Seelenriss: Thriller
Anflug von Erleichterung und stellte seinen Aktenkoffer neben seiner Golftasche an der Garderobe ab. »Was hältst du davon, wenn wir beide heute ins Theater gehen?«, fragte er, während er gut gelaunt auf die Küche zuging. »Das haben wir schon lange nicht mehr gemacht. Und keine Sorge, du suchst das Stück …« Seine Stimme brach ab, als er die zerbrochenen Brillengläser seiner Frau neben der Anrichte im Flur liegen sah. Abrupt verfinsterte sich seine Miene. Als er sich nach der Brille bückte, registrierte er, dass das Telefonkabel durchschnitten worden war. Großer Gott, was geht hier vor?
»Luise?«
Wieder kam keine Antwort. Seine Panik wuchs.
»Luise!«
Das Herz klopfte ihm bis zum Hals, als Vincent Wittner über den Flur eilte, um nach seiner Frau zu suchen. In der Küche war sie nicht. Mit einem Mal nahm er einen seltsam stechenden Geruch wahr. Von einer plötzlichen Beklemmung ergriffen, hastete er durch die Penthousewohnung und rief dabei immer wieder ihren Namen. Er öffnete den Mund, um erneut nach ihr zu rufen, als er an der Tür zum Wohnzimmer plötzlich wie vom Donner gerührt stehen blieb. »Luise, großer Gott!«
Während sein Verstand noch zu verarbeiten versuchte, was hier vor sich ging, spürte er, wie ihm beim Anblick seiner Frau das Blut in den Adern gefror. Gefesselt und geknebelt lag sie auf dem Wohnzimmerboden und starrte mit weit aufgerissenen Augen in seine Richtung.
»Um Himmels willen!« Ohne nachzudenken, eilte er auf sie zu. Er sah noch, wie sie ein Kopfschütteln andeutete, als versuchte sie, ihm ein Zeichen zu geben, doch da war es bereits zu spät. Wie aus dem Nichts traf ihn ein heftiger Schlag auf den Hinterkopf. Wittner brach vor den Augen seiner Frau zusammen. Er legte die Hände an den Kopf und krümmte sich vor Schmerz, da sah er verschwommen eine bullige Gestalt mit einem Golfschläger über sich. Der zweite Schlag traf ihn direkt in die Magengrube. Verzweifelt rang er nach Luft, da traf ihn der dritte mitten ins Gesicht. Blutüberströmt blieb Vincent Wittner nur wenige Meter von seiner Frau entfernt im Wohnzimmer liegen und rührte sich nicht mehr.
32
Zur gleichen Zeit in Berlin-Schöneberg …
Der Anruf von Wulf Belling erreichte Lena auf dem Weg zu Professor Wallaus Privatpraxis.
»Wie es aussieht, hat Ihr Nachbar ganze Arbeit geleistet«, hörte sie die Stimme ihres Kollegen am anderen Ende der Leitung sagen, während sie mit dem Handy am Ohr zügig die Winterfeldstraße überquerte. Belling hatte Lukas’ Nachforschungen überprüft, und wie sich herausgestellt hatte, hielt der Psychiater tatsächlich Anteile an einer Organisation für Sterbehilfe namens Veritas. »Was auch immer uns dieser Professor verschweigt – ich kann Sie nur eindringlich vor diesem Mann warnen«, drang es noch aus dem Lautsprecher, als Lena vor dem maisgelben Gebäude, in dem sich Wallaus Praxis befand, plötzlich wie angewurzelt stehen blieb. Ach du Scheiße! Sie warf den Kopf in den Nacken und ließ die Hand mit dem Mobiltelefon sinken, während sie mit leicht geöffnetem Mund zum fünften Stock hinaufsah. Der Psychiater stand mit ausgebreiteten Armen auf der Balkonbalustrade und war kurz davor, sich in die Tiefe zu stürzen.
»Peters? Sind Sie noch dran?«, drang Bellings Stimme aus dem Telefon. »Sie gehen kein Risiko ein, hören Sie? Dieser Mann ist zu allem fähig!«
»Was Sie nicht sagen …« Blitzschnell steckte Lena ihr Handy ein.
»Professor Wallau«, brüllte sie und rannte auf das Gebäude zu. »Tun Sie es nicht!«
Der Professor blickte zu ihr herunter. Auf einmal verlor er das Gleichgewicht und geriet ins Schwanken. »Warum tun Sie sich nicht selbst einen Gefallen und verschwinden wieder?«, brüllte er, nachdem er sich wieder gefangen hatte.
Das würde Ihnen so passen , dachte Lena, als sie bemerkte, wie eine Frau einen Kinderwagen aus dem Hauseingang schob. Lena nutzte die Gelegenheit, um in das Gebäude zu gelangen, und rannte durch das Eingangsportal zu den Aufzügen. Sie heftete ihren Blick auf die Stockwerksanzeige und trat ungeduldig auf der Stelle. »Zu langsam! Das geht viel zu langsam!«, fluchte sie und stürmte kurz darauf wie eine Wahnsinnige die Treppen hinauf. Lena spürte, wie ihr der Schweiß aus den Poren trat, als sie keuchend die Praxis des Psychiaters erreichte.
»Hey! Sie haben keinen Termin!«, rief Olga Romanov und eilte ihr mit klackenden Absätzen hinterher, als Lena auf Wallaus Sprechzimmer zustürmte. Sie riss die Tür auf, und ihr
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