können. Eine Wohnung, in die er Nalla endlich mitnehmen konnte. Jetzt würden ihm nur 50 bleiben.
"Das ist es wert", murmelte John verbissen, als er sein nun beinahe leeres Versteck wieder verschloss. Er ging vor die Tür und zeigte Tony den Stapel Scheine in seiner Hand. "Gib mir die Papiere."
Tony lachte. "Hier hast du sie." Er warf John ein kleines Päckchen hin und schnappte sich die Geldscheine aus dessen Hand. "Bis zum nächsten Mal", sagte Tony und verschwand in den Schatten.
Ungeduldig riss John das Päckchen auf und starrte dessen Inhalt an. Dann atmete er erleichtert auf. Die Ausweisdokumente sahen echt aus. Damit würde er sich endlich einen besseren Job suchen können, eine richtige Wohnung mieten. Schon bald würde er Nalla zu sich holen und sie konnten damit beginnen, sich ein richtiges Leben aufzubauen.

Valerie stand unter der Dusche und ließ heißes Wasser auf ihren Körper laufen. In Johns Gegenwart hatte sie sich zwar beruhigt, doch nun, da sie wieder allein war, kam das Zittern in ihren Körper zurück.
Sie würde morgen auf jeden Fall zur Polizei gehen und den Vorfall melden. Wieso nur hatten sie die Polizei nicht sofort gerufen? Dann hätte sie es schon hinter sich.
John hatte es nicht gewollt, fiel ihr ein. Und er wollte auch morgen nicht mitkommen. Hatte er etwa Ärger mit der Polizei? Oder ... Oder war er vielleicht illegal eingereist? Je mehr Valerie darüber nachdachte, desto sicherer wurde sie, dass dies der Grund für Johns Verhalten war. Es würde einiges erklären: den fremdartigen Akzent und die Tatsache, dass er einen Aushilfsjob machte, obwohl er ohne Zweifel gebildet war.
So oder so, er hatte ihr geholfen und sie würde ihn dafür nicht verraten. Sie würde einfach sagen, dass ihr Schrei die Jungs so erschreckt hatte, dass sie weggelaufen waren.
Und am Sonntag würde sie John nach der Wahrheit über ihn fragen, auch wenn sie sie eigentlich nichts anging. Und auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass er zugeben würde, ein Verbrecher zu sein, äußerst gering war. Doch vielleicht würde sie anhand seiner Reaktion endlich Gewissheit haben.

Der Besuch bei der Polizei am nächsten Morgen war wenig Erfolg versprechend gewesen. Der Beamte hatte ihr zwar sein volles Mitgefühl ausgesprochen, aber kaum Hoffnung gemacht, dass die jugendlichen Übeltäter jemals geschnappt würden. Dennoch hatte er sich pflichtschuldig die Täterbeschreibung notiert und versprochen, sie an die Einsatzfahrzeuge zu geben. Dann notierte er sich Valeries Nummer und versprach, sich zu melden, falls es etwas Neues gab.
Da sie keine weiteren Pläne für den Samstag hatte, beschloss Valerie, noch einmal im
    "Pablo"
vorbeizugehen und John von ihrem Besuch bei der Polizei zu erzählen.
Kurze Zeit später betrat sie das Café und ihr Blick ging automatisch zur Kaffeemaschine, in der Erwartung, dort Johns mittlerweile vertraute Gestalt zu entdecken.
Doch er war nicht da. Stattdessen stand da ein junger, gutgelaunter Mann, der fröhlich mit einer blonden Kollegin flirtete.
Verwirrt blickte Valerie sich um. Sie hatte keinen Augenblick lang daran gedacht, dass John mal nicht arbeitete. Sie blickte sich suchend um, aber er war tatsächlich nicht da. Sie setzte sich an einen

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