Seelenjäger: Die Jagd beginnt (German Edition)
Ich war leer. Kein Gefühl regte sich mehr in mir. Ich war vollkommen leer gefegt.
„Herrin?“, fragte eine sanfte Stimme.
Ich schaute auf. Der dunkelhäutige Mann sah mich besorgt an. Auf einmal war ich ihm also doch wichtig. Aber ich war nicht wütend. Ich konnte nicht mehr wütend sein.
Ich stand auf und lief zu dem reich gedeckten Tisch hinüber. Ein hohes Kissen lag vor dem Tisch. Ich setzte mich darauf. Der Mann mit dem Kelch schenkte mir in einen silbernen Becher ein. Der Geruch von Wein kroch mir in die Nase. Ich mochte Wein eigentlich nicht, doch ich war so ausgetrocknet, dass ich die Flüssigkeit binnen weniger Sekunden in mich hineingeschüttet hatte. Der Mann schenkte mir nach. Ich sah ihn an. Als er es bemerkte, senkte er seinen Blick und stellte sich wieder gerade hin. Ich vermutete, dass er ein Sklave war.
Ich betrachtete den Tisch und die Köstlichkeiten, die darauf ausgebreitet waren. Ich streckte meine Hand nach einem Laib Brot aus und erstarrte mitten in der Bewegung. Vergiftet wäre es wohl kaum. Außerdem war ich viel zu hungrig, um widerstehen zu können. Ich brach mir ein Stück von dem Brot ab und nahm einen Bissen. Es war noch warm vom Backen und ganz weich. Anders als die Brote aus Sonah. In meinem Heimatdorf war das Brot immer grob und körnig gewesen. Nicht so fein wie dieses hier. Ich schlang das Brot gierig hinunter. Zudem aß ich auch von dem Braten eines Vogels, von dem Käse und einige der Früchte. Darunter eine Frucht, deren Schale mit kleinen Ausbuchtungen übersät war und in der sich im Innern rote, tropfenförmige Kerne in einem weichen, süßen Fruchtfleisch befanden.
Als ich zu Ende gespeist hatte, blickte ich zu dem dunkelhäutigen Mann.
„Hast du Hunger?“, fragte ich ihn.
„Nein, Herrin!“, antwortete er respektvoll.
„Also erstens bin ich nicht deine Herrin und zweitens glaube ich dir nicht!“
Er sah erstaunt auf. Doch sofort senkte er wieder das Gesicht. Ich stand auf und legte meine Hände um den Kelch, den er hielt. Ich zog daran. Er sah erneut auf.
„Nun gib schon her!“, sagte ich.
Er tat wie befohlen. Der Kelch war überraschend schwer. Ich stellte ihn auf dem Boden ab und wies dem Mann an, dass er sich bedienen sollte. Er starrte mich an.
„Bitte! Ich bin satt und das restliche Essen reicht für weitere zehn Personen!“, erklärte ich.
Nach langem Zögern schüttelte er den Kopf.
„Ich kann nicht!“
„Wieso nicht?“
„Einem Sklaven ist es nicht erlaubt, an derselben Tafel wie seine Herren und von demselben Essen zu speisen!“, antwortete er kleinlaut.
„Aber wenn einer dieser Herren es dir erlaubt, dann schon, oder?“
„Ist das Euer Wunsch?“, erwiderte er.
„Ja! Ich möchte, dass du dich satt isst!“, sagte ich bestimmt.
Der dunkelhäutige Mann streckte seine Hand noch immer zögerlich nach einem Apfel aus. Ich lächelte ihm aufmunternd zu. Er hob den Apfel hoch und führte ihn zum Mund.
Er wollte gerade hineinbeißen, da tauchte eine weitere Person aus dem schwarzen Nebel auf.
Der Mann ließ vor Schreck den Apfel fallen und nahm seine ursprüngliche Position ein.
Ich drehte mich um und versuchte im Nebel etwas zu erkennen. Schließlich lichtete sich der Rauch und ich starrte in ein mir nur zu gut bekanntes Gesicht. Darmn grinste mich kühl an.
„Hallo, Jaqueline! Ich hatte gehofft, dass wir uns eines Tages wieder begegnen würden. Und nun ist der Tag gekommen!“, begrüßte er mich.
Meine Gefühle drangen allesamt wieder an die Oberfläche. Sie kamen in mir hoch und brachen wie ein Sturm aus mir heraus. Ich ließ den Kelch auf den Boden fallen. Mit einem lauten Klirren landete er auf dem steinernen Boden. Der Wein spritzte in alle Richtungen und verteilte sich wie Blut auf dem Fußboden. Ich stürzte vor und schrie Darmn an. Sein Grinsen wurde nur noch breiter. Als würde er sich freuen, eine solche Reaktion bei mir bewirkt zu haben. Doch das kümmerte mich nicht. Ich wollte diesem Monster nur so viel Schmerz bereiten, dass er sich wünschte, niemals auf diese Welt gekommen zu sein.
Ich hatte keine Waffe und erhob meine Fäuste. Darmn jedoch war schneller und stärker. Er umfasste meine Handgelenke und riss sie herum. Ich schrie auf. Diesmal nicht aus Wut, sondern vor Schmerz. Der Dämon zückte einen Dolch und hielt ihn mir vors Gesicht.
„Erinnerst du dich daran? Wie viel Spaß wir damit hatten?“, fragte er mich lachend.
Er war von meiner Schwäche belustigt. Davon, dass ich ihm nichts anhaben konnte.
Ich
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