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Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Stellen des Chamäleon-Anzugs versuchten sich dem Flackern anzupassen; es sah aus, als bewegte sich der Stoff oder etwas darunter. »Und vielleicht liefert er bald nur noch Proteingrütze. An mangelnder Energie liegt es nicht; davon habe ich genug. Vielleicht gibt es hier eine Resistenz.« Er winkte. »Essen Sie, Florence, essen Sie, damit Sie wieder zu Kräften kommen.«
    »Was meinen Sie mit Resistenz?«, fragte sie und probierte den Brei. Er sah nicht besonders einladend aus, doch der Geschmack entsprach dem Geruch – die graubraune Masse schmeckte wie Kartoffelbrei.
    Benedict beäugte sie, während er sich mehrmals den Löffel in den Mund steckte. »In manchen Welten des Netzes funktioniert keine moderne Technik«, sagte er schließlich und sprach langsam, als gingen ihm dabei ganz andere Dinge durch den Kopf. »Sie enthalten keine originären modernen Technologien, und Besucher aus dem Hauptstrang, die welche mitbringen, müssen damit rechnen, dass ihre Geräte früher oder später versagen. So wie mein Synther, der während der ersten Wochen einwandfrei funktioniert hat. In letzter Zeit bin ich immer häufiger gezwungen zu improvisieren.« Er deutete zu der Ansammlung von Geräten und Instrumenten, als seien diese Erklärung genug.
    Florence ließ den Löffel sinken. »Sie reden von Dingen, die mir fremd sind. Was meinen Sie mit ›Hauptstrang‹? Woher kommen Sie? Wer sind Sie?«
    »Ich komme von Lassonde«, sagte Benedict. Als Florence ihn nur weiterhin ansah, fügte er hinzu: »Ich bin ein Legat.« Und als Florence immer noch nicht reagierte: »Ich bin im Auftrag von Protektor unterwegs.«
    »Ich verstehe kein Wort.«
    »Sie haben nichts von Lassonde, Legaten und Protektor gehört?«
    Florence schüttelte den Kopf.
    Benedict legte den Löffel beiseite, stand auf, legte etwas in den Kamin, das nicht nach Holz aussah, den Flammen aber Nahrung bot, und kehrte zum Tisch zurück, einen nachdenklichen Blick auf Florence gerichtet. »Ich glaube, umgekehrt ist es leichter«, sagte er und setzte sich wieder. »Erzählen Sie mir, wer Sie sind und woher Sie kommen. Anschließend erkläre ich Ihnen alles.«
    Florence zögerte, fragte sich dann aber, welchen Sinn es hatte, keine Auskunft zu geben. Und so erzählte sie von der Erde und dem ansteigenden Meeresspiegel, vom Philanthropischen Institut, Sea City, der Foundation und den Travellern, die manche Wissenschaftler für eine Antwort der Evolution auf die globale Katastrophe hielten. Sie erzählte von sich selbst und Zacharias, von ihrem Auftrag, einem Traveller zu helfen, der in einem fremden Ich festsaß, von ihrer Begegnung mit dem Seelenfänger, der Flucht und einer Sea City, die zur Ruinenstadt geworden war.
    »Nach dem Verlassen der Ruinenstadt fand ich mich in einer anderen Foundation wieder, nicht in der richtigen, obwohl ich die Personen kannte, denen ich dort begegnete. Ich nahm Tetranol und wollte zu Zach zurück, doch stattdessen geriet ich in die Falle.«
    Benedict nickte langsam. »Er hat sie überall im Netz verstreut, seine Fallen. Weil es ihm nicht genügt, Legaten – Traveller, wie Sie sie nennen – auf den einzelnen Welten außerhalb des Hauptstrangs ausfindig zu machen und zu entführen. Der Seelenfänger braucht mehr, um seinen Einfluss auszuweiten. Erstaunlich finde ich, dass Sie nicht selbst eine Legatin sind, eine Travellerin, sondern … Wie haben Sie es genannt?«
    »Ich bin Therapeutin.«
    »Therapeutin, ja. Eine Kognitorin. Ich bin ebenfalls ein Kognitor, aber von anderer Art. Meine Aufgabe besteht darin, für Protektor Fallen zu finden und sie zu markieren. Erasmus höchstpersönlich hat mir den Auftrag gegeben.« Benedict klopfte sich auf die Brust, wodurch er eine kleine Staubwolke aufwirbelte. »Erasmus, das ist der Leiter von Protektor.« Er erkannte die Frage in Florences Gesicht. »Protektor ist eine Organisation, die den Hauptstrang des Netzes vor dem Seelenfänger schützt. Nun, wenn ich Ihre Beschreibungen richtig deute … Ich schätze, Sie kommen von einer Saatwelt.«
    »Von einer was?«
    »Oh, ich weiß, Sie glauben, aus der einzigen Realität zu stammen«, fuhr Benedict in einem dozierenden Tonfall fort. »In Lassonde sprechen wir in diesem Zusammenhang von ›Realtweltern‹, die meistens von peripheren Mundi stammen, fast immer erschaffen von Salomos Weltenbauern. Verzeihen Sie: Mundi, das ist unsere Bezeichnung für die Welten. Mundus und Mundi, so nennen wir sie. Und Lassonde ist die Anima Mundi, die Weltseele, das

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