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Seelenkälte: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)

Seelenkälte: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)

Titel: Seelenkälte: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Wassermann
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zu ihm Kontakt aufzunehmen. Ich habe ihm geschrieben, aber er hat keinen meiner Briefe beantwortet. Also habe ich mich irgendwann einfach auf mein Fahrrad gesetzt und bin zu ihm hingefahren. Aber er hat sofort versucht, mich abzuwimmeln, hat gesagt, er hätte jetzt gerade keine Zeit, und wir könnten ja vielleicht irgendwann mal telefonieren. Ich hatte den Eindruck, dass es ihm unglaublich peinlich war, dass ich aufgetaucht bin, können Sie sich das vorstellen?« Sie schüttelte den Kopf, immer noch fassungslos über das Verhalten ihres Vaters. »Und plötzlich, als er weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat, sollen wir das alles vergessen und verzeihen und so tun, als sei er unser liebender Vater gewesen?« Sie schnaubte verächtlich. »Vielleicht werde ich es eines Tages noch bereuen, aber ich konnte das nicht.«
    Suna nickte. Sie hatte volles Verständnis für das Verhalten ihrer Klientin. Als sie sah, dass Linda Tränen in den Augen hatte, beschloss sie, erst einmal keine weiteren Fragen zu stellen, die zu persönlich waren. Es war deutlich zu erkennen, dass Linda keineswegs so hart und abgebrüht war, wie sie das gern nach außen vermittelte.
    »Um welche Unterlagen geht es denn?«, wechselte Suna das Thema.
    Linda stöhnte kurz auf und erhob sich dann. »Richtig, die Unterlagen. Die hatte ich schon fast wieder vergessen.«
    Sie nahm einen der Umzugskartons, die auf dem Fußboden standen, und schob ihn zu Suna hin. »Hier habe ich schon alles reingepackt, was ich gefunden habe. Allerdings habe ich nichts aussortiert, sondern einfach die gesamten Stapel reingeschmissen.«
    Suna lächelte. »Kein Problem, ich wühle mich schon durch. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich das hier erledige? Ich werde bestimmt einige Fragen haben, und dann müsste ich Sie nicht jedes Mal anrufen.«
    »Gern.« Linda wies auf den Tisch, an dem sie gerade noch gesessen hatte. »Das wird wohl der beste Platz dafür sein. Ich wollte sowieso erst mal in der Küche weitermachen. Da komme ich vielleicht auf andere Gedanken.«
    Die nächsten zwei Stunden verbrachte Suna damit, Unterlagen aus dem Karton zu holen, die Papiere durchzulesen und auf verschiedene Stapel zu sortieren. Irene Vossen hatte anscheinend fast alles aufbewahrt, was sie in den letzten Jahren bekommen hatte, allerdings weder nach Datum noch nach irgendeinem anderen System geordnet. Rechnungen und Mahnungen lagen zwischen Briefen der Bank, Versicherungsunterlagen und Schreiben von verschiedenen Behörden.
    Suna wurde schnell klar, dass Irene Vossen – ähnlich wie ihre Tochter Saskia – sehr zurückgezogen gelebt hatte. Sie fand kaum private Briefe oder Postkarten. Aus den letzten zwei Jahren war gar nichts Privates zu finden.
    Wieder musste Suna an die glückliche junge Frau denken, die sie vorhin in dem Fotoalbum gesehen hatte. Wie konnte es sein, dass ein Leben einfach so scheiterte, das so glücklich begonnen zu haben schien?
    Sie hoffte, eine Antwort darauf in den restlichen Unterlagen zu finden, genauso wie einen Hinweis darauf, was Saskia erlebt hatte. Aber alle Papiere, die sie durchsah, kamen ihr völlig belang- und aussagelos vor.
    »Frau Lürssen?« Linda war unbemerkt ins Zimmer getreten. »Ich habe gerade gesehen, dass es schon recht spät ist. Ich habe noch einen Termin und muss leider gleich weg, aber wenn Sie wollen, können Sie gern noch hierbleiben und weiter die Papiere durchgehen.« Sie wies auf die vollgestopfte Kommode. »Und da können Sie sich auch umsehen, wenn Sie glauben, dass dort vielleicht noch etwas Interessantes sein könnte.«
    »Ich denke, das ist nicht nötig.« Suna schüttelte lächelnd den Kopf und stand von ihrem Stuhl auf. Sie wies auf einen der Stapel, den sie ganz vorn an die Tischkante geschoben hatte. »Aber die Papiere hier würde ich mir gern noch einmal genauer durchlesen. Außerdem liegen da noch einige alte Briefe, die ich mir gern noch in Ruhe ansehen würde. Wenn es Ihnen recht ist, nehme ich sie mit zu mir ins Büro.«
    Linda nickte gedankenabwesend. »Ja, klar, warum nicht?«
    »Und ich würde auch ganz gern das Handy Ihrer Schwester noch eine Weile behalten. Ich habe da eine Idee.«
    Dieses Mal zögerte Linda kurz, bevor sie antwortete. »Ja, sicher. Aber bitte löschen Sie nichts.«
    »Das hatte ich nicht vor«, versicherte ihr Suna ehrlich. Eigentlich hatte sie sogar genau das Gegenteil geplant.

*
    Auf ihr Klingeln hin öffnete Frau Edelmann die Tür.
    »Frau Lürssen, ach, das ist ja schön dass wir uns schon

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