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Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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wollte vor allem dich , Zach.«
    Zacharias erkannte sofort die Wahrheit in diesen Worten. Sie rührten an Erinnerungen in ihm, rückten sie an ihren richtigen Platz und stellten Zusammenhänge her. »In der Hütte auf dem Hügel … Du hast versucht, mich zu überwältigen, aber das gelang dir nicht.« Warum nicht?, dachte er. Weil mir jemand eine starke Dosis Tetranol gab, eine viel stärkere Dosis, als für die Reise nötig gewesen wäre. »Du hättest es fast geschafft, mir deinen Willen aufzuzwingen, aber jetzt bist du nicht mehr dazu imstande, aus welchem Grund auch immer. Du kannst mich nicht zwingen , so wie die anderen.«
    »Du bist der beste Traveller der Foundation, Zach«, sagte Florence. »Deine Begabung ist enorm. Sie hat dir geholfen, dich anzupassen, und inzwischen hast du dich an diesen neuen Space gewöhnt.« Sie lächelte. »Du bist ebenso stark wie er.«
    Zacharias kannte sie. Er wusste den Glanz in ihren Augen zu deuten, selbst die kleinsten Veränderungen in ihrem Mienenspiel und in ihrem Ton, und deshalb wusste er: Zumindest die letzten Worte waren übertrieben, drückten mehr Hoffnung aus als Gewissheit.
    Aber wer weiß, dachte Zacharias und fühlte, wie die alte Zuversicht zurückkehrte. Vielleicht bin ich wirklich so stark wie Salomo. Ich bin der beste Traveller der Foundation!
    Er erwiderte das Lächeln.
    »Was grinst du so?«, knurrte Kronenberg, in den kalten blauen Augen eine Mischung aus Zorn und Argwohn. Er hob die Hand zur Nase. »Wir haben noch eine Rechnung offen, Zach.«
    Salomo hielt nach wie vor die Hand ausgestreckt. »Frieden. Um der Menschen willen.«
    Zacharias tat so, als wollte er die ausgestreckte Hand ergreifen, hob die seine aber im letzten Moment und zeigte Salomo ihren Rücken. »Siehst du das?«
    »Was?«, fragte der kleine Mann. »Ich sehe nichts.«
    »Eben.« Zacharias wechselte einen Blick mit Florence. Zeit für einen kleinen Showdown, dachte er.
    Sie lächelte erneut und drehte sich halb zu Kronenberg um. »Du hast Erasmus erschossen, du Mistkerl«, sagte sie. »Außerdem gibt es nur eine Person, die Zacharias ›Zach‹ nennen darf, und das bin ich.«
    Sie schmetterte ihm die Faust ins Gesicht, genau auf die Nase.
    Zacharias schlug gleichzeitig zu, traf Salomo am Kinn, ergriff Florences Hand und lief mit ihr los, noch bevor der fallende Salomo auf den Boden prallte.
    Das funkelnde, flackernde Licht der Spiegel folgte ihnen, und das Geräusch ihrer Schritte ließ ihr Glas leise klirren.
    »Die Nase ist hin, so viel steht fest«, stieß Zacharias zwischen schnellen Atemzügen hervor. »Dreimal gebrochen.«
    »Der Mistkerl hätte Schlimmeres verdient!«
    »Er würde mit dir Schlimmeres anstellen, wenn er dich erwischt.«
    »Aber er erwischte mich nicht, weil wir von hier verschwinden. Bring uns nach Lassonde.«
    »Nach Lassonde? Warum ausgerechnet nach Lassonde?« Hinter ihnen knallte es, und etwas flog an ihnen vorbei und traf einen der Spiegel, in dem eine ältere Frau mit geschlossenen Augen auf einem Stuhl saß, in einem schmucklosen Zimmer, durch dessen Fenster man ein nahes Gebirge mit schneebedeckten Gipfeln sehen konnte. Das Glas zersprang, und plötzlich saß die Alte dort auf dem Stuhl und riss die Augen auf. Blut rann ihr aus der Schläfe, und sie kippte zur Seite.
    Florence zog ihn zur Seite, und Zacharias gab nach, ließ sich von ihr in eine Schattenzone zwischen den Spiegeln ziehen.
    »Wenn die virtuellen Realitäten und der Space tatsächlich miteinander verknüpft sind …« Auch Florence atmete schwer und musste sich unterbrechen, um Luft zu holen. »Die Denkmaschinen von Lassonde könnten uns den Weg zurück zur Foundation zeigen.«
    »Hast du nicht gehört?«, erwiderte Zacharias. Es knallte nicht noch einmal hinter ihnen, aber Stimmen erklangen. »In Lassonde herrscht Krieg. Salomos Truppen greifen dort an.«
    »Es ist die einzige Möglichkeit, Zach.«
    »Na schön, also gut.«
    Florence schaute ihn an. »Worauf wartest du?«
    »Was?«
    »Bring uns nach Lassonde, Zach!«
    »Wie denn, verdammt?«
    »Das fragst du mich? Du bist hier der Traveller!«
    Zusammen mit Florence duckte sich Zacharias hinter einen besonders großen fünfeckigen Spiegel, der auf einer Ecke stand, ausbalanciert wie ein Pirouetten drehender Tänzer. Und ein Tanz fand auch im Innern des Spiegels statt, auf einer schneeweißen Tanzfläche, erhellt vom Licht eines gewaltigen Kronleuchters. Ein Mann und eine Frau tanzten dort, drehten sich so langsam wie der Spiegel und auch so

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