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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
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nicht mehr lange dauern konnte, bis die Funken zwischen ihnen hin- und hersprangen.
    Pierre hielt die Luft an. Oh, oh! Wenn das mal gut geht! Das mit dem Zirkus hätte ich wohl besser nicht sagen sollen! Da! Plötzlich begann eine der gezwirbelten Schnurrbartspitzen zu zucken, und die in die Uniform gezwängten dreihundert Pfund schienen sich wieder zu entspannen, soweit das in dieser Zirkuspelle überhaupt möglich war.
    »Na schön, Herr Pfarrer!« Der Gendarm atmete tief aus und hob gleichgültig seine massigen Schultern. »Ganz wie Sie wollen!« Ohne weitere Anstalten zu machen, zog er einen kleinen Schlüssel aus seiner Jacke und öffnete schließlich – nach einiger Fummelei mit dem schlaffen Arm des Gefangenen – das Schloß am Handgelenk des Mannes. »Ich warte draußen!« Er sah Pierre mit entwaffnender Freundlichkeit an, während seine Schnurrbartspitzen unentwegt weiterzuckten.
    Der ist doch verrückt! Pierre nickte und wandte sich dann dem Mann zu, der immer noch regungslos und mit geschlossenen Augen auf dem Rücken dalag. Dieses Häufchen Elend da unten soll also ein gefährlicher Brandstifter sein? Er ging in die Hocke und legte seine Hand auf den Arm dieser völlig verwahrlosten Person. »Der Herr sei mit dir!« sagte er leise und sanft, um den Mann nicht zu erschrecken.
    In diesem Augenblick öffnete der Totengräber seine Augen, starrte ihn für einen kurzen Moment an, und ehe sich Pierre versah, stürzte sich der Verrückte auf ihn. »Du verdammter Hund!« Kreischend riß er ihn zu Boden und griff ihm mit beiden Händen sofort um den Hals. »Wir sind alle verloren!« schrie er immer wieder und drückte zu.
    Obwohl Pierre diesem Häufchen Elend – wenn auch wahnsinnigem Häufchen – körperlich eigentlich haushoch überlegen war, so hatte ihn der Irre mit seinem Sprung doch überrascht und hing nun keuchend über ihm.
    »Du schwarzer Teufel!« Der Wahnsinnige war völlig außer Kontrolle, und sein stinkender Atem ergoß sich über ihn. »Ich dreh’ dir deinen verdammten Hals um, du schwarzer Hund!«
    Pierre war wie gelähmt und wußte gar nicht, wie ihm geschah. Er sah nur noch diese fauchende Bestie über sich ...
    »Ich bring’ euch alle um!« Dem Totengräber rann bereits der Schaum aus dem Mund, während er mit der Kraft eines Irrsinnigen zudrückte.
    Pierre begannen allmählich die Sinne zu schwinden, an Gegenwehr war überhaupt nicht mehr zu denken. Alles drehte sich und von dem Untier, das auf ihm saß, nahm er nur noch ein entferntes Knurren und Fauchen wahr. Plötzlich erfaßte ihn ein eiskalter Schwall. War es schon der Hauch der Bewußtlosigkeit, oder gar die Nähe des Todes, der wie ein Herbstnebel über ihm schwebte? Noch nie zuvor hatte er ein derartiges, seltsames Gefühl. Ein zweiter Schwall der Kühle ergoß sich über sie, und der Totengräber erstarrte, wie vom Blitz getroffen. Der Griff um seinen Hals begann sich zu lockern und wenige Augenblicke später flog der Wahnsinnige wie ein Vogel in die Höhe und verschwand abrupt aus seinem Gesichtsfeld.
    »Na, na!« rief eine Stimme. »Geht man heute so mit seinen Pfarrkindern um, Herr Pfarrer? Da muß ich mich doch sehr über Sie wundern!«
    Pierre lag immer noch keuchend am Boden und wischte sich die Haare aus dem Gesicht. Alles drehte sich und seine Sinne waren durch den Luftmangel immer noch betäubt. Aber ... Was ist denn das? Er war total naß! Klatschnaß bis auf die Knochen! Erst jetzt begriff er, daß sie dieser Zirkuselefant mit eiskaltem Wasser übergossen hatte.
    »Sie ... Sie ... waren das?« keuchte er, während er immer noch gegen die drohende Ohnmacht ankämpften mußte.
    »Ja, natürlich, Herr Pfarrer! Ich mußte doch irgendwie Ihr hitziges Temperament abkühlen! Leider kann ich Ihnen nicht erlauben, so mit meinen Gefangenen umzuspringen! Hier wird nicht gerauft!«
    Pierre blinzelte und hielt sich vorsichtig die Kehle. Langsam kamen seine Sinne zurück. Was hat der Spinner da gesagt? Ich hör’ wohl schlecht ... Er saß immer noch auf dem Boden in einer Wasserlache. Klatschnaß! Seine Soutane klebte ihm wie eine zweite Pelle auf der Haut. Verdammt! Unwillig sah er an sich herab. Welch jämmerlichen und zugleich entwürdigenden Anblick mußte er diesem grobschlächtigen Walroß jetzt wohl bieten.
    »Sie haben wirklich einen herzlichen Umgang mit Ihren Pfarrkindern, Herr Pfarrer!« Der Dicke stand breitbeinig vor ihm und hatte die Arme provozierend in die Seite gestützt.
    Jetzt ist es aber genug! Das Wasser auf

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