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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Kupfer dort – und jede einzelne sehnsüchtig berührte: Die Münzen standen ihr für ein neues Leben. Sie waren der Ausweg aus diesem elenden Dasein. Sie würden sie erlösen.
    Der Haken war nur, daß sie ihr nicht gehörten.
    Naso hatte sie ihr als Bezahlung für die Aufnahme des verletzten Griechen gegeben, aber selbst ein Schwachkopf konnte sehen, daß ihr Wert das, was Zoë dafür gab, weit überstieg. Eine einzige dieser Münzen entsprach dem Verdienst eines ganzen Jahres; die Börse dem eines ganzen Lebens – eines Lebens in Würdelosigkeit und Erniedrigung, in Angst und Einsamkeit. Zoë brauchte nur in den dunklen Schacht ihrer Zukunft zu blicken und konnte die Männer sehen – hart und gefühllos, einige freundlich, die meisten grausam –, konnte Krankheit, Armut und Hoffnungslosigkeit sehen, und am Ende des Schachts die einsame alte Frau, die in den Hafenkneipen um einen Schluck Bier bettelte. Doch diese Münzen zeigten ihr ein anderes Leben, wo sie Ansehen und Wohlstand genoß, in einem kleinen Haus lebte, in Sizilien vielleicht, ihren Garten versorgte und morgens am Brunnen mit den Nachbarinnen klatschte. Sie konnte neu beginnen, Zoë, die Hure, begraben, und als ehrbare junge Witwe wieder auferstehen, die ihren Gatten auf See verloren hatte. Sie würde erhobenen Hauptes durch die Straßen gehen können und nachts achtbar und anständig in einem richtigen Bett schlafen. Die Vorstellung war so überwältigend, daß ihr der Atem stockte.
    Sie warf einen Blick auf den schlummernden Fremden. Seit zwei Tagen schlief er dank der schmerzstillenden Mittel, die die Heilerin ihm gegeben hatte, fast ununterbrochen. Er hatte Fieberträume gehabt, die seltenen Male, in denen er erwacht war, hatte er nicht gewußt, wo er war, aber bald, hatte Mera dem Mädchen erklärt, würden die Schleier sich heben, und er würde wieder zu Sinnen kommen. Dann würde er seine Familie kommen lassen, man würde ihn holen und nach Hause bringen, um ihn in seinem eigenen Bett gesundzupflegen.
    Und seine Münzen wird er mitnehmen, dachte Zoë.
    Sie beobachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen. Sie dachte an seine Halskette. Das Auge irgendeines Gottes, hatte die Heilerin gesagt, in Gold und Lapislazuli gearbeitet und sicher doppelt so viel wert wie die ganze Börse. Mit dieser Kette und den Münzen in ihrem Besitz konnte Zoë auf der Stelle ein neues Leben anfangen.
    Was machte es ihr, daß sie den Kranken hier hilflos und allein zurücklassen würde? Zweifellos würde er bald aus der Bewußtlosigkeit erwachen und um Hilfe rufen; oder man würde ihn früher oder später finden. Sein Verlust war ihr Gewinn. Zoë lächelte. Die Entscheidung war gefallen – sie wollte noch heute nacht aufbrechen.
    Nachdem sie die Münzen eingesammelt und wieder in die Lederbörse geschüttet hatte, legte sie ihre wenigen Habseligkeiten auf einen Haufen und schnürte sie zum Bündel. Als sie zum Aufbruch bereit war, blieb nur noch eines: Sie mußte dem Fremden die Halskette abnehmen. Aber als sie sich ihm zuwandte, sah sie überrascht, daß er wach war.
    Er setzte sich auf. In der mondschimmernden Finsternis starrten sie einander an; Zoë mißtrauisch ihr Bündel an sich drückend, der Fremde erstaunt, mit zusammengezogenen Brauen. In den vergangenen zwei Tagen, während er geschlafen hatte, hatte Zoë kaum einen Blick an ihn verschwendet, jetzt aber fiel ihr auf, wie schön der Fremde war.
    »Wo bin ich?« fragte er.
    Ein Gefühl, das Zoë ganz neu war, ergriff sie, und sie schauderte. Er war so hilflos.
    »Du bist in meinem Haus«, antwortete sie.
    »Wer bist du?«
    »Erinnerst du dich nicht?« Vorsichtig ging Zoë zu ihm und blieb im Licht des Mondstrahls stehen, der durch das Fenster fiel.
    »Kenne ich dich?« fragte er.
    Sie überlegte. Hatte er das Gedächtnis verloren? Die Heilerin hatte auf diese Möglichkeit hingewiesen. Wenn es so war, würde er dann nicht auch die Münzen vergessen haben?
    »Wir sind einander vor zwei Tagen begegnet«, sagte sie.
    Er hob eine Hand und rieb sich verwirrt die Stirn. »Was ist geschehen?«
    »Du bist von Dieben überfallen worden. In einer Gasse am Hafen.«
    Die steile Falte zwischen seinen Brauen vertiefte sich. Er musterte Zoë mit solcher Eindringlichkeit, daß diese unwillkürlich den Rand ihrer Palla über ihre Brust zog.
    Wie sie da so stand und ihn anstarrte, kam sie Andreas irgendwie bekannt vor. »Am Marktplatz«, sagte er langsam. »Der Teppichhändler. Dort war ein Mädchen …«
    Zoë hielt den

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