Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Haller
Vom Netzwerk:
dem stattlichen Herrenhaus standen.
    Johannes nickte und führte sie durch die offen stehende Tür in einen hellen Vorraum.
    »Ah, Herr Medicus, Gott zum Gruße. Schön, dass Ihr wieder einmal hier seid!« Aus einem großen Kontor gegenüber der Tür kam ein drahtiger Mann eilig auf sie zu. »Und wie ich sehe, seid Ihr in entzückender Begleitung.«
    Luzia spürte, wie sich die Wärme ihrer Wangen bemächtigte, als der dunkel gekleidete Kaufmann ihr die Hand reichte und sie mit Blicken maß.
    »Darf ich Euch Jungfer Gassner vorstellen? Und dies ist Kaufmann Mänzel, der das Fernhandels-Kontor meines Vaters weiterführt und meine Interessen vertritt. Daneben bewohnt er mit seiner Frau und seinen Kindern die Kammern im ersten und zweiten Stock.«
    Mänzel führte sie in das helle Schreibzimmer mit breiten Scherenstühlen und Fenstern, die zur Straße hin lagen.
    »Und, Meister Mänzel, wie gehen die Geschäfte?«
    »Es könnte wahrlich besser sein, aber was soll man erwarten, wenn die Leute verrückt werden und das Unheil überall lauert«, jammerte Mänzel und machte ein besorgtes Gesicht. »Aber ich möchte Euch nicht langweilen«, sagte er schnell, an Luzia gewandt. »Auf der Hofstatt über dem Kornhaus hat sich
bereits gestern ein kleiner Jahrmarkt niedergelassen. Einen Besuch bei den Feuerschluckern solltet Ihr nicht versäumen«, sagte Mänzel mit einem vielsagenden Lächeln.
    Luzia lächelte ebenfalls. »Die Fahrenden wurden uns bereits am Tor angepriesen«, gab sie zurück. An Johannes gewandt, sagte sie: »Was hältst du davon, wenn ich mir, derweil du mit Meister Mänzel die Geschäfte besprichst, das fahrende Volk ansehe?«
    »Das ist eine wunderbare Idee!«, bestätigte Johannes. »Die Besprechung der Geschäftsbücher ist furchtbar langweilig und ein mehr als trockenes Geschäft. Geh nur, und sobald wir hier fertig werden, komme ich nach.«
    Luzia verabschiedete sich von Mänzel und schenkte Johannes ein glückliches Lächeln.
    Eine Minute später sah Johannes sie unter dem Fenster vorübergehen.
    »Ich konnte Euch vorhin nicht ganz folgen«, nahm Johannes das Gespräch wieder auf. »Was meintet Ihr mit dem Unheil?«
    »Habt Ihr nicht gehört, dass die Konstanzer eine Frau als Hexe verbrannt haben?«
    Der Medicus nickte. »Ja, von dieser Torheit habe ich bereits erfahren! Ich hoffe, Ihr seid nicht auch ein Anhänger dieser neuen Verwirrung des Geistes«, sagte er knapp und musterte den Kaufmann wachsam.
    Meister Mänzel hob die Schultern. »Schließlich soll das Weib allein mit seinem bösen Blick die Kinder auf der Gasse verhext haben, während sie den Alten Siechtum und Gebrechen an den Hals gewünscht hat. Angeblich soll sie das Unwetter herbeigerufen und die Hühner, die seither keine Eier
mehr legen, behext haben. Geht einmal durch die Stadt, Ihr werdet nicht ein einziges Ei aus Konstanz finden!«
    Johannes winkte ab.
    »Das ist doch alles Unsinn. Es gibt keine Hexen!«
    »Und wie erklärt Ihr Euch, dass die Hühner plötzlich keine Eier mehr legen?« Johannes bedachte den Kaufmann mit einem warnenden Blick.
    »Wahrscheinlich hat das Federvieh beschlossen, keine Eier mehr zu legen, weil auch sie genug davon haben, dass unschuldige Menschen der Hexerei bezichtigt werden!« Die letzten Worte kamen Johannes so heftig über die Lippen, dass der Kaufmann einen Schritt zurücktrat.
    »Es tut mir leid, wenn Ihr eine andere Meinung vertretet. Vielleicht sollten wir lieber von etwas …«
    »Ganz richtig. Lasst uns nun endlich zum geschäftlichen Teil kommen. Ich möchte Jungfer Gassner nicht allzu lange warten lassen.«
     
    Als Luzia den großen Platz zwischen Kornspeicher und Nikolauskirche betrat, hatte sich bereits eine große Menschentraube um die Fahrenden gebildet. Ein buntgekleideter Mann, dessen Haar gänzlich geschoren war, spie zur Freude der Umstehenden große Stichflammen in den Himmel. Zur Begeisterung aller jonglierte er anschließend mit gefährlich aussehenden Messern und erntete auch damit brausenden Applaus.
    Bei einem alten, schrumpeligen Männlein kaufte Luzia ein paar mit Honig glasierte Haselnüsse. Mit der Köstlichkeit in der Hand schlenderte sie weiter, als sie von einer jungen Frau mit dunkler Haut und schwarzen Augen angesprochen wurde.
    »Kommt herein! Ilonka wird Euch sagen, was die Zukunft
bringt!« Mit diesen Worten lud die hübsche Zigeunerin Luzia in ihr buntes Zelt ein.
    Luzia winkte ab.
    »Es tut mir leid, aber ich glaube nicht an die Wahrsagerei«, entgegnete sie, »und

Weitere Kostenlose Bücher