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Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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dort aus war der Abstieg nicht weiter schwer gewesen. Nach und nach trafen auch die anderen Mitglieder der Einsatzgruppe ein, zu zweit oder zu dritt. Sie orientierten sich kurz, schwärmten dann aus und näherten sich verschiedenen Bereichen der Stadt, in der alles reglos blieb, obwohl sich die Vorhut bereits in den Außenbezirken befand. Florence sah die Männer und Frauen nur mithilfe des Visiers. Wenn sie es hochklappte und sich allein auf ihre Augen verließ, blieben die Straßen leer. Nur ein gelegentliches Flirren verriet die Präsenz von Gestalten, die aktivierte Tarnanzüge trugen, und auch nur dann, wenn man wusste, wonach es Ausschau zu halten gilt.
    Florence erlebte einen Moment der Desorientierung, als sie an sich selbst hinabblickte und nur den Boden sah, nicht aber ihre Füße auf ihm, und auch nicht den Rest des Körpers.
    »Das gefällt mir nicht«, murmelte Erasmus. Er stand auf dem Weg, die Waffe wie unschlüssig in der Hand, beobachtete die Stadt durch sein Visier und nahm Meldungen entgegen. »Es ist zu leicht.«
    »Weil er nicht damit gerechnet hat, dass wir Prisma entdecken würden!« Zwei Männer, grün in Florences Visier, eilten vorbei, und Benedict machte einen Schritt in ihre Richtung, schien sich ihnen anschließend zu wollen. Er zitterte vor Aufregung. »Worauf warten wir? Sollen die anderen den ganzen Ruhm ernten?«
    »Salomo kann doch nicht so unvorsichtig sein, keine Wächter zurückzulassen. Dummheit!«, sagte Erasmus. Aber er gab Benedicts Drängen nach und setzte sich wieder in Bewegung. Florence blieb an seiner Seite, die Hände leer, und hörte, wie immer mehr Stimmen kurze Berichte übermittelten. Die ersten Häuser waren durchsucht worden, und offenbar befand sich niemand in ihnen, bis auf eine Ausnahme: In einem kleinen Gebäude am Stadtrand fanden die Protektor-Leute zwei Personen, einen älteren Mann und eine kaum jüngere Frau. Sie hatten geschlafen und erwachten nur kurz, bevor sie betäubt wurden. Kurz darauf trafen weitere Meldungen dieser Art ein: mehrere Jugendliche, die in einem ansonsten leeren Schlafsaal gefunden wurden, einzelne Personen in anderen Häusern, unter ihnen auch jüngere Männer und Frauen, und nicht eine von ihnen wach. Sie alle erschraken, geweckt von Gestalten in Tarnanzügen, aber niemand von ihnen bekam Gelegenheit, einen Alarm auszulösen. Innerhalb von nur ein oder zwei Sekunden wurden sie außer Gefecht gesetzt, mithilfe von »neuralen Interruptoren«, wie Erasmus sie genannt hatte, kleinen Geräten, mit denen sich ein Gehirn offenbar kurzschließen ließ, ohne dass es bleibende Schäden davontrug.
    »Na bitte!« Benedict sonnte sich bereits im Gefühl des Sieges, als sie an den ersten Gebäuden wie aus Glas vorbeigingen. Durch die halbtransparenten Wände sah Florence Treppen und Räume, Möbel und gelegentlich auch die grüne Gestalt eines Protektor-Soldaten. »Sie sind alle überrascht, und wie könnte es auch anders sein? Salomo hat nicht mit uns gerechnet. Hier hat er sich immer absolut sicher gefühlt.«
    »Aber wo ist er? Unbekannt!« Erasmus sah sich um.
    Florence beschäftigte eine ganz andere Frage. »Wo ist Zach?«
    Sie merkte es erst jetzt: dass sich eine seltsame Leere in ihrer Magengrube ausbreitete, dass ihr Herz schneller schlug, obwohl der Anzug versuchte, sie zu beruhigen – erneut fühlte sie sich an den Innenseiten der Beine berührt, und auch an den Hüften.
    »Ich habe ihn lokalisiert. Gefunden!«, sagte Erasmus. Er deutete nach vorn, zum See. »Eine starke Verbindung besteht zwischen Ihnen, fast zum Greifen.« Ein Lächeln erschien kurz in seinem Gesicht.
    Florence achtete nicht darauf. Eine kalte Hand umklammerte Herz und Seele, trotz der Bemühungen des Tarnanzugs, ihr Gelassenheit zu vermitteln. Rechts und links eilten Legaten von Protektor in die kristallenen Häuser, und Benedict hielt es nicht länger aus, schloss sich ihnen an. Irgendwo erklang ein Schrei, zerriss die seltsame Stille aber nur für eine halbe Sekunde.
    »Ihr Zacharias ist gefunden«, sagte Erasmus und blickte durchs Visier auf die Anzeigen von Messinstrumenten. »Aber der Seelenfänger fehlt. Sorge!«
    Irgendwo in der Nähe klirrte es, und Florence zuckte zusammen. Sie gingen auf einem breiten, leeren Weg, im hellen Schein von Straßenlaternen, umgeben von den Hängen des Kraterrunds, über dem sich der dunkle Nachthimmel wölbte, und für einen Moment fühlte sich Florence wie in einem schlechten Traum gefangen. Aber da sie wusste, dass sie

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