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Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Titel: Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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überleben zu können. Fast wie im wirklichen Leben, amüsierte sich Nachtigall.
    Als der Junge eingeschlafen war, zog er ihm die Bettdecke hoch und legte das Buch auf den Nachttisch zurück.
    Glucke, lachte er sich selbst aus und schloss vorsichtig die Tür hinter sich.

45
    »Das war mal wieder große Klasse. Wer war denn der Typ?«
    Herr Petzold war im ganzen Lokal zu hören und Dirk legte ihm beruhigend seine Hand auf die Schulter.
    »Der Vater des Kindes, das Friederike hatte abtreiben lassen, denke ich. Er wollte das Kind. Und du hast deiner Tochter geholfen es umzubringen«, antwortete Frau Weinreich knapp.
    »Red keinen Stuss! Sie hätte auch allein gewusst, was sie machen muss. Schließlich informiert sie andere Mädchen in ähnlichen Situationen genau über das Prozedere. Von mir wollte sie nur den Namen eines guten Gynäkologen und den habe ich ihr gegeben. Schluss, mehr nicht!«
    »Das glaube ich dir gern! Schluss, mehr nicht! Genau. Lieber hältst du dich aus allem raus! Bloß nicht ins Gewissen reden!«
    »Das ist doch der Grund, warum sie zu dir nicht gekommen ist! Du mit deiner Moral! Sie wollte gar nicht, dass irgendjemand an ihrer Entscheidung rummäkelt. Mein Gott, jetzt akzeptier das endlich! Sie war erwachsen!«
    »Müsst ihr euch schon wieder streiten? Wir kommen gerade von Friederikes Beerdigung.«
    »Ja, das ist wahr. Aber es ist auch klar, wer das verbockt hat!«
    »Ach, schon wieder ich!«
    »Na, das kannst du doch nicht ernsthaft bestreiten! Sie ist bei dir groß geworden. Deine falsche Erziehung hat sie zu dem werden lassen, was sie war.«
    »Jetzt reicht’s mir aber! Hättest du dich nicht immer eingemischt, hätte ich sie auch erziehen können!«
    Dirk sah von einem zum anderen. Was spielte denn das alles jetzt noch für eine Rolle? Friederike war tot, unwiederbringlich verloren. Und daran war der Mörder Schuld, denn der hatte die Entscheidung getroffen und seinen Plan umgesetzt.
    »Hört auf! Sie ist tot!«
    »Deine Schwester hätte nicht sterben müssen, wenn deine Mutter ihr beigebracht hätte sich anständig zu benehmen! Doch stattdessen hat sie sie in eine Katastrophe nach der anderen laufen lassen. Ich denke, kaum jemand in dem Alter hatte so viele Menschen gegen sich aufgebracht wie Friederike.«
    »Du hast sie doch auch gehasst! Als du mir von dem Sturz deiner Frau erzählt und von deiner Tochter verlangt hast, dass sie dein Haus nie wieder betritt, was war es denn, was deine Stimme da so beben ließ, hä? Blanker Hass!«, schleuderte Frau Weinreich ihrem Exmann entgegen.
    »Ach und du? Wie oft hast du mir gesagt, du habest es satt mit ihr, ständig nur Ärger, die Polizei im Haus, das Jugendamt! Wenn sie jemandem ein Dorn im Auge war, dann dir!«, giftete er zurück.
    Dirk nahm sein Jackett von der Stuhllehne und verließ grußlos das Lokal.
    Das war nicht auszuhalten! Vielleicht würden sie sich wieder beruhigen, wenn dieser Kommissar Nachtigall endlich den Täter geschnappt hatte.
    Er trat durch das große Portal gegenüber der Einsegnungshalle auf den Friedhof und ging den schnurgeraden Weg entlang. An der Treppe angekommen sah er sich orientierend um und folgte dann dem Weg, der nach links abzweigte.
    Musik war zu hören. Offenbar Gitarrenmusik. Er verlangsamte seinen Schritt und versuchte zu hören, von wo sie kam. An der nächsten Wegbiegung bot sich ihm ein eigentümliches Bild.
    Um ein frisch aufgeschüttetes Grab hatte sich eine Gruppe Jugendlicher versammelt. Sie trugen abgerissene Kleidung, einer sogar einen schmutzstarrenden Parka, trotz der sommerlichen Temperatur. Zwei Mädchen waren dabei und sangen leise zu der Gitarrenmusik, die von einem anderen Jungen gespielt wurde. Die Szene wirkte surreal. Der junge Mann im Parka hatte im Gegenlicht einen Buckel, der sich bewegte, offenbar irgendein kleines Tier. Dirk blieb fasziniert stehen.
    Die Musik klang traurig. Vielleicht ist einer von ihnen gestorben, überlegte er noch, bis ihm klar wurde, dass die Gruppe vor Friederikes Grab stand. Fast war er erleichtert. Also hatte sie doch Freunde gehabt – es gab eine Gruppe Menschen, die wirklich um sie trauerte. Sie würden sie vermissen, ihr Grab besuchen und ihr von Problemen, Wünschen und Erfolgen berichten. Sie würde nicht einsam hier liegen.
    So unbemerkt wie er gekommen war, schlich er sich wieder davon. Ein diffuses Gefühl von Einsamkeit und Schuld breitete sich in ihm aus. Trotz allem war sie doch seine kleine Schwester gewesen – er hätte einen anderen Weg

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