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Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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sein. Gewissheit!« Erasmus deutete in ein Zimmer. »Dort!«
    Mit langen Schritten eilte er durch den Flur, und Florence, deren Finger sich von seiner Hand gelöst hatten, folgte ihm.
    In dem kleinen Zimmer lag ein Mann auf einem schmalen Bett, die Augen geschlossen und die Stirn schweißfeucht. Florence erkannte das Gesicht sofort, obwohl es halb im Schatten verborgen war. Eine weitere Explosion erhellte den Raum und brachte Gewissheit.
    Erasmus beugte sich über den Schlafenden und schüttelte ihn. Florence trat an seine Seite, trotz der Umstände von wilder Freude erfüllt. »Zach …«
    Erneut rüttelten kräftige Hände an den Schultern des Mannes im Bett.
    Schließlich öffnete Zacharias die Augen.
    »Endlich«, knurrte Erasmus. »Wurde auch Zeit. Wir sind hier, um Sie zu befreien.«
    »Was?«, brachte Zacharias hervor. »Noch jemand, der mir Freiheit bietet?«
    »Auf die Beine mit dir«, sagte Florence. »Wir müssen von hier verschwinden, solange wir können.«

Weltensplitter
    28
    E ine nahe Explosion schüttelte das Gebäude, haarfeine Risse breiteten sich spinnennetzartig in den gläsernen Wänden aus. Florences Lippen bewegten sich, aber ihre Worte verloren sich in einem Krachen wie von hundert Kanonen.
    »Ich verstehe nicht«, stieß Zacharias hervor, noch immer halb in einem Schlaf gefangen, der kein gewöhnlicher Schlaf gewesen war. Salomo, dachte er. Der Seelenfänger ist in meine Träume eingedrungen und hat versucht, mich zu manipulieren. »Bist du es wirklich?«, fragte er mit plötzlichem Argwohn.
    Florence ergriff seine linke Hand und der Mann, der sie begleitete, seine rechte. Gemeinsam zogen sie ihn mit sich nach draußen, in eine brennende, zusammenbrechende Stadt. Seltsame Flugapparate glitten durch die Dunkelheit über Prisma und warfen Blitze, die sich in Feuerbälle verwandelten, wenn sie den Boden oder eins der Gebäude berührten. Gestalten liefen umher, manchmal nur als kurzes Flimmern zu erkennen, oder als Gesichter ohne Körper. Wer auch immer diese Leute waren, die sich zumindest teilweise unsichtbar machen konnten: Salomo hatte sie erwartet.
    »Zurück!«, rief Florence dem Mann mit dem schütteren Haar und dem energischen Gesicht zu. »Blasen Sie zum Rückzug.«
    Eine weitere Flugmaschine rauschte mit brummenden Motoren über sie hinweg und spie Feuer, das zwei der in Tarnanzüge gehüllten Angreifer traf – sie verbrannten sofort und bekamen nicht einmal Gelegenheit zu einem letzten Schrei.
    »Wir haben den Seelenfänger noch nicht gefunden. Kampf notwendig!«, erwiderte der Mann und klappte das Visier vor sein Gesicht. »Sie sind Zacharias, ja?«
    Zacharias nickte, während Florence an seinem linken Arm zerrte und der Mann seinen rechten Arm festhielt. Nur noch wenige Lampen brannten in Prisma, aber viele Gebäude standen in Flammen, obwohl sie den Eindruck erweckt hatten, zum größten Teil aus Glas und Kristall zu bestehen. In ihrem Licht sah Zacharias, wie das Wasser des smaragdgrünen Sees in Bewegung geriet, als weitere Flugmaschinen aus ihm aufstiegen.
    »Eine Falle«, sagte er, und plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. »Dies war eine Falle, eine doppelte Falle. Für mich … und auch für euch.«
    »Sie hatten Kontakt mit dem Seelenfänger. Positiv!«, sagte der Mann. »Können Sie ihn lokalisieren? Wo ist er?«
    Zacharias reagierte instinktiv, schickte ein Ping in den Äther und öffnete gleichzeitig sein Radar. Es gab so viele Echos, dass er die Orientierung verlor und taumelte.
    »Lieber Himmel«, ächzte er. »Es sind Hunderte, Tausende.« Die Stadt war nicht leer, begriff er plötzlich. Ganz im Gegenteil, sie war voller Menschen. Er hatte sie nur nicht gesehen, als er mit Salomo hierhergekommen war.
    Er hatte sie nicht sehen sollen .
    Der Blitz einer Flugmaschine riss nur wenige Meter entfernt ein Loch in die Straße, die zum brodelnden See führte, und Zacharias spürte, wie die Druckwelle der Explosion an ihm zerrte. Florence wurde von ihr zur Seite geschleudert – so sah es aus, aber vielleicht war es ein Sprung – und stieß mit solcher Wucht gegen den Mann, dass er Zacharias’ Arm losließ. Sofort wirbelte sie herum, ergriff erneut Zacharias’ Hand, lief los und zog ihn mit sich, fort vom See.
    »Komm!«, rief sie. »Lauf! Am Hang gibt es einen Übergang.«
    Sie rannten durch Prisma, mal im Dunkeln, mal im flackernden Schein von meterhohen Flammen, verfolgt vom Donnern der Explosionen und dem dröhnenden Brummen der Flugmaschinen. Weitere

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