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Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Titel: Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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Kindsvater. Deshalb müsse dieses Inzestkind weg. Dumm für sie, dass ich ihren Vater gut kenne.«
    Sie räusperte sich und legte die Mappe auf den Schreibtisch.
    »Deshalb wusste ich auch von der Schwangerschaft seiner zweiten Frau und wie sehr er sich auf das Kind freute. Friederike Petzold wollte das Kind einfach nicht: Sie wollte keine Verantwortung übernehmen, ihre Freiheit behalten, mit dem Vater nichts mehr zu tun haben und vieles mehr. Ich habe ihr dringend zu einer Psychotherapie geraten, doch sie meinte, sie sei schon in Behandlung. Danach war unser Gespräch beendet und sie stapfte hier raus. Die Schwangerschaft wurde kurze Zeit später beendet.«
    »Wenn Sie die junge Frau beschreiben sollten, was würden Sie über sie sagen?«
    »Sie war egoman. Ich denke, in dem Wort sind alle anderen negativen Adjektive schon drin. Dass sie ein Kind erwartete, war nie Gegenstand ihrer Überlegungen – es war ein störendes ›Ding‹ und das musste weg. Fertig. Es ist nicht meine Aufgabe moralische oder ethische Fragen mit den Patientinnen zu diskutieren, aber glauben Sie mir, selbst die, die durch eine Vergewaltigung schwanger geworden sind, machen sich in den meisten Fällen Gedanken darüber, dass sie ungeborenes Leben beenden wollen. Viele fühlen sich hinterher auch sehr schuldig. Bei Friederike Petzold sah ich da allerdings keinerlei Risiko.«

39
    »Guten Tag!«, begrüßte Peter Nachtigall das seltsame Geschwisterpaar. »Es tut mir leid, dass Sie warten mussten, aber unsere Arbeit ist manchmal zeitlich unkalkulierbar.«
    »Frau Wenzel. Mathilde Wenzel, geborene Markwart«, stellte sich die extrem auffällig gekleidete Frau vor und sah Peter Nachtigall intensiv an. Ihr Bruder staunte. Hatte sie gerade noch gegiftet und gezetert, so gurrte sie jetzt lieblich wie eine Taube. Frauen! Lauter falsche Luder.
    »Und mein Name ist Manfred Markwart.«
    Peter Nachtigall lud die beiden in sein Büro ein und rückte zwei Stühle für sie zurecht.
    »Tja – mein Beileid«, begann er dann etwas unbeholfen und sah von einem zum anderen. »Wie Sie wissen, haben wir bei Ihrer Mutter eine Obduktion durchführen lassen, da eine eindeutige Todesursache beim Auffinden nicht festzustellen war.«
    »Unser Hausarzt hat uns darüber bereits informiert. Diese hysterische Schwester vom Pflegedienst hat behauptet, der Tod unserer Mutter sei überraschend gewesen. So ein dummes Geschwätz. Sie war schon seit vielen Jahren schwer krank. Sie selbst hat schon lange darüber gesprochen, dass sie bald sterben wird«, meinte Frau Wenzel.
    »Ich komme gerade aus der Pathologie«, bei diesen Worten fiel ihm der Blick Manfred Markwarts auf, der mit schlecht verborgenem Entsetzen auf die Hände des Hauptkommissars starrte, als klebe da womöglich noch Blut seiner Mutter daran. »Unser Gerichtsmediziner hat tatsächlich einige wichtige Anhaltspunkte gefunden, die auf schwere Erkrankungen schließen lassen, aber gestorben ist sie an etwas anderem.«
    Nachtigall holte tief Luft.
    »Ihre Mutter wurde ermordet. Vergiftet.«
    Das verschlug den ungleichen Geschwistern erst einmal die Sprache und gab Nachtigall ein bisschen Zeit die beiden genauer zu betrachten.
    Frau Wenzel machte den Eindruck einer wohlhabenden Frau, die viel Geld übrig hatte für einen extravaganten Lebensstil. Sie war aufwendig gestylt, legte offensichtlich großen Wert auf ihr Äußeres. Ganz anderes ihr Bruder Manfred. Sein Anzug wirkte abgetragen. Darunter sah Nachtigall den verblichenen Rand eines ehemals schwarzen T-Shirts. Die Schuhe waren zu groß. Er schlurfte beim Gehen, den Oberkörper hielt er vornübergebeugt. Körperpflege schien in seinem Leben keinen hohen Stellenwert zu besitzen. Der Mann roch stark nach Schweiß.
    »Ermordet! Wer sollte denn einen Grund haben unsere Mutter zu ermorden?«, gellte Frau Wenzels Stimme durch Nachtigalls Büro.
    »Ich habe gehofft, dass Sie mir in dieser Frage weiterhelfen können.«
    »Wie denn, wir hatten kaum Kontakt«, gab Herr Markwart tonlos zu bedenken.
    »Die Wohnung wurde nicht durchwühlt. Wer auch immer es war, der Täter oder die Täterin hat entweder gleich gewusst, was er wollte und es an sich genommen, oder es ging nur darum Ihre Mutter zum Schweigen zu bringen.«
    »Was soll das denn heißen?«
    »Hatte Ihre Mutter Dinge von Wert in ihrer Wohnung? Ein Sparbuch zum Beispiel?«
    Synchron schüttelten die Geschwister den Kopf. Doch Nachtigall war der rasche, unsichere Seitenblick Markwarts auf seine dominante Schwester nicht

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